Grüne Denkfabrik: Verbot von Verbrennern nur "Ultima Ratio"

Die Grünen wollen den Verbrennungsmotor gesetzlich abschaffen. Ein ökologischer Think Tank hält eine wirksame CO2-Bepreisung für hilfreicher.

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Grüne Denkfabrik: Verbot von Verbrennern nur "Ultima Ratio"

(Bild: monticello/Shutterstock.com)

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Mit einem umfangreichen Gutachten will die Berliner Denkfabrik "Agora Verkehrswende" die Debatte über eine klimafreundliche Mobilität versachlichen und "Instrumente zur Dekarbonisierung des Straßenverkehrs" aufzeigen. Während die Grünen immer wieder fordern, den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor gesetzlich zu verankern und von 2030 an nur noch abgasfreie Autos neu zuzulassen, halten die Forscher eine solche Maßnahme nicht für realistisch und förderlich.

Ein "Verbrennerverbot" sei "mit verschiedenen Unzulänglichkeiten behaftet und sollte daher lediglich als Ultima Ratio in Betracht gezogen werden", heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Gutachten, das das Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und das Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) im Auftrag von Agora Verkehrswende erstellt haben. Ein derart weitgehender Schritt schließe "Emissionsreduktion durch Effizienzsteigerungen bei der Verbrennertechnologie" oder den Einsatz synthetischer Kraftstoffe aus – und damit unter Umständen eine "effiziente Lösung zur Dekarbonisierung".

Zudem rechnen die Wissenschaftler mit "massiven politischen Widerständen gegen ein Verbot", da die vorherrschende Verbrennertechnik "mit den geringsten privaten Kosten" verbunden sei. Ferner sei ein solcher Ansatz nur schwer durchhaltbar, falls sich "bei den technologischen Alternativen" wenig technischer Fortschritt einstelle und die Kosten dafür so vergleichsweise hoch blieben. Die Effektivität eines Verbots von Dieseln und Benzinern bleibe ferner "auf den Bereich von Neuzulassungen beschränkt". Die lange technische Nutzbarkeit von Fahrzeugen könne es daher schwierig machen, Ziele zur Emissionsreduktion zu erreichen.

Der Chef der grünen Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, hatte voriges Jahr dagegen noch einmal den Appell bekräftigt, dass emissionsfreie Autos von 2030 an am besten mit einem Aus für den Verbrennungsmotor beflügelt werden könnten. In Berlin sieht ein Entwurf der grünen Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther vor, dass angesichts des Klimanotstands ab 2030 im Zentrum der Hauptstadt das Fahren mit Benzin- und Dieselmotoren nicht mehr erlaubt sein soll. Derweil sprach sich etwa auch das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung schon 2017 dagegen aus, Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zu untersagen.

Auf der Suche nach erfolgsversprechenden Regulierungsansätzen für klimaverträgliche Antriebssysteme und faire Marktchancen etwa für die Elektromobilität setzen die Gutachter vom UFZ und vom Ifeu vor allem auf eine wirksame CO2-Bepreisung fossiler Kraftstoffe. Auch ein solches Instrument habe zwar ökonomische Defizite, da etwa Anreize für Forschung, Entwicklung und Ausbau erneuerbarer Energien ineffizient niedrig blieben. Es setze aber "zumindest theoretisch direkt an den Treibhausgasemissionen" an, berücksichtige das Verursacherprinzip und sei breit einsetzbar.

Den Forschern geht es prinzipiell um Maßnahmen, die den mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Verbrennungsmotor zurückdrängen können. Die Wissenschaftler empfehlen, die Verbreitung von Fahrzeugen mit emissionsarmen Technologien gezielt finanziell zu fördern. Der Aufbau von Infrastruktur sollte demnach zumindest temporär subventioniert und das Dienstwagenprivileg auf emissionsarme Antriebstechnologien beschränkt werden.

"Wer in der aktuellen Debatte die reine Lehre der Technologieneutralität postuliert, nimmt de facto in Kauf, dass der notwendige Umstieg auf klimaverträgliche Antriebstechnologien verschleppt" und die Erderwärmung angetrieben werde, folgert Christian Hochfeld, Geschäftsführer von Agora Verkehrswende, aus der Untersuchung. Er hatte sich zuvor bereits für ein klares Ja zur E-Mobilität ausgesprochen. Fahrzeuge mit hohen CO2-Emissionen sollten laut Hochfeld "schon bei der Anschaffung hoch besteuert werden". Aus den Einnahmen könnten "die Prämien für Käufer von klimaverträglichen Autos finanziert werden". (vbr)