Bericht: Biosprit ist Hauptursache für Preisanstieg von Lebensmitteln

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Von
  • ssu

Biosprit der "1. Generation" – also Kraftstoffe, die aus Nährmitteln gewonnen werden – sind die hauptsächliche Ursache für den rasanten Anstieg der Lebensmittelpreise. Dies ist die Quintessenz aus einer vertraulichen Studie der Weltbank, die nach Angaben von The Guardian der britischen Tageszeitung vorliegt. Dem Bericht zufolge hat die Nachfrage nach Biosprit die Lebensmittelpreise weltweit um 75 Prozent ansteigen lassen. Andere Faktoren, die als Ursachen für den Preisanstieg genannt würden, hätten weitaus geringeren Einfluss, heißt es weiter: Höhere Ausgaben der Landwirte für Energie und Düngemittel sind demnach lediglich für 15 Prozent Preisanstieg verantwortlich. Die wachsende Kaufkraft in den Schwellenländern habe die steigende Nachfrage nach Getreide kaum getrieben, und auch wiederholte Dürren in Australien seien von "marginaler" Bedeutung für den Preisanstieg bei Nahrungsmiteln.

Schon in einem im April veröffentlichten Bericht (PDF-Datei) identifiziert die Weltbank die Biosprit-Produktion als Preistreiber und geht davon aus, dass der Preisanstieg kein kurzfristiges Phänomen sondern ein mittelfristiger Trend ist. So gehe der Produktionsanstieg bei Mais der Jahre 2004 bis 2007 – die Periode, während der Preis für diese Getreidesorte stark anzog – nahezu ausschließlich auf das Konto der Biosprit-Produktion in den USA.

Inzwischen wird ein Drittel der US-Produktion von Mais zu Kraftstoff verarbeitet und rund die Hälfte der in der EU gewonnenen Ölsaaten zu Biodiesel, heißt es im Guardian. Dessen ungeachtet behaupte US-Präsident George W. Bush, dass die Biosprit-Produktion für weniger als drei Prozent Preiswachstum bei Lebensmitteln verantwortlich sei. Das Blatt spekuliert, dass der ihm vorliegende Weltbank-Bericht bereits seit Monaten unter Verschluss gehalten werde, um den scheidenden US-Präsidenten nicht bloßzustellen.

Mit Blick auf den in der kommenden Woche in Japan stattfindenden G8-Gipfel der Regierungschefs der acht größten Industrienationen merkt das Blatt an, dass auch eine in Großbritannien angefertigte Untersuchung zum Thema anders als angekündigt noch nicht veröffentlicht worden sei. Der britische "Gallagher Report" weise wie die Weltbank-Studie den Biosprit als Hauptursache für die Nahrungsmittelverteuerung aus, was die geplante Strategie der britischen Regierung zur CO2-Reduktion als fragwürdig erscheinen lasse.

Erst gestern wurde bekannt, dass Frankreich zu Beginn seiner EU-Ratspräsidentschaft die bisherigen Biosprit-Ziele der Europäischen Union in Frage stellt. Auch Umweltschützer zeigen sich zunehmende Skepsis gegenüber Biosprit der 1. Generation. Einen möglichen Ausweg bieten BTL-Kraftstoffe (Biomass To Liquid), die aus nicht zum Verzehr geeigneten Pflanzen(-teilen) gewonnen werden. Ausgangsmaterial für BTL kann zudem auch auf nicht zum Ackerbau geeigneten Flächen gewonnen werden. Allerdings stehen Erfahrungen aus der großtechnischen Produktion von BTL noch aus – erst im April diesen Jahres ist eine erste BTL-Großanlage im sächsischen Freiberg in Betrieb gegangen. (ssu)