VdTÜV-Umfrage: Hohe Preise und geringe Reichweite halten vom E-Auto-Kauf ab

56 Prozent der Deutschen wollen derzeit kein Elektroauto kaufen. Sie befürchten zu viele Nachteile gegenüber Verbrennerfahrzeugen, sagt eine Umfrage des VdTÜV.

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VdTÜV-Umfrage: Hohe Preise und geringe Reichweite halten vom E-Auto-Kauf ab

(Bild: guteksk7/Shutterstock.com)

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Der überwiegende Teil der Deutschen würde sich momentan kein Elektroauto kaufen. Das geht aus einer Umfrage des Verbands der TÜV (VdTÜV) hervor. Demnach können sich 56 Prozent der Befragten der repräsentativen Umfrage des Instituts Ipsos im Auftrag des VdTÜV nicht vorstellen, innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Elektroauto zu kaufen. Nur für 36 Prozent ist der Kauf eines Elektroautos denkbar.

69 Prozent der Bundesbürger sind aber der Überzeugung, dass aufgrund der Klimabelastung durch den Verkehr ein grundsätzliches Umdenken im Bereich der Mobilität notwendig ist. Aus Sicht der Deutschen liegen die größten Probleme des Verkehrssystems in überlasteten Innenstädte (46 Prozent), der Luftverschmutzung (40 Prozent), der Umweltverschmutzung (37 Prozent), zu vielen Staus und der hohen Zahl der Unfälle mit Toten und Verletzten.

Laut der am Mittwoch veröffentlichten "Mobility-Studie 2020" nehmen 67 Prozent der Bundesbürger ein "verstärktes Aggressionslevel auf den Straßen wahr". Das wichtigste Verkehrsmittel ist in Deutschland trotzdem nach wie vor das Auto. 65 Prozent fahren an Werktagen damit. Jeder Zweite geht zu Fuß, knapp jeder Dritte nutzt den öffentlichen Nahverkehr (32 Prozent) und acht Prozent nutzen Nahverkehrszüge beziehungsweise Regionalbahnen. Immerhin 29 Prozent fahren werktäglich Fahrrad, unabhängig davon, ob sie auf dem Land oder in Großstädten leben. Motorisierte Zweiräder und E-Scooter fallen mit drei beziehungsweise 2 Prozent kaum ins Gewicht.

Auf die Frage, was die Deutschen in Sachen Mobilität ändern möchten, stehen deshalb geringere Kosten ganz oben auf der Wunschliste: 38 Prozent wollen weniger Geld für die eigene Fortbewegung ausgeben. "Mobilität ist eine soziale Frage" und müsse deshalb bezahlbar bleiben, folgert Joachim Bühler daraus, Geschäftsführer des TÜV-Verbands (VdTÜV). "Hochpreisige Elektro-Oberklassefahrzeuge werden keine Mobilitätswende bringen." Fahrpreise für Bus und Bahn sollten mit Augenmaß festgelegt werden: "Wir schauen mit großem Interesse auf Luxemburg, das den öffentlichen Personennahverkehr ab sofort kostenlos anbietet."

44 Prozent der Teilnehmer sehen einen besser ausgebauten ÖPNV als eines der wichtigsten Kriterien für die Zukunft der Mobilität an. 30 würden so ertüchtigte Busse und Bahnen auch tatsächlich selber nutzen. 34 Prozent haben das allgemeine Ziel, umweltfreundlicher unterwegs zu sein. 22 Prozent wollen mehr Wege mit dem Fahrrad zurücklegen, 17 Prozent weniger Auto fahren. Weniger fliegen steht nur für sieben Prozent zur Debatte. 17 Prozent der Befragten erklärten aber, aus Umweltgründen bereits auf mindestens einen Flug bewusst verzichtet zu haben.

