50 Jahre Opel Manta: Der schnellste Rochen

Der Manta wird 50. 1970 stellte Opel ein Coupé vor, das dem erfolgreichen Capri von Ford Konkurrenz machen sollte: Ein Schnellschuss, der ins Schwarze traf.

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Opel Manta GT/E

(Bild: Opel)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Ende der 1960er-Jahre hatte der Volkssport Konjunktur. Lee Iacocca und Ford hatten das Prinzip in den USA mit dem Mustang erfunden: Man nehme Großserientechnik, verpacke sie hübsch und bringe sie zu Preisen auf den Markt, die ebenso attraktiv sind wie die Karosserien. Ford Capri und Fiat 850 Coupé übersetzten das mit großem Erfolg für den europäischen Markt. Insbesondere der Hauptkonkurrent Ford schreckte die Opel-Entwickler in Rüsselsheim aus der bereits weit gediehenen Entwicklung des Kadett C.

Nicht nur, dass der Capri im ersten Produktionsjahr bereits 210.000 mal vom Band lief. Mit Taunus und Escort stellte Ford zudem zwei völlig unterschiedliche Fahrzeuge vor, die beide dem Kadett B Konkurrenz machten. Die Vorgänger 12M und 15M hatten sich ebenso nur in Details unterschieden wie der Kadett B und seine Luxusversion Olympia. Auf einen Schlag hatte Ford mit Taunus und Capri zwei Erfolgsmodelle im Sortiment, für die es bei Opel keine Konkurrenz gab. Der Escort war zudem moderner als der Kadett B.

Opel war gezwungen, rasch zu improvisieren, um die Lücke zwischen Kadett B und Rekord zu füllen. Also wurde der fast fertige Kadett C einfach in „Ascona“ umbenannt und beschlossen, ihn als höher positionierten Taunus-Gegner neben dem Kadett B, der nur noch eine Überarbeitung erhalten sollte, zu vermarkten. Obwohl lediglich 19 mm länger und damit kaum größer als der Kadett, gingen die Opel-Chefstrategen davon aus, dass das neue Design den Ascona genügend abgrenzen würde.

Wichtiger erschien es für Opel, einen Konkurrenten für den Capri zu finden, der Ford nicht nur viel Geld, sondern auch einen großen Imagegewinn brachte. Auf einmal hatte Ford den leistbaren Sportwagen für junge Leute und Familienväter, der den vergleichsweise wenig alltagstauglichen Opel GT in den Schatten stellte. Schnell war das schon sehr weit entwickelte Kadett-C-Coupé als zu bieder verworfen worden, um mit dem Capri konkurrieren zu können.

So wurde in Windeseile ein sportliches Coupé mit Doppelscheinwerfern, langer Front mit vorn angeschlagener Motorhaube und den „ferrarihaften“ Rückleuchten des Opel GT entworfen, das sich als genialer Schnellschuss und formaler Glücksgriff erwies. Inspiriert von den Filmen des Meeresbiologen Jacques Cousteau, die damals den Rochen mit seinen eleganten, schnellen Bewegungen zeigten und der 1962 vorgestellten Corvette Stingray (Stachelrochen) taufte Opel das neue Sportcoupé „Manta“.

Opel Manta A (20 Bilder)

Der Opel Manta wurde im September 1970 am Timmendorfer Strand vorgestellt. Es gab ihn anfangs mit zwei 1,6-Liter-Motoren aus dem Kadett B (68 und 80 PS) und als 1900 S mit 90 PS mit einem Rekord-Motor.
(Bild: alle Opel )

Der Manta wurde im September 1970 am Timmendorfer Strand präsentiert, zwei Jahre früher noch als der Ascona, von dem er abgeleitet war. Er wurde als Sportwagen für junge Leute vermarktet, obwohl das Fahrwerk mit Starrachse hinten aus dem Kadett B stammte und wie die traditionellen Brot-und-Butter-Motoren mit der Nockenwelle im Zylinderkopf (CIH) keine besonders sportlichen Qualitäten aufwies.

Der Einstiegs-Manta 1,2 S brauchte 18 Sekunden auf 100 km/h und lief nur 145 km/h langsam. Sogar beim schnellsten Serien-Manta vergingen für den Standardsprint knappe 12 Sekunden, womit man allerdings Ende der 1960er-Jahre schon wirklich schnell war. Eine im Vergleich zum Äußeren eher verhaltene Dynamik hatte zudem bereits beim GT nicht geschadet, wo die Kluft zwischen Rekord-Fahrleistungen und Corvette-Karosserie eigentlich noch mehr hätte kritisiert werden können.

Nichtsdestotrotz wünschten sich viele Manta-Fahrer schon in den frühen Siebzigern mehr Leistung und brachten einer neuen Tuning-Szene lukrative Aufträge. Der Manta machte so eine Spreizung zwischen einem 1,2-Liter und 60 PS bis zu einem GT/E mit 105 Serien-PS oder noch deutlich mehr Tuning-PS möglich. Serienmäßig war ein Viergang-Getriebe mit kurzem Knüppel auf dem Mitteltunnel, die Opel „Sportschaltung“ nannte. Für 1600 S, 1900 S und GT/E konnte auf Wunsch eine Dreigangautomatik bestellt werden. Das taten aber nicht besonders viele Kunden.

Anders als der Capri musste der Manta zeitlebens auf einen Sechszylinder ab Werk verzichten. Seinem Erfolg tat das keinen Abbruch. Bis er im August 1975 vom Manta B abgelöst wurde, waren knapp 500.000 Manta A vom Band gelaufen und hatten Opels Sportcoupé schon zu einer Herzensangelegenheit für eine verschworene Fangemeinschaft gemacht. Der größere Manta B und seine Limousinenversion Ascona B waren komplette Neukonstruktionen. Das zeigte sich schon an der Produktion in Belgien. Der Manta A war wie der technisch weitgehend identische Kadett aus Bochum gekommen.

Beide Manta-Generationen waren erfolgreich. Der Manta B braucht aber fast zehn Jahre länger für nahezu identische Verkaufszahlen von etwa 500.000 Stück. Das nicht immer schmeichelhafte Klischee des Manta-Fahrers beförderte aber erst der Manta B. Die Urform ist in meinen Augen das viel schönere und begehrenswertere Auto, das den Spagat zwischen Volkssportler und elegantem Reisewagen schafft. Aber ich bin da nicht objektiv. Denn eine Freundin meiner Mutter hatte einen grünen Manta A 1.9 S mit 90 PS in Grün metallic mit Vinyldach. Mit dem sind die beiden Frauen und ich als Fünfjähriger zum Erdbeerpflücken gefahren. Ich habe das Auto niemals vergessen. Es war das coolste, in dem ich bis dahin mitfahren durfte.

(chlo)