Recht auf Reparatur: Apple verklagt kleine Smartphone-Werkstatt in Norwegen

Der Norweger Henrik Huseby streitet für ein "Recht auf Reparatur" mit Apple. Der Konzern wirft ihm vor, gefälschte iPhone-Bildschirme importiert zu haben.

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Rechtstreit: Apple verklagt kleine Smartphone-Werkstatt in Norwegen

Henrik Huseby repariert für seine Kunden Smartphones mit überholten Bauteilen aus China – sehr zum Ärger von Apple.

(Bild: Privat)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Henrik Huseby repariert seit Jahren iPhones und andere Apple-Produkte in seinem Geschäft in Ski rund 20 Kilometer südlich von Oslo. 2018 hat Apple ihn ver­klagt, weil er angeblich gefälschte iPhone-Bildschirme importiert hat. Warum Huseby den Kampf gegen Apple aufnimmt, erzählt er im Interview in der neuen April-Ausgabe von Technology Review (jetzt im Handel).

TR 4/2020

TR: Was ist genau passiert?

Henrik Huseby: Wenn ich keine Original-Ersatzteile von einem Hersteller bekomme, bestelle ich generalüberholte Bildschirme aus China. Allerdings wurde eine Sendung vom norwegischen Zoll beschlagnahmt. Ich vermute, sie wurden von Apple geschult, solche Importe zu melden. Apple forderte mich danach auf, seine Produkte nie wieder zu importieren und zu reparieren.

Was würde das für Ihre Kunden bedeuten?

In meiner Stadt Ski gibt es kein Apple Service Center für autorisierte Reparaturen. Die Leute müssten also nach Oslo reinfahren oder das kaputte Gerät an Apple schicken. Allerdings lohnt es sich für die Zentren oft nicht, Geräte mit abgelaufenen Garantien zu reparieren. Für viele Kunden ist das auch zu zeitaufwendig, sie brauchen ihr Gerät schnellstens wieder. Wer also keine anderen Optionen wie nicht autorisierte Reparaturwerkstätten hat, muss ein neues Gerät kaufen. Damit wird der Hersteller zum Monopolisten, der entscheidet, was repariert wird und zu welchem Preis. Ganz zu schweigen davon, dass so immer mehr Elektronikschrott entsteht.

Apple beschuldigte Sie, sein Markenrecht verletzt zu haben, und drohte eine hohe Geldstrafe an.

Ja, ich sollte für jeden nicht autorisierten Import ungefähr 2.500 Euro zahlen. Das habe ich nicht unterschrieben, deshalb hat Apple mich verklagt. Ich bin jedoch überzeugt, dass die importierten Ersatzteile nicht gegen das norwegische Markengesetz verstoßen, da sie ohne Firmenlogo eingeführt werden. Ich versuche ja gar nicht, den Zoll oder den Kunden zu täuschen, indem ich sage, dass es sich um Originalteile von Apple handelt. Ich sage offen, dass es iPhone-kompatible Bildschirme sind.

Aber bedeutet "überholt" nicht, dass die Teile doch von Apple stammen?

Sie stammen nur teilweise aus defekten iPhone-Bildschirmteilen. Oft lassen sich der Bildschirm, die Kabel oder die Touch-Einheit wiederverwenden und mit Ersatzteilen von Drittanbietern neu zusammensetzen. Abschließend schwärzt der chinesische Händler alle Apple-Logos, etwa auf den winzigen Verbindungskabeln zwischen Bildschirm und der Hauptplatine, vor dem Versand. Die Marke Apple wird also nicht benutzt.

Sie haben die erste Instanz gewonnen, aber Apple die Berufung. Nun beschäftigt sich das Oberste Gericht Norwegens damit – weil eine entscheidende Frage bisher nicht berücksichtigt wurde. Welche?

Der Mittlere Gerichtshof hat die Frage nicht beantwortet, ob die Ersatzteile gegen Abschnitt 4 des Markengesetzes verstoßen. Das will nun der Oberste Gerichtshof tun.

Warum haben Sie diesen Kampf gegen einen Großkonzern angenommen?

Weil ich nichts falsch gemacht habe. Das ist meine Arbeit, mein Lebens­unterhalt, und ich möchte weder Geld verlieren, noch möchte ich Angst haben müssen, meine Warensendungen zu verlieren. Sie können Ihr Auto in jeder örtlichen Werkstatt reparieren lassen. Die benötigt lediglich eine Reparatur­lizenz für Autos – und zwar von den Behörden, nicht vom Hersteller. Ich wünsche mir, dass dieselben Regeln auch für elektronische Geräte wie Smart­phones, Tablets und Laptops gelten. Das würde den Hersteller dazu zwingen, lizenzierten Läden Reparaturen zu erleichtern und ihnen technische Unterlagen sowie Ersatzteile bereitzustellen. Hersteller dürfen nicht die Macht haben zu entscheiden, wer persönliche Gegenstände reparieren darf. Also habe ich beschlossen, für das Recht auf Reparatur vor Gericht zu gehen

(jle)