36 Prozent der Autobesitzer können sich vorstellen, in den nächsten fünf Jahren ein Elektrofahrzeug zu erwerben. 46 der Deutschen Prozent glauben, dass durch die E-Mobilität die verkehrsbedingte Klimabelastung reduziert werden kann. Derzeit besitzen aber erst zwei Prozent ein E-Auto und nur drei Prozent haben konkrete Pläne, sich ein solches zuzulegen. Für 56 Prozent der Autoinhaber ist der Kauf eines Elektrofahrzeugs in nächster Zeit keine Option, acht Prozent sind unentschlossen.

Gegen ein stromgetriebenes Auto sprechen laut 49 Prozent der Bundesbürger zu hohe Kosten, 47 Prozent halten die Reichweite für zu gering. 39 monieren, dass Ladestationen nicht gut erreichbar seien und es zu wenige gebe. Angesichts dieser Resultate sieht Bühler zwar prinzipiell noch eine Chance, dass die Bundesregierung ihr aktuelles Ziel erreicht, bis 2030 hierzulande mindestens sieben Millionen Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen. Dies sei aber "noch längst kein Selbstläufer". Es sei nötig, Elektromobilität stärker zu fördern und besser aufzuklären. Die Leistungsfähigkeit der Batterie müsse ferner im Rahmen der Hauptuntersuchung überprüft werden können, wofür der Gesetzgeber den Weg ebnen sollte.

Die Skepsis gegenüber autonomen Fahren ist groß. 37 Prozent der Befragten glauben nicht, dass es in zehn Jahren komplett automatisierte Fahrzeuge in Deutschland gibt. Bislang würden sich auch erst 7 Prozent uneingeschränkt auf Fahrzeuge mit Künstlicher Intelligenz (KI) verlassen. Immerhin jeder Dritte wäre dazu bereit, beim Fahren die Kontrolle an ein technisches System abzugeben, will aber stets eingreifen können. 26 Prozent akzeptieren KI-Systeme in rein unterstützender Form, genauso viel sind generell nicht dazu bereit, die Kontrolle abzugeben. Andererseits gehen 59 Prozent davon aus, dass bei einem breiten Einsatz hochautomatisierter Fahrzeuge die Unfallzahlen sinken.

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(Bild: heise Autos)

Beim Reizthema Tempolimit gehen die Meinungen auseinander. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf Autobahnen befürworten 44 Prozent der Teilnehmer. Maximal 80 km/h auf Landstraßen fordern 30 Prozent. Jeder Vierte spricht sich für ein Tempolimit von 30 km/h in der Stadt aus. Ins Auge sticht, dass die Zustimmung bei Frauen für Geschwindigkeitsbegrenzungen um jeweils rund zehn Prozent höher liegt als bei Männern.

Der VdTÜV appelliert in der Studie an die Bundesregierung, ihr noch bis 2020 laufendes Verkehrssicherheitsprogramm zügig zu aktualisieren. Digitale Technologien in Fahrzeugen und der Ausbau mobiler 5G- und WLAN-Breitbandinfrastruktur entlang der Verkehrsnetze sollten dabei eine zentrale Rolle spielen. Bereits bei der Typgenehmigung müssten Fahrzeug-Software und KI-Systeme durch ein standardisiertes Verfahren so eindeutig gekennzeichnet werden, dass Änderungen bei der Hauptuntersuchung zweifelsfrei erkennbar seien. Nur so könne man einfach zwischen legalen Updates und rechtswidrigen Manipulationen unterscheiden.

Übersicht Elektroautos 2019 (33 Bilder)

Renault Twizy

Das derzeit billigste E-Auto auf dem deutschen Markt ist der Renault Twizy. Im Basispreis von unter 7000 Euro sind allerdings die Batterien nicht enthalten.

Die repräsentative Umfrage wurde vom Ipsos Institut für den VdTÜV im Zeitraum vom 17. bis 20. Dezember 2019 online in Deutschland durchgeführt. Befragt wurden 1000 Männer und Frauen im Alter zwischen 16 und 75 Jahren.

[Update v. 04.03.2020, 10:46 Uhr]: Vorheriger Artikel um weitere Studien-Details stark erweitert. (olb)