Abgelegte E-Auto-Batterien puffern Stromspitzen

Das Osloer Bislett-Stadion hat seine Stromversorgung getunt. In seinen Katakomben arbeiten alte Akkus aus dem Nissan Leaf.

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Abgelegte E-Auto-Batterien puffern Stromspitzen

(Bild: Abmas Elektro)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Die Technik soll bei Fußballspielen und Konzerten auftretende Bedarfsspitzen abfedern. Dieses sogenannte Peak Shaving spart Geld, denn norwegische Großabnehmer werden für diese Bedarfsspitzen von den Stromanbietern mit hohen Gebühren kräftig zur Kasse gebeten.

Die Lösung stammt von der US-Strom­­management-Firma Eaton und von Nissan. Das Ziel: neue Einsatzgebiete für Elektroauto-Batterien, die etwa für starke Beschleunigungen nicht mehr genug Leistung liefern, aber „noch 80 bis 90 Prozent ­ihrer Kapazität besitzen“, sagt Jon Helsingeng, Eatons leitender Manager in Norwegen. Werden sie wie im Bislett-Stadion nur einmal täglich aufgeladen, verlieren sie pro Jahr maximal zwei Prozent der Restkapazität. Damit könnten sie noch mindestens zehn Jahre arbeiten, so Helsingeng. Nissan selbst schätzt sogar, dass es mehr als 20 Jahre sind.

Zunächst zerlegt Eaton die bis zu neun Jahre alten Batterien in ihre Einzelzellen und verschnürt anschließend die Module zu neuen Batteriepaketen. Die Neuver­packung der Batteriezellen sei vor allem eine Sicherheitsmaßnahme, sagt Hel­singeng. Denn jede Einheit habe so eine eigene Metallhülle zur Eindämmung ­eines Brandes, wie er nach einem Zellenkurzschluss auftreten kann. Das Bislett-Sta­dion kann mit seinen 30 Paketen à 4,2 Kilowattstunden (kWh) täglich bis zu 126 kWh Strom speichern.

Aufgeladen werden die neuen Batterien tagsüber von der 1100 Quadratmeter großen Photovoltaikanlage des Stadions oder vom Stromnetz zu Zeiten billiger Nachttarife. Neben dem Peak Shaving dienen die Akkus bei Stromausfällen im Stadion auch als Notreserve. Früher mussten Stadien für diese Eventualität bei Veranstaltungen Dieselgeneratoren vorhalten oder mieten.

Ursprünglich belieferte die Eaton-­Nissan-Partnerschaft Privathäuser mit ehemaligen E-Batterien unter dem Label xStorage, um grünen Strom vom Dach zu speichern; später kamen Ladengeschäfte hinzu. Das Osloer Stadion ist das erste Großprojekt, das die Partner komplett mit Gebraucht-Leaf-Akkus bestückt haben. Zwar pimpte die Johan-Cruijff-Arena in Amsterdam, Heimat des Fußballklubs Ajax Amsterdam, seine Stromversorgung bereits im Juni 2018 mit Nissans Batterien. Doch für den Stromspeicher der Großarena wurden nicht nur 63 Alt-Leaf-Akkus neu zusammengesetzt, sondern auch 85 neue. Das war vor allem dem Platzmangel in dem Stadion geschuldet. Zudem ist dadurch die Leistung deutlich höher: Zusammen ergeben sie eine Speicher­kapazität von 2,8 Megawattstunden (MWh). „Damit kann die Anlage bei Bedarf sogar überschüssigen Strom ins Netz zurückspeisen“, so Helsingeng.

Inzwischen haben weitere Stadien, wie das von Olympique Lyon in Frankreich und Stavanger in Norwegen, Interesse angemeldet. Auch Toyota, Mercedes-­Benz, Hyundai, Renault und Tesla starten Stromspeicher-Projekte mit Alt-E-Akkus. So speichert etwa Vattenfall mit 500 umgewidmeten BMW-i3-Batterien Strom aus einer Windfarm in Wales.

(bsc)