Fiat-Manager: Nur sechs große Autobauer werden überleben

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Von
  • Gernot Goppelt

Nach Meinung von Fiat-Chef Sergio Marchionne werden als Folge der Wirtschaftskrise wohl nur die Automobilhersteller überleben, die mindestens 5,5 Millionen Autos pro Jahr produzieren. Dies berichtet die Zeitschrift Automotive News Europe. Er glaubt demnach, dass in zwei Jahren weltweit nur sechs Volumenhersteller übrigbleiben werden. Das seien ein US-Hersteller, ein deutsches und ein französisch-japanisches Unternehmen (vielleicht mit einem amerikanischen Zweig), ein japanischer und ein chinesischer Autobauer – und schließlich möglicherweise ein weiteres europäisches Unternehmen.

Aus Sicht von Marchionne ist Größe die einzige Chance, die gegenwärtige Krise zu überleben. Zudem glaubt er, dass sich das Geschäft völlig verändern wird. Unabhängigkeit sei zukünftig nicht mehr durchzuhalten. Analysten stimmen laut dem Bericht dem Fiat-CEO insofern zu, als die großen Unternehmen am ehesten dazu in der Lage seien, einerseits die Kosten für Forschung und Entwicklung zu stemmen und andererseits Produktionskosten zu senken. Sollte der Fiat-Vorstand mit seiner Einschätzung Recht haben, wären einige renommierte Automobilhersteller in ihrer Existenz bedroht. Dass es so viele gebe, liege vor allem daran, dass sie teilweise in Familienbesitz seien, sagt Jürgen Pieper, ein Analyst der Metzler-Bank. Bei BMW betrage dieser Anteil 46,6 Prozent, bei PSA 30 Prozent. In Europa werden laut Bericht PSA, BMW und Fiat als die am meisten gefährdeten Unternehmen betrachtet. Auf der anderen Seite erwartet Pieper, dass VW, Renault-Nissan und Daimler überleben. In der derzeitigen Situation helfe nur Größe, weil durch Skaleneffekte die Stückkosten beim Einkauf sänken und die Entwicklungskosten einer größeren Anzahl verschiedener Fahrzeuge zugute kämen. So gehe es Audi seit einigen Jahren besser als Mercedes und BMW, weil die Firma zum Volkswagen-Konzern gehöre. Dies sei auch ein wesentlicher Grund, warum Porsche VW übernehmen wollte.

Es käme also nicht überraschend, wenn es neue Zusammenschlüsse und Übernehmen gäbe, so zum Beispiel in Form von Fusionen großer Hersteller. Es sei aber auch denkbar, dass deutsche Premiumhersteller trotz schlechter Erfahrungen einen größeren Hersteller übernähmen, sagt Max Warburton, ein Analyst von Sanford Bernstein, dem Fachblatt zufolge. Nach seiner Meinung könnte das Fiat, PSA, Renault, Ford Europe oder GM Europe betreffen. Garel Rhys, ein erimitierter Professor der Cardiff Business School, sieht das ganz anders: „Zwei ertrinkende Männer machen noch keinen guten Schwimmer“. Die Handlungsoptionen der Europäer hängen ohnehin davon ab, wie es in den USA weitergeht. So sagte der diesjährige Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften, Paul Krugman, in Stockholm, dass die US-Autoindustrie wohl verschwinden werde. Die Bereitschaft der US-Regierung, die Automobilindustrie an den Finanztropf zu nehmen, sei Ausdruck „einer mangelnden Bereitschaft, das Scheitern einer Großindustrie inmitten einer Wirtschaftskrise zu akzeptieren“.

So könnte man Marchionnes Äußerungen auch als ersten Schritt eines Werbens um Partner verstehen. Denn falls sich zum Beispiel Daimler oder BMW entscheiden sollten, einen europäischen Großserienhersteller zu übernehmen – was übrigens auch hinsichtlich des CO2-Ausstoßes naheliegend wäre – kämen zum Beispiel nicht nur Fiat und PSA in Frage, sondern stünden möglicherweise auch Opel/Vauxhall und Ford Europe zur Debatte. (ggo)