Amazon mit weniger Verlusten bei stagnierendem Umsatz

Amazon.com, weltgrößter Online-Einzelhändler und Ur-Vater aller Online-Shops, hat dank starker Kostensenkungen seine Verluste deutlich reduziert.

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Von
  • Jürgen Kuri

Amazon.com, der weltgrößte Online-Einzelhändler und praktisch Ur-Vater aller Online-Shops, hat im dritten Quartal und in den ersten neun Monaten dieses Jahres dank starker Kostensenkungen seine Verluste deutlich reduziert. Der Umsatz der Gesellschaft stagnierte allerdings im dritten Quartal bei 639 Millionen US-Dollar. Im gleichen Quartal des Vorjahres betrug der Umsatz 638 Millionen US-Dollar. Damit fiel der Umsatz jedoch das dritte Quartal hintereinander: Von 700 Millionen (1. Quartal) auf 667 Millionen (2. Quartal) auf nun 639 Millionen US-Dollar.

Der Auslandsumsatz allerdings stieg stark an: Er kletterte um 58 Prozent auf 138 Millionen US-Dollar. Als Verlust im dritten Quartal wies Amazon 170 Millionen US-Dollar (46 Cents pro Aktie) gegenüber 241 Millionen US-Dollar (68 Cents pro Aktie) im Vorjahr aus. Bei Büchern, CDs und Videos fiel der Umsatz um 12 Prozent auf 351,4 Millionen US-Dollar; bei Unterhaltungselektronik, Werkzeugen und Einrichtung stieg er leicht von 97,6 auf 103,1 Millionen US-Dollar.

"Wir haben die Betriebskosten um 20 Prozent reduziert und können es uns jetzt leisten, das Wachstum mit niedrigeren Preisen für die Kunden anzukurbeln", betonte Amazon.com-Chef Jeff Bezos. Das Unternehmen hatte im dritten Quartal 2,9 Millionen neue Kunden, darunter eine Million im Ausland. Bezos bekräftigte auch die Pläne, endlich die Gewinnschwelle zu erreichen: "Auch wenn wir keine Garantie geben können, bleiben wir doch fest bei unserem Ziel, im vierten Quartal Pro-Forma-Profitabilität zu erreichen." Diese Prognose scheint durch sinkende Verluste halbwegs gerechtfertigt zu sein, zumal der Verlust unter Ausschluss von Sonderfaktoren und Einmalzahlungen nur noch 58 Millionen US-Dollar betrug.

Und auch in Deutschland ist der Shop, dessen zentrales Geschäft wohl immer noch der Online-Buchhandel ist, optimistisch, die operative Gewinnschwelle zu erreichen. "Wir sind sehr zuversichtlich, in Deutschland boomt das Geschäft unverändert", sagte Deutschland-Geschäftsführer Philipp Humm der dpa. Während der Amazon-Umsatz weltweit im dritten Quartal stagnierte, konnte der Marktführer nach eigenen Angaben hierzulande deutlich zulegen. Der Markt sei um 60 bis 70 Prozent gewachsen, Amazon habe den Marktanteil dabei sogar noch ausgebaut, sagte Humm.

Im deutschen Online-Buchhandel, an dem Amazon laut Studien im ersten Halbjahr gut 48 Prozent hielt, rechnet Humm mit einer weiteren Konsolidierung. Zuletzt hatte Konkurrent mediantis aufgegeben. "Wir machen ein Geschäft, das stark von einer kritischen Größe abhängig ist", sagte Humm. Für die Nummer zwei oder drei im Markt werde es daher immer schwieriger. Er schloss nicht aus, dass Amazon in Deutschland Konkurrenten, beziehungsweise deren Kunden, übernehmen könnte. Die Gelegenheit müsse aber sehr gut sein. Er wollte nicht kommentieren, ob Amazon in Verhandlungen mit mediantis stand. Das Neue-Markt-Unternehmen verkaufte sein Kerngeschäft mit der Marke buecher.de an den Konkurrenten Booxtra.

Der in Deutschland übliche kostenlose Versand von im Internet bestellten Büchern, der den Konkurrenten schwer zu schaffen macht, stört Humm nicht. "Das ist sinnvoll, weil es uns erlaubt, uns mit dem normalen Buchhandel gleichzustellen." Die Buchpreisbindung solle ja vor allem kleinere Buchhändler schützen. Dadurch könnten sich Großanbieter wie Amazon den kostenlosen Versand gut leisten.

Amazon geht weltweit für das vierte Quartal von einem stagnierenden bis zehn Prozent höheren Umsatz gegenüber dem Schlussquartal 2000 aus. Der Umsatz dürfte zwischen 970 Millionen US-Dollar bis 1,07 Milliarden US-Dollar liegen. So ganz zufrieden waren die Investoren mit den vorgelegten Zahlen und den Aussichten für das Flaggschiff der Internet-Ökonomie allerdings nicht, offensichtlich ist man nicht mehr bereit, dem Online-Shop, der seit seinem Bestehen noch nie schwarze Zahlen geschrieben hat, noch allzu lange Fristen bis zum Erreichen der Profitabilität einzuräumen. Nachdem die Aktien im regulären Handel auf 9,55 US-Dollar gestiegen waren, fielen sie im nachbörslichen Handel, nach Vorlage des Geschäftsberichts durch Amazon, um 7 Prozent auf 8,90 US-Dollar. (jk)