E-Auto auf dem Land: Angesteckt – Teil 6

Ladesorgen, ein hektischer Morgen und ein schneller Blick ins Handbuch gehören für TR-Redakteurin Jo Schilling auch zum Forschungsprojekt i-Rezept.

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E-Auto auf dem Land: Angesteckt

Bei Sonnenuntergang mit Solarenergie auf 80 Prozent aufgetankt.

(Bild: Jo Schilling)

Lesezeit: 5 Min.
E-Auto auf dem Land

(Bild: 

Nissan

)

TR-Redakteurin Jo Schilling wohnt auf dem Land – so richtig "Land". Ein E-Auto scheint sich dort nicht so recht anzubieten, dennoch wagt sie das Experiment. Sie nimmt teil am Forschungsprojekt "i-rEzEPT". Zwei Fraunhofer-Institute, Bosch und Nissan wollen dabei untersuchen, wie gut sich ein Elektroauto als Batteriespeicher für die Solaranlage auf dem heimischen Dach eignet. Hier berichtet sie über ihre Erfahrungen – von der Installation der Anlage bis zum bidirektionalen Laden.

Mein Fahrweg in die Redaktion beträgt knapp 120 Kilometer für eine Strecke. Ich fahre (außer in Produktionszeiten) nicht täglich – manchmal nur zweimal in der Woche. Müsste ich täglich fahren, hätte ich an dem Projekt i-Rezept nicht teilgenommen, denn dann wäre der Einsatz des Autos als Batteriespeicher aus meiner Sicht so absehbar wie Weihnachten: Morgens voll starten, abends leer zurückkommen, über Nacht laden – und tagsüber wandert unser selbst produzierter Strom ins Netz ab. Negative Forschungsergebnisse – sprich: ein E-Auto als Batteriespeicher ist Unsinn, wenn das Auto unterwegs ist, solange die Sonne scheint – sind sicher auch wichtig für den Fortschritt und die Entwicklung der E-Mobilität, aber ich müsste sie nicht ein Jahr lang ausprobieren.

Da das Auto aber nur an einigen Tagen in der Woche ganztägig unterwegs sein wird und in der Zwischenzeit für vergleichsweise kurze Strecken zum Einkaufen, Sportverein und ähnliche Alltagstouren genutzt werden soll, ist die Netzzeit immerhin so hoch, dass es sich aus meiner Sicht lohnt, genauer hinzusehen.

Noch stellen sich diese Fragen jedoch gar nicht, denn das Auto rollte ohne weitere Infrastruktur auf den Hof. Keine Wallbox, keine Steuerungselektronik, die intelligent den Strom auf Haus und Auto verteilt. Da mein Ziel ist, mit einer Batterieladung zur Arbeit und wieder nach Hause zu kommen, soll das Auto voll sein, wenn ich das erste Mal starte. Im Kofferraum finde ich zwei Kabel und unter der Klappe an der Motorhaube zwei Stecker. Die Stecker sind ein Typ2- und ein Chademo-Stecker. Was ich über den Chademo-Stecker zu lesen finde, macht mir für meine generellen Ladesorgen Mut, denn der Name soll auf die japanische Frage nach einer Tasse Tee – O cha demo ikaga desuka – zurück zu führen sein. Ob das stimmt? Ich habe es nicht nachrecherchiert, fand es aber hübsch und vor allem gefällt mir, was es suggeriert: ein leer gefahrenes Elektroauto soll innerhalb von 15–30 Minuten wieder auf 80 Prozent der Batterie-Kapazität aufgeladen sein und nach einer Tasse Tee kann es weiter gehen. Eine typische Chademo-Ladesäule hat eine Ladeleistung von 50 kW mit bis zu 500 Volt Gleichstrom-Ladespannung und bis zu 125 Ampère Ladestrom. Das Auto steuert den Ladevorgang, so dass der Akku möglichst schnell und schonend aufgeladen werden soll.

Soweit die Theorie. Die Praxis besteht aus einem Mode 2-Ladekabel mit Typ 2 Stecker auf der einen und Schukostecker auf der anderen Seite. Dazwischen eine "in-cable control box", die die Kommunikation zwischen Elektroauto und Ladeanschluss übernimmt. Außerdem im Kofferraum: ein Mode 3-Ladekabel, das ich dann wohl für Ladesäulen und die Wallbox benötigen werde. Ein Chademo-Kabel ist gar nicht erst dabei. Statt während einer Tasse Tee, lade ich also in großzügigeren zeitlichen Dimensionen an der Haushaltssteckdose der Garage. Aber erst nach dem Anruf bei unserem Elektriker, ob unsere Elektrik das überlebt, denn das Handbuch warnt explizit davor, das Auto über alte Leitungen zu laden. Im selben Arbeitsgang schreibe ich eine Email an den Projektpartner und frage, wann wir mit der Wallbox rechnen können.

Bei Sonnenuntergang ist Auto – das ich mit 80 Prozent Ladung an die Steckdose gehängt habe – immer noch nicht voll und die restlichen vier Stunden Ladezeit, die ich für meinen ersten Trip zur Arbeit am nächsten Morgen benötige, kaufe ich notgedrungen dem Netzbetreiber ab.

Morgens ist das Auto bei 100 Prozent, verspricht mir, mich 375 Kilometer weit zu transportieren und ich ziehe frohen Mutes am Stecker. Ich bin wie immer ein bisschen spät dran – das Übliche: Schulbrote schmieren, Hund füttern und Kaffee stürzen dauert bei mir dann doch immer den Moment länger als geplant. Der Stecker löst sich nicht. Der schnelle Blick ins Handbuch sagt das Gleiche wie meine Intuition: Drück den Knopf mit dem Stecker auf der Fernbedienung! Als auch das nicht hilft, steige ich entnervt in meinen Verbrenner und vertage das Problem auf den Abend.

Die Lösung versteckt sich im Fahrzeuginneren. Dort befindet sich ein Entriegelungsknopf, der den Stecker freigibt. Alternativ hätte ich den Fernbedienungsknopf mehrere Sekunden lang drücken können. Wenn man es erst einmal weiß, ist es banal, aber das Handbuch ist leider sehr rudimentär und viele Funktionen erschließen sich erst durch geduldiges Ausprobieren. Aber Geduld gehört morgens um kurz nach sieben Uhr nicht zu meinen Stärken.


Wie es weitergeht, lesen Sie am nächsten Dienstag, 2.6., an dieser Stelle.

(jle)