Ladungsträger

Fahrbericht: VW eCaddy

Nun steigt auf VW in den Markt der kleinen E-Transporter ein. Der eCaddy soll vor allem urbane Lieferanten überzeugen, bei der Verteilung von Paketen in der Stadt auf den Verbrennungsmotor zu verzichten. Wie fährt sich der eCaddy?

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VW eCaddy 9 Bilder
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Von
  • Stefan Grundhoff; press-inform

Der Internethandel boomt, und mit ihm die Logistikbranche. Immer mehr Waren müssen verteilt werden. Von meinem Schreibtisch im Homeoffice aus lässt sich recht gut beobachten, wie sich die Paketdienste in unserer kleinen Siedlung die Klinke reichen. Sollen die Klimavorgaben jemals eine Chance haben, muss dieser wachsende Teil des Verkehrs seinen Anteil dazu beitragen. Verteilt wird das derzeit alles zum überwiegenden von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Der erreicht seinen höchsten Wirkungsgrad leider genau in dem Bereich, in dem er nur selten betrieben wird: Unter Volllast. Hier wäre ein E-Antrieb also überdeutlich im Vorteil.

Eigenwillige Wege

Volkswagen und sein Kooperationspartner Abt, der sich um die Abwicklung kümmert, sind auf dem Markt keineswegs Vorreiter. Insbesondere Renault kann schon auf einige Jahre Erfahrung zurückblicken. VW und Abt gehen beim eCaddy, der bei AL-KO in Günzburg zusammengebaut wird, sehr eigene Wege. So werden die Caddys als TDI mit Sechsgang-DSG geliefert. Beim Umbau werden nur der Selbstzünder und der Tank entnommen, das Getriebe bleibt drin. Genutzt werden nur die Gänge eins bis vier, die der Fahrer nicht mehr manuell anwählen kann. Das klingt doch einigermaßen eigenwillig, vor allem vor dem Hintergrund, dass nur ein Geschwindigkeitsbereich bis 90 oder 120 km/h abgedeckt werden muss. Dafür braucht ein E-Auto in der Regel kein mehrstufiges Getriebe. Denn das Räderwerk kostet ja wieder etwas Wirkungsgrad. Wer daran zweifelt, möge sich nach ein paar Kilometern die Getriebeöltemperatur ansehen.

Der Wechsel von Diesel- auf Elektroantrieb dauert mit allem drum und dran rund 28 Stunden. Im Zwei-Schicht-Betrieb können bis zu 45 Fahrzeuge pro Tag umgebaut werden. Als Antrieb dient ein E-Motor mit 83 kW Spitzen- und 48 kW Dauerleistung, als Speicher eine Batterie mit 37,3 kWh Kapazität. Der Kunde hat die Wahl, ob sein eCaddy maximal 90 oder 120 km/h schaffen soll. Danach richtet sich auch die Reichweite. Mit bestenfalls 90 km/h sind im WLTP bis zu 159 km möglich, mit der Version, die maximal 120 km/h schafft, sollen im Zyklus bis zu 142 km drin sein. Einfach umstellen lässt sich zwischen den Versionen übrigens nicht, der Kunde kann aber später ein andere Software aufspielen lassen. Standardmäßig wird der eCaddy mit einer Höchstgeschwindigkeit von 90 km/h ausgeliefert.

Aufgeladen werden kann an Wechselstrom mit bis zu 7,2 kW, an Gleichstrom sind maximal 50 kW möglich. Mit 7,2 kW ist eine leere Batterie in 5,5 Stunden wieder voll. Bei der Angabe für die Ladezeit an Gleichstrom geht Abt wieder einen eigenen Weg: Von Null auf 90 Prozent sollen es 50 Minuten sein. Das lässt vermuten, dass bei den letzten zehn Prozent die Ladeleistung erheblich zurückgenommen wird.

Flott

Mit seinen 83 kW und 200 Nm tritt der eCaddy gerade im unteren Geschwindigkeitsbereich kräftig an. Erst bei für seine Verhältnisse höherem Tempo wird die Beschleunigung merklich zäher. Sei es drum, der kleine Transporter ist für die Verteilung von Waren im urbanen Bereich gedacht, für diesen Einsatzzweck sind maximales Tempo und auch eine riesige Reichweite unwichtig. Störend ist im täglichen Umgang ein spürbares Anfahrruckeln – hier ist die Konkurrenz ohne Getriebe im Vorteil. Abgesehen davon fährt sich der eCaddy wie einer mit Verbrennungsmotor. Das Fahrwerk ist an das höhere Leergewicht angepasst worden und etwas straffer abgestimmt. Im ansonsten unveränderten Innenraum fällt nur die Leistungsanzeige statt eines Drehzahlmessers auf. Mit ihr lässt sich ablesen, wie viel Prozent der maximalen Leistung gerade angefordert oder rekuperiert wird.

Lohnt das?

Angeboten wird der eCaddy in zwei Längen: 4,88 und 4,98 Metern. Die maximal mögliche Zuladung fällt mit 539 bis 651 Kg genau um jene 154 kg geringer aus, die der E-Antriebsstrang samt Batterie mehr wiegt als sein Pendant mit Dieselmotor. Im gedachten Einsatzzweck dürfte sie noch immer locker ausreichen, denn hier geht es vor allem um die Zustellung von Paketen. Die finden in immerhin bis zu 4200 Litern Ladevolumen reichlich Platz. Kaufen kann man den VW eCaddy übrigens nicht, zumindest nicht in Deutschland. Hier lässt sich der elektrisierte Transporter ab 293 Euro (netto) im Monat nur leasen. Ob sich das rentiert? Daran dürfte so mancher Fuhrparkleiter gerade knobeln. Hoffentlich mit einem für die kleinen E-Transporter positivem Ausgang, denn Sound und Abgase der aktuellen Lieferfahrzeuge würde wohl kaum einer vermissen. (mfz)