Coronavirus: Was tun die USA, um italienische Zustände zu vermeiden?

Während die Regierung endlich Geld in die Testentwicklung steckt, bittet die CDC Forscher und Firmen darum, ihre Prognose-Werkzeuge für Covid-19 anzupassen.

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Was tun die USA, um italienische Zustände zu vermeiden?

Vorhersagemodell – hier an der Carnegie Mellon University.

(Bild: CMU)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Antonio Regalado
  • James Temple
  • Karen Hao
Inhaltsverzeichnis

Angesichts der schlimmen Zustände in Italiens Krankenhäusern fragen sich die USA, wie es bei ihnen kommen wird. Worst-Case-Szenarien der Zentren für die Kontrolle und Prävention von Krankheiten (CDC) in den USA besagen, dass es 1,7 Millionen Todesfälle geben könnte, hauptsächlich bei älteren Menschen. Die Gesamt-Sterblichkeitsrate (Letalität) von Covid-19 liegt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei etwa 3,5 Prozent. Allerdings lässt sich die tatsächliche Zahl wegen vieler symptomfreier Fälle nicht genau berechnen.

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Die Letalität ergibt sich, wenn man die Zahl der verstorbenen Patienten durch Anzahl der Gesamterkrankungen teilt. Wer aber symptomfrei ist, wird nicht mitgezählt. In Italien könnte die Gesamt-Sterblichkeitsrate bei mehr als sechs Prozent liegen. Dies liegt zum Teil daran, dass Italien eine insgesamt ältere Bevölkerung hat. Da fällt es weit mehr ins Gewicht, dass die Covid-19-Infektion bei einer Person über 80 Jahren etwa 1.000-mal so tödlich ist wie bei einer Person unter 20 Jahren.

Bisher wissen Ärzte, dass sich die Krankheit am effizientesten unter Familienmitgliedern und anderen engen Kontakten infizierter Menschen ausbreitet. Eng bedeutet, dass man sich nah genug bei einer infizierten Person befindet, so dass ihre ausgehusteten virusbeladene Tröpfchen in den eigenen Mund, Nase oder Augen gelangen sowie auf Oberflächen landen können, die man dann berührt.

Wie schnell sich die Virusinfektion ausbreitet, hängt zum einen von den intrinsischen Eigenschaften des Keims ab, zum anderen aber auch davon, welche Möglichkeiten ihm Gesellschaften für die Ausbreitung geben. Jeder Virusstamm hat eine sogenannte Basisreproduktionszahl (R0), das ein Maß dafür ist, wie viele andere Personen ein Betroffener infiziert.

(Bild: US-Ausgabe von MIT Technology Review / Datawrapper)

WHO-Schätzungen zufolge liegt der R0-Wert für das Coronavirus zwischen 2,0 und 2,5. Aber das ist nur eine bestmögliche Schätzung. Die Grippe hat im Vergleich einen durchschnittlichen R0-Wert von 1,3. Die ansteckendsten Krankheiten wie Masern haben einen R0 von mehr als zehn. Dennoch sind kleine Unterschiede beim R0-Wert wichtig. Die obige Tabelle zeigt, wie schnell sich das Virus theoretisch von einer anfänglichen Gruppe von fünf infizierten Personen ausbreiten kann – obwohl sich die Ausbreitung in Wirklichkeit nach einer bestimmten Anzahl von Zyklen verlangsamen würde.

Der R0-Wert ist allerdings nicht in Stein gemeißelt, sondern beeinflussbar. Die tatsächliche Ausbreitungsrate lässt sich verändern, wenn zum Beispiel kranke Menschen und ihre Kontakte isoliert werden. Im Fall des SARS-Ausbruchs in 2003 wurde der Keim letztendlich vollständig durch solche öffentliche Gesundheitsmaßnahmen unter Kontrolle gebracht.

Daher ist die Reproduktionszahl ein nützliches Instrument, um die effektivsten Methoden für eine verlangsamte Ausbreitung des Virus zu verstehen. Mit ihrer Hilfe lässt sich beispielsweise berechnen, wie umfangreich und extrem soziale Distanzierung sein muss. Kann die Reproduktionsrate um mehr als die Hälfte auf weniger als 1 gesenkt werden, hat man die Ausbreitung erfolgreich gestoppt.

Doch soweit ist man in den USA noch lange nicht. Vielmehr geht es nun zunächst darum, endlich verlässliche Tests für das Virus zu entwickeln. Da das CDC immer noch Schwierigkeiten damit hat, die zentralisierten Bemühungen zur Diagnose und Verfolgung der Erkrankungen hochzufahren, versuchen inzwischen immer mehr akademische und Privatlabore, den sich rasch ausbreitenden Keim ebenfalls nachzuweisen.