US-Präsidentschaftswahl: Was Biden fürs Klima tun will

Umgerechnet 1,7 Billionen Euro will der demokratische Trump-Gegner aufwenden, um das Ende der Kohle in den USA einzuleiten.

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Joe Biden

Joe Biden hat einen Klimaplan.

(Bild: dpa, Rogelio V. Solis/AP/dpa)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • James Temple
Inhaltsverzeichnis

Der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden hat bei seinen Klimaschutz-Ambitionen nachgelegt. Damit reagiert er auf parteiinterne Forderungen des progressiven Flügels, der sich mehr Einsatz gegen die Erderwärmung wünscht. In einer Rede Mitte Juli kündigte Biden an, bis 2035 insgesamt 1,7 Billionen Euro (2 Billionen US-Dollar) in saubere Energien investieren zu wollen und die CO2-Emissionen bei der Stromerzeugung stark zu verringern. Er wolle das Klima schützen und gleichzeitig die Wirtschaft ankurbeln.

Biden betonte auch, dass er plane, Millionen von Häusern und Gebäuden umzubauen, um sie energieeffizienter zu machen, dass er einen Civilian Climate Corps gründen will, der Arbeitsplätze im Bereich von Umweltschutzprojekten anbieten soll, dass er 500.000 Aufladestationen für elektronische Fahrzeuge schaffen möchte und dass eine Art Abwrackprämie eingeführt werden soll, um benzinfressende Autos und Trucks durch Hybridautos und Elektrofahrzeuge zu ersetzen. Außerdem verspricht Biden die "zweite große Eisenbahnrevolution" der USA, ein Steckenpferd des Bahnfans.

Der Plan auf seiner Kampagnen-Seite spezifiziert, dass unter Bidens Regierung ein "energieeffizienter und sauberer Standard für Elektrizität" eingeführt werden würde. Sein Ziel sieht vor, dass Versorgungsunternehmer und Netzbetreiber schrittweise weniger Strom aus CO2-emittierenden Quellen gewinnen. Biden will technikneutral vorgehen, was bedeutet, dass Energie aus Sonnenenergie, Windkraft, aber auch aus geothermischen oder nuklearen Quellen generiert werden könnte. Gegen fossile Kraftwerke mit CO2-Sequestrierung hat der Kandidat ebenfalls nichts einzuwenden.

Diese Ankündigungen folgen auf Bidens "Build Back Better"-Vorhaben, in dem er sich dazu verpflichtet hat, 340 Milliarden Euro in die nationale Industrie zu investieren und weitere 256 Milliarden in Forschung und Entwicklungsfonds für elektrische Fahrzeuge, künstliche Intelligenz und andere Bereiche. Dieser neue Plan ist sehr viel offensiver als der frühere Vorschlag seiner Kampagne. Er fordert nun 1,4 Billionen Euro für saubere Energien sowie "Net Zero"-Wirtschaftsemissionen bis 2050, was bedeutet, dass alle produzierten Abgase von Unternehmen ausgeglichen werden müssten. Der frühere Plan hatte keine genaue Timeline, um den Elektrizitätssektor zu erneuern, abgesehen von der Erwähnung nicht weiter ausgeführter "Meilensteinziele" für 2025.

Dass Biden seine Ambitionen verstärkt hat, liegt wohl an einer Reihe klimapolitischer Empfehlungen, die Anfang Juli von einer "Unity Task Force" herausgegeben wurden, welche im Frühjahr Bidens vormaliger Hauptkonkurrent Bernie Sanders ausgerufen hatte. Deren Mitglieder meinen, dass unter anderem das 2035-Ziel des Energiesektors eingehalten werden sollte.

Doch auch Bidens neue Ziele genügen den Forderungen vieler Klimaaktivisten nicht. Außerdem sind sie weniger drängend als Sanders ursprüngliche Pläne, die knapp 14 Billionen Euro für saubere Energien vorgesehen hätten. Der Ex-Präsidentschaftskandidat forderte zudem eine vollständig erneuerbare Stromerzeugung bis 2030 und ein sofortiges Verbot von Fracking, einer beliebten wie umstrittenen Bohrmethode, die verwendet wird, um Erdgas und Öl aus dem Boden zu extrahieren.

Bidens Klimamaßnahmen hatten bereits neue Standards für den Kraftstoffverbrauch vorgesehen, so zum Beispiel die Unterstützung fortschrittlicher Biokraftstoffe, Klimaschutzprojekte und einen Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen. Schon früh verpflichtete Biden sich über die nächsten 10 Jahre 341 Milliarden Euro in die Erforschung sauberer Energien zu investieren und eine neue Behörde einzurichten, die ARPA-C. Die soll die Forschung beschleunigen – etwa an kleinen, modularen Kernreaktoren, CO2-Abscheidern, an der Energiespeicherung im Netzmaßstab, an CO2-frei erzeugtem Wasserstoff und an emissionsärmeren Methoden zur Produktion von Stahl, Zement, Wasserstoff und Nahrungsmitteln. Die Kampagne sah zu dem Zeitpunkt vor, dass die Umsetzung finanziert wird, indem Trumps Steuerkürzungen für Unternehmen rückgängig gemacht werden, fossile Brennstoffe nicht weiter subventioniert und neue Steuern eingeführt werden.

Biden bewegt sich in einem Spannungsfeld: Einerseits will er progressiven Wählern gefallen, die durchschlagende Klimaschutzmaßnahmen fordern, andererseits will er die konservativen Wähler der Arbeiterklasse in den Swing States nicht verprellen, bei denen Kohle und Erdgas entscheidende Wirtschaftsfaktoren sind. Recht früh in seiner Rede betonte Biden, dass sein Plan "gut bezahlte Tariflohn-Jobs schaffen wird, sodass Amerika zurück an die Arbeit kommt".

Ambitionierte Klimaziele zu benennen ist aber der einfache Teil. Damit auch nur irgendetwas davon zählt, muss Biden die Wahl für sich entscheiden. Dann müsste er den nächsten Kongress bestimmen, wo Demokraten nur möglicherweise den Senat kontrollieren werden, und da gab es historisch betrachtet nur wenig Lust für offensive Vorschläge zum Klimaschutz und großflächige Investitionen. Letztlich müssten die Finanzierung und Gesetzgebungsverfahren auch tatsächlich zu den geplanten Ergebnissen führen und rasch die Emissionen des Landes verringern.

Billionen auszugeben und einen staatlichen Standard für saubere Energie zu etablieren würde sicherlich dazu beitragen, die Entwicklung erneuerbarer und anderer sauberer Energien und Klimaprojekte in den USA voranzutreiben. Weniger genau ist die Kampagne aber bei Details, wie notwendige Reformen aussehen könnten, um eine große Anzahl an Projekten in den nächsten 15 Jahren durchzusetzen.

(bsc)