T-Touch Connect Solar: Erste Smartwatch von Tissot

Der zur Swatch Group gehörende Schweizer Traditionshersteller wagt sich mit seiner ersten Hybrid-Smartwatch vorsichtig auf neues Terrain.

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T-Touch Connect Solar: Erste Smartwatch von Tissot

(Bild: Tissot)

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Der Schweizer Uhrenhersteller Tissot hat mit der "T-Touch Connect Solar" seine erste Hybrid-Smartwatch angekündigt. Das zur Swatch Group gehörende Unternehmen wollte die Uhr eigentlich im April auf der Baselworld vorstellen, doch wurde auch die Fachmesse der Uhren- und Schmuckindustrie wegen des in Europa grassierenden Coronavirus abgesagt. Swatch-Chef Nick Hayek hat die Uhr überraschend bei der Bilanzpressekonferenz des Konzerns am vergangenen Donnerstag angekündigt – aber noch nicht alle Details verraten.

Die T-Touch Connect Solar setzt die bereits etablierte Modellreihe der "T-Touch"-Multifunktionsuhren fort und erweitert das Portfolio um eine Hybrid-Smartwatch – und zwar eine mit einem eigenen System. Seit 2017 entwickelt das Centre Suisse d'Electronique et de Microtechnique (CSEM) zusammen mit der Swatch Group ein eigenständiges, ressourcenschonendes Betriebssystem: Das Swiss Autonomous Low Power System oder kurz SwALPS. Das System ist für Kleingeräte wie Smartwatches gedacht und soll besonders wenig Energie sowie kaum Updates benötigen.

SwALPS ist kompatibel zu Android-Smartphones, iPhones und auch Huaweis neuem HarmonyOS. "Wir hätten das Gleiche wie andere tun können: die Android-Wear-Software kaufen", erklärte Hayek gegenüber der Schweizer Tageszeitung Le Temps. Lieber wolle er aber "von den globalen Software-Riesen unabhängig" bleiben. Rund 35 Millionen Franken (33 Millionen Euro) will Hayek in die Entwicklung des Systems investiert haben, zahlreiche Patente wurden für das Betriebssystem angemeldet.

Die Tissot T-Touch Connect Solar ist ein Hybrid: Eine klassische Uhr mit Zeigern und Quarzwerk (vermutlich wie bei den Vorgängern vom ebenfalls zur Swatch Group gehörenden Hersteller ETA), deren Batterie durch die Solarzellen im Zifferblatt aufgeladen wird, und ein Display für Benachrichtigungen und andere Funktionen. Das Display erstreckt sich über das untere Drittel des Zifferblatts und fällt damit trotz des stattlichen Durchmessers der Uhr recht klein aus. Apropos stattlich: Mit 47 Millimeter ist die Smartwatch eher was für kräftige Handgelenke.

Die Solarzellen im oberen Teil des Zifferblatts laden die eingebaute Batterie auf. Hayek beziffert die Lebensdauer der Batterie im Smartwatch-Betrieb auf rund ein halbes Jahr. Weil Tissot noch keine Details nennt, ist offen, ob man die Batterie dann alle sechs Monate tauschen muss oder ob es noch eine andere Lademöglichkeit gibt. Die Smart-Funktionen lassen sich auch deaktivieren – im reinen Uhrenbetrieb spricht der Hersteller von rund zehn Jahren Betriebszeit mit einer Batterie.

Besonders smart scheint die neue Tissot ohnehin nicht zu sein. Die meisten der Zusatzfunktionen – Barometer, Höhenmesser, Kompass und weitere – kennt man schon von den Vorgängermodellen, die auch ein kleines LCD-Zahlendisplay im unteren Zifferblatt haben. Die T-Touch Connect Solar zählt zwar auch Schritte, doch fehlen offenbar darüber hinausgehende Gesundheitsfunktionen und die entsprechenden Sensoren, die man von gängigen Smartwatches oder Sportuhren kennt. Doch noch hat Tissot seine Karten noch nicht auf den Tisch gelegt und verspricht zudem, im Laufe des Jahres weitere Features hinzuzufügen.

