Abgelegte E-Auto-Batterien puffern Stromspitzen
Das Osloer Bislett-Stadion hat seine Stromversorgung getunt. In seinen Katakomben arbeiten alte Akkus aus dem Nissan Leaf.
(Bild: Abmas Elektro)
- Veronika Szentpetery-Kessler
Die Technik soll bei Fußballspielen und Konzerten auftretende Bedarfsspitzen abfedern. Dieses sogenannte Peak Shaving spart Geld, denn norwegische Großabnehmer werden für diese Bedarfsspitzen von den Stromanbietern mit hohen Gebühren kräftig zur Kasse gebeten.
Die Lösung stammt von der US-StromÂÂmanagement-Firma Eaton und von Nissan. Das Ziel: neue Einsatzgebiete fĂĽr Elektroauto-Batterien, die etwa fĂĽr starke Beschleunigungen nicht mehr genug Leistung liefern, aber „noch 80 bis 90 Prozent Âihrer Kapazität besitzen“, sagt Jon Helsingeng, Eatons leitender Manager in Norwegen. Werden sie wie im Bislett-Stadion nur einmal täglich aufgeladen, verlieren sie pro Jahr maximal zwei Prozent der Restkapazität. Damit könnten sie noch mindestens zehn Jahre arbeiten, so Helsingeng. Nissan selbst schätzt sogar, dass es mehr als 20 Jahre sind.
Zunächst zerlegt Eaton die bis zu neun Jahre alten Batterien in ihre Einzelzellen und verschnĂĽrt anschlieĂźend die Module zu neuen Batteriepaketen. Die NeuverÂpackung der Batteriezellen sei vor allem eine SicherheitsmaĂźnahme, sagt HelÂsingeng. Denn jede Einheit habe so eine eigene MetallhĂĽlle zur Eindämmung Âeines Brandes, wie er nach einem Zellenkurzschluss auftreten kann. Das Bislett-StaÂdion kann mit seinen 30 Paketen Ă 4,2 Kilowattstunden (kWh) täglich bis zu 126 kWh Strom speichern.
Aufgeladen werden die neuen Batterien tagsüber von der 1100 Quadratmeter großen Photovoltaikanlage des Stadions oder vom Stromnetz zu Zeiten billiger Nachttarife. Neben dem Peak Shaving dienen die Akkus bei Stromausfällen im Stadion auch als Notreserve. Früher mussten Stadien für diese Eventualität bei Veranstaltungen Dieselgeneratoren vorhalten oder mieten.
UrsprĂĽnglich belieferte die Eaton-ÂNissan-Partnerschaft Privathäuser mit ehemaligen E-Batterien unter dem Label xStorage, um grĂĽnen Strom vom Dach zu speichern; später kamen Ladengeschäfte hinzu. Das Osloer Stadion ist das erste GroĂźprojekt, das die Partner komplett mit Gebraucht-Leaf-Akkus bestĂĽckt haben. Zwar pimpte die Johan-Cruijff-Arena in Amsterdam, Heimat des FuĂźballklubs Ajax Amsterdam, seine Stromversorgung bereits im Juni 2018 mit Nissans Batterien. Doch fĂĽr den Stromspeicher der GroĂźarena wurden nicht nur 63 Alt-Leaf-Akkus neu zusammengesetzt, sondern auch 85 neue. Das war vor allem dem Platzmangel in dem Stadion geschuldet. Zudem ist dadurch die Leistung deutlich höher: Zusammen ergeben sie eine SpeicherÂkapazität von 2,8 Megawattstunden (MWh). „Damit kann die Anlage bei Bedarf sogar ĂĽberschĂĽssigen Strom ins Netz zurĂĽckspeisen“, so Helsingeng.
Inzwischen haben weitere Stadien, wie das von Olympique Lyon in Frankreich und Stavanger in Norwegen, Interesse angemeldet. Auch Toyota, Mercedes-ÂBenz, Hyundai, Renault und Tesla starten Stromspeicher-Projekte mit Alt-E-Akkus. So speichert etwa Vattenfall mit 500 umgewidmeten BMW-i3-Batterien Strom aus einer Windfarm in Wales.
(bsc)