Informationsfreiheit: Anfragen an Bundesbehörden um 422 Prozent gestiegen

Bürger stellten 2019 insgesamt 56.894 Ersuchen auf Akteneinsicht, bei 45.245 davon handelte es sich aber um eine "Massenanfrage" nach einem Glyphosat-Gutachten.

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Informationsfreiheit: Anfragen an Bundesbehörden um 422 Prozent gestiegen

(Bild: Maksim Kabakou/Shutterstock.com)

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Die Zahl der Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes bei den Ressorts der Bundesregierung sowie den nachgeordneten Behörden ist 2019 auf einen Rekordwert nach oben geschnellt. Bürger stellten im vorigen Jahr insgesamt 56.894 Ersuchen auf Akteneinsicht, während es 2018 nur 13.491 waren. Das ist ein Anstieg um rund 422 Prozent.

45.245 im Bereich des Bundeslandwirtschaftsministeriums zu verzeichnende Eingaben bucht das Bundesinnenministerium in seiner jetzt veröffentlichten aktuellen Jahresstatistik zu IFG-Anträgen aber als "Massenanfrage" nach einem umstrittenen Glyphosat-Gutachten beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ab. Dieser Andrang geht auf eine Aktion von FragDenStaat zurück: Das Landgericht Köln hatte es den Betreibern des Transparenzportals voriges Jahr unter Verweis auf das Urheberrechtsgesetz untersagt, die zuvor per IFG erhaltene Risikoeinschätzung zu dem Unkrautvernichtungsmittel über das Internet zu verbreiten.

Die Plattformmacher riefen daher alle Interessierten dazu auf, ihr Recht auf Akteneinsicht zu nutzen und das Gutachten selbst beim BfR anzufragen. Dazu richteten sie eine Unterseite ein, über die das Auskunftsbegehren unkompliziert quasi per Knopfdruck in die Wege geleitet werden konnte. Zehntausende machten von dieser Option Gebrauch, wie sich nun herausgestellt hat. Dem Phänomen sei mit einer "Allgemeinverfügung" abgeholfen worden, heißt es in dem Dokument. Seit Juli durfte auch FragDenStaat das Gutachten wieder veröffentlichen.

Ohne den Glyphosat-Effekt bleiben 11.649 IFG-Anfragen übrig, was einem Minus von 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die meisten Ersuchen davon richteten sich mit 3945 ans Bundesfinanzministerium und die nachgeordneten Behörden, gefolgt vom Arbeitsressort mit 1289, dem Innenministerium mit 1192 und dem Wirtschaftsressort mit 1167 Auskunftsanträgen. Die Ämter gewährten im vorigen Jahr in insgesamt 6114 Fällen den vollen Informationszugang, in 713 teilweise. Bei 1177 Ersuchen erhoben sie eine Gebühr, die in fast der Hälfte der Bescheide unter 50 Euro blieb.

1134 Erstanträge lehnten die Behörden ab, 252 Widersprüche gingen bei ihnen ein. "Erledigt" wurden 184 derartiger Zweitanfragen, eine vollständige "Abhilfe" ist aber nur bei 23 verzeichnet. 58 Klagen gingen 2019 ein, 137 "erledigt", was in 110 Fällen "Abweisung" bedeutete.

FragDenStaat verweist darauf, dass es im Jahr des Starts des Portals 2011 erst 1556 IFG-Anträge gegeben habe. Seitdem sei die Zahl angesichts des aktuellen Stands "um den Faktor 36 gestiegen". Über die Plattform seien 2019 insgesamt 103.100 Anfragen an Behörden in Deutschland gestellt worden, also rund doppelt so viele wie in der Regierungsstatistik ausgewiesen. Dies erkläre sich dadurch, dass darauf Landes-, Kommunal- und EU-Behörden etwa auch nach dem Umwelt- und Verbraucherinformationsgesetz um Akteneinsicht ersucht werden könnten.

Dass sich das Bundesverkehrsministerium besonders viel Zeit lässt, um auf Anfragen zu antworten, können Nutzer mit einem Analysewerkzeug ermitteln, das das Fokus-Institut der Fraunhofer-Gesellschaft auf Basis von FragDenStaat-Daten entwickelt und Anfang April verfügbar gemacht hat. Das Instrument ermöglicht es, Zahlen von Auskunftsbegehren an Behörden, Reaktionszeiten sowie Gebühren auszuwerten. (bme)