Auch einen NFC-Chip oder eine eSIM bietet die Tissot-Smartwatch trotz des stattlichen Gehäuses nicht. "Unsere Priorität war der ultraniedrige Verbrauch der Uhr", begründet Swatch-Manager Sylvain Dolla gegenüber Le Temps den Verzicht. "Mit einer eSim wäre das nicht denkbar." Der Hersteller betont, dass die T-Touch Connect Solar in erster Linie eine Schweizer Uhr ist und kein Wearable.

In der Kategorie "Schweizer Uhr" spielt die Tissot-Smartwatch auch beim Preis. Rund 1000 Franken (950 Euro) ruft der Hersteller für das Basismodell der T-Touch Connect Solar auf. Dafür gibt es eine gehobene Ausstattung: Gehäuse und Band aus Titan, Keramiklünette, Saphirglas und ein Quarzwerk (vermutlich von ETA). Die Uhr soll voraussichtlich im Sommer zunächst in der Schweiz auf den Markt kommen. Allerdings kann sich das angesichts der Coronavirus-Pandemie, von der auch die Schweizer Uhrenbranche mit Produktionsstopps betroffen ist, noch verschieben.

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Die traditionelle Uhrenbranche tut sich schwer mit Smartwatches. Dabei hatte Jean-Claude Biver, der Chef von TAG Heuer, seine Kollegen bereits vor fünf Jahren vor der Konkurrenz aus dem Silicon Valley gewarnt. Der Schweizer Traditionshersteller ist seither einer der wenigen seiner Zunft, die eine echte Smartwatch im Programm haben: die in verschiedenen Versionen erhältliche TAG Heuer Connected, von der jetzt auch ein neues Modell angekündigt wurde.

Die Luxusuhren-Marken sehen ihr Kerngeschäft nicht durch Apple oder Samsung gefährdet. Im Gegenteil: Swatch-Chef Hayek, zu dessen Konzern zahlreiche traditionelle Luxusuhrenhersteller gehören (u.a. Omega und Longines), freut sich, dass dank Apple wieder mehr Menschen Uhren tragen. Die Branche setzt auf ihre kaufkräftige Klientel – wer eine Rolex oder Omega trägt, kann sich in der Regel auch eine Apple-Watch dazu leisten. Doch abgesehen vom Luxus-Segment konkurrieren die Smartwatches mit den großen Massenmarken, die auch zum Brot- und Butter-Geschäft der Swatch Group gehören.

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Neun Smartwatches mit watchOS, Wear OS, Tizen und LiteOS

2019 war das Jahr, in dem Apple erstmals mehr Uhren verkauft hat als die gesamte Schweizer Uhrenindustrie. Analysten schätzen, das im vergangenen Jahr zwischen 26 Millionen und 30 Millionen Apple Watches verkauft wurden (Apple gibt selbst keine Zahlen mehr heraus). Laut dem Verband der Schweizer Uhrenindustrie (FH) gingen im gleichen Zeitraum 20,6 Millionen Schweizer Uhren über die Ladentheken – ein Minus von 13 Prozent im Vergleich zu 2018. Der Schwund betrifft dabei vor allem die Preisklassen unter 1000 Euro, in der sich die meisten Smartwatches und Wearables bewegen.

In diesem Massenmarkt tut sich bei Smartwatches und Hybriduhren bisher vor allem die amerikanische Fossil-Gruppe mit ihren Marken Fossil, Diesel und Skagen hervor. Die Swatch Group hat einigen Ankündigungen nun endlich Taten folgen lassen und zuletzt eine Uhr mit NFC-Chip und eigener Bezahlplattform "Swatch Pay" herausgebracht. Die Tissot T-Touch Connect Solar ist nun die erste Smartwatch aus dem Konzern, der weitere folgen sollen.

(vbr)