Ionity und EnBW: Ladesäulenstreit eskaliert

Der Streit über Roamingverträge, die regeln, wer an welcher Ladestation wie viel bezahlen muss, ist nun offen ausgebrochen.

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Ionity und EnBW: Ladesäulenstreit eskaliert

Audi e-tron (Test) an einer Ladesäule von Ionity

(Bild: Ionity)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christoph M. Schwarzer
Inhaltsverzeichnis

Elektroautofahrer, die Kunden von EnBW mobility+ sind, können ab 2. April 2020 nicht mehr an den Gleichstrom-Schnellladesäulen von Ionity laden. Hintergrund ist ein sich zuspitzender Streit über Roaminggebühren oder, wie es die EnBW formuliert, die "aktuelle Preispolitik des Ladeinfrastrukturanbieters" Ionity. Alle anderen der mehr als 30.000 Ladepunkte von EnBW mobility+ in Deutschland, Österreich und der Schweiz können wie bisher genutzt werden.

Der Energieversorger EnBW engagiert sich seit geraumer Zeit für den Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur. Hierzu wurden zuerst in Baden-Württemberg und später in ganz Deutschland Gleichstrom-Schnellladesäulen an wichtigen Verkehrsknotenpunkten errichtet. Sämtliche Betreiber von Hardware zum Laden von Elektroautos werden hierfür vom Bund gefördert. Im Regelfall wird die Hälfte der Produktkosten erstattet. Bei Trafostationen, die für sogenannte Ladeparks notwendig sind, sobald sie direkt ans Mittelspannungsnetz angeschlossen sind, sind bis zu 75 Prozent förderfähig. Dennoch gilt der Betrieb von DC-Ladeinfrastruktur mittelfristig als Verlustgeschäft.

Ionity ist ursprünglich ein Joint Venture der deutschen Autokonzerne BMW Group, Daimler AG und Volkswagen AG sowie der Ford Motor Company. Inzwischen hat Ionity etliche assoziierte Partner wie zum Beispiel die Hyundai Motors Group. Das Ziel ist, ein europaweites Netzwerk von Schnell-Ladestationen an Autobahnen zu schaffen, das mit Teslas Superchargern konkurrieren kann.

Die deutschen Hersteller bieten ihren Kunden hier deutlich verbilligte Tarife an. So zahlen die Fahrer eines Porsche Taycan lediglich 33 Cent pro Kilowattstunde. Ionity verlangt von Elektroautofahrer, die Fremdanbieter nutzen, bis zu 79 Cent pro Kilowattstunde. Welche Verträge es im Rahmen des Roamings zwischen Ionity und anderen Anbietern gibt, ist nicht bekannt. Hier dürfte der Kern des Streits liegen.

Das Roaming und dessen Gebühren führen derzeit zu massiven Konflikten zwischen den verschiedenen Anbietern von Ladetarifen. So garantiert EnBW mobility+ einen Preis von 39 Cent pro kWh für Abokunden und von 49 Cent pro kWh für Gelegenheitslader ohne monatliche Grundgebühr. Besonders bekannt in der Szene der Elektroautofahrer ist der Anbieter Maingau Energie, wo für die erste Stunde beim schnellen Gleichstromladen lediglich 35 Cent pro kWh bezahlt werden müssen.

Um den Endkunden diese Tarife zu garantieren, müssen hinter den Kulissen Roamingverträge geschlossen werden. Diese werden frei verhandelt. Der Konflikt zwischen EnBW und Ionity wird vom Baden-Württembergischen Großversorger kritisch bewertet: "Wir sehen, dass die dort umgesetzte Maßnahme [Anm. d. Red.: gemeint ist die Preiserhöhung auf 79 Cent pro kWh] bei Kund*innen und in der Branche für erheblichen Unmut gesorgt hat. Elektromobilitätskritiker genauso wie Klimawandelleugner können die Preismaßnahme zudem dankend als Beleg einer vermeintlich nicht funktionierenden, batterieelektrischen Mobilität aufnehmen."

In der Ungleichbehandlung von eigenen Ionity-Kunden – also denen der Hersteller-eigenen Tarife von zum Beispiel Audi, Mercedes oder Porsche – und denen von anderen Anbietern sehen viele Elektroautofahrer den Versuch, deutsche Marken einseitig zu bevorzugen und andere wie etwa Tesla zu sanktionieren. Was sich zurzeit zwischen EnBW und Ionity abspielt, ist jedoch nur ein kleiner Teil der Konflikte, die unbemerkt vom Endkunden zwischen den vielen unterschiedlichen Anbietern ausgetragen werden.

(mfz)