EARN IT Act: Signal-Entwickler warnt vor US-Gesetz gegen Kindesmisshandlung

US-Senatoren wollen IT-Dienste verpflichten, mehr gegen Darstellungen von Kindesmisshandlungen zu unternehmen. Die Signal-Macher sind alarmiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 86 Kommentare lesen
EARN IT Act: Signal-Entwickler warnt vor US-Gesetz gegen Kindesmisshandlung

(Bild: Shutterstock/AlexandraPopova)

Lesezeit: 3 Min.

Die Entwickler des Messengers Signal warnen eindringlich vor einer Gesetzesinitiative in den USA, die es kleinen Häusern wie dem ihren unmöglich machen würde, ihre Software weiterhin in den Vereinigten Staaten anzubieten. Die implizite Drohung an Organisationen, die starke Verschlüsselung implementieren, sei verstörend und irritierend, schreibt Joshua Lund unter Bezugnahme auf den sogenannten "EARN IT Act". Schon vorher hatten Beobachter gewarnt, das Gesetz stelle die größte Gefahr für starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung seit Jahren dar. Wer entgegne, dass die Gesetzespläne gar nicht auf Verschlüsselung zielten, sei unehrlich, meint Lund.

Mit dem Gesetz soll Sektion 230 des Communications Decency Acts angepasst werden. Die schützt Internetplattformen mit einigen Ausnahmen davor, für Inhalte verklagt zu werden, die deren Nutzer veröffentlicht haben. Das gilt als eine rechtliche Basis für den enormen Erfolg US-amerikanischer Internetangebote. In Zukunft sollen sich IT-Unternehmen diesen rechtlichen Schutz vor Klagen für Nutzerinhalte mit Darstellungen von Kindesmisshandlungen verdienen ("to earn") müssen. Wer nicht genug unternimmt, um die Verbreitung solcher Inhalte zu unterbinden, könnte dann mit mutmaßlich immensen Konsequenzen verklagt werden. Was genau aber nötig ist, um "genug zu unternehmen", soll eine noch einzurichtende Kommission festlegen.

Welche Empfehlungen diese Kommission letztlich formulieren würde, ist noch offen, aber Bürgerrechtler haben eine Vermutung. Weil eine Mehrheit der Kommissionsmitglieder von Sicherheitsbehörden gestellt werden soll, würde starke Verschlüsselung in den Fokus geraten, meinen sie. Beispielsweise könnten Hintertüren vorgeschrieben werden. Dann müssten sich IT-Unternehmen entscheiden, ob sie ihre Nutzer weiterhin durch starke Ende-zu-Ende-Verschlüsselung schützen wollen, wenn das gleichzeitig bedeutet, dass sie nicht vor Klagen geschützt wären, sollten ihre Dienste für die Verbreitung von Inhalten mit Darstellungen von Kindesmisshandlungen genutzt werden.

Bei Signal teilt man diese Furcht und Lund ermutigt US-Bürger nun, sich an ihre gewählten Vertreter zu wenden und die Ablehnung des EARN IT Act auszudrücken. Die weitverbreitete Nutzung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei niemals so wichtig für die nationale Sicherheit und die Privatsphäre aller Menschen der Welt gewesen, ergänzt er, nachdem er darauf hingewiesen hatte, dass die Nutzerzahlen von Signal in der Corona-Krise geradezu explodierten. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sei fundamental für die Privatheit von Konversationen in aller Welt und Signal werde nicht nur vom US-Militär eingesetzt, sondern auch von US-Senatoren und Politikern der EU-Kommission. (mho)