Umweltrat will individuelle Pkw-Nutzung unattraktiver machen

Der ÖPNV sowie der Fuß- und Radverkehr solle stark ausgebaut werden, meint der Umweltrat.

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Umweltrat will individuelle Pkw-Nutzung unattraktiver machen

(Bild: Birgit Reitz-Hofmann / Shutterstock.com)

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"Der Stadtverkehr wird seit Jahrzehnten vom Auto dominiert", moniert der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU). "Die Folgen sind Lärm, Luftverschmutzung, ein wachsender Flächen- und Energieverbrauch sowie hohe Gesundheits- und Umweltkosten." Daher und aus weiteren Gründen fordern die Experten eine umfassende Verkehrswende.

Der ÖPNV sowie der Fuß- und Radverkehr sollten eine deutlich wichtigere Rolle spielen. "Kurze Wege, gut ausgebaute Rad- und Fußwegestrecken, kurz getaktete Bahnen und Elektrobusse ermöglichen eine neue Art von Verkehr, der umweltschonend, zügig, gesund und stressarm ist", heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Gutachten des Umweltrats .

"Neben Ausbau und Stärkung des Umweltverbundes sind auch Maßnahmen unerlässlich, die eine individuelle Pkw-Nutzung unattraktiver machen", betont der Umweltrat. Dafür müsse das Straßenverkehrsgesetz und die Straßenverkehrsordnung reformiert werden, in denen stark das Auto bevorzugt werde. Die Behörden könnten bislang den Autoverkehr nur aus verkehrlichen Gründen beschränken, als Argumente müssten auch "Klima-, Umwelt- und Gesundheitsschutz sowie die städtebauliche Gestaltung" eingeführt werden.

Der SRU plädiert zudem für eine einheitliche streckenabhängige Pkw-Maut, die sich an den gefahrenen Kilometern sowie den Schadstoff-, Lärm- und CO₂-Emissionen ausrichtet. Diese erziele eine "deutlich bessere Lenkungswirkung" als eine nur auf einzelne Städte bezogene City-Maut und vermeide "einen Flickenteppich aus verschiedenen Regelungen" in den Kommunen. Auch müssten die Parkgebühren besser erhöht werden können und die Gebühren für Anwohner nicht mehr gedeckelt. Mit weniger dominierenden privaten Pkw seien "kompakte Siedlungsstrukturen mit einer hohen Grünraumversorgung vereinbar".

Sharing-Angebote sollten aus ökologischer Sicht den ÖPNV "in Erschließungslücken ergänzen und die intermodale Fortbewegung in der Stadt jenseits des Autos erleichtern", ist dem Gutachten zu entnehmen. Dafür müssten die Angebote stärker räumlich gesteuert werden.

Der SRU rät der Regierung, ihre Klimapolitik an einem langfristigen CO₂-Budget auszurichten, das den Temperaturzielen des Abkommens von Paris entspricht. "Ein ausreichendes, faires und angemessenes deutsches CO₂-Budget beträgt maximal 6,7 Milliarden Tonnen CO₂ ab 2020", erläuterte der Berliner Klimaforscher Wolfgang Lucht. Bei linearer Reduktion müsse Deutschland schon 2038 CO₂-neutral sein, dürfe also schon in 18 Jahren netto keine zusätzlichen Treibhausgase mehr ausstoßen. Die Regierung will dies erst bis 2050 schaffen. Entschlossener Klimaschutz ist für Lucht aber "dringend erforderlich".

Der wirtschaftliche Neustart nach der Corona-Pandemie sollte dazu genutzt werden, die Weichen in Richtung ökologische Transformation zu stellen. Die enormen Mittel, die für die konjunkturelle Wiederbelebung eingesetzt werden, müssten konsequent an den Zielen der Klimaneutralität und des Umweltschutzes ausgerichtet werden. Die langfristige Bedrohung der ökologischen Lebensgrundlagen bleibe bestehen. Hornberg appellierte an die Regierung, sich dafür stark zu machen, dass auch die EU-Konjunkturprogramme auf den "Green Deal" ausgerichtet werden. (anw)