Selbstfahrende Autos: Mildes Urteil über Ex-Googler für Geheimnisdiebstahl

330 Jahre Haft hatten Anthony Levandowski gedroht, verurteilt wurde er nur zu 18 Monaten. Selbst verklagt er Uber auf Milliarden.

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Anthony Levandowski an Rednerpult

Anthony Levandowski bei einer Präsentation im Jahr 2017

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.
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Anthony Levandowski, ehemals Manager bei Googles Abteilung für selbstfahrende Autos (heute Waymo), ist wegen Geheimnisdiebstahls zu 18 Monaten Haft verurteilt worden. Außerdem soll er eine Strafe von 90.000 US-Dollar zahlen und Google 756.000 Dollar Schadenersatz leisten. Dieses milde Urteil hat das US-Bundesbezirksgericht für das Nördliche Kalifornien am Dienstag ausgesprochen.

Levandowski hatte ab 2007 bei Google beziehungsweise Waymo gearbeitet und dort insgesamt etwa 127 Millionen Dollar verdient, bis er Anfang 2016 plötzlich fristlos kündigte. Wenig später verkaufte er eine von ihm heimlich gegründete Firma namens Otto an Uber, das ebenfalls an selbstfahrenden Kfz arbeitet, und heuerte dort an. Davor aber soll Levandowski Daten in erheblichem Umfang von Google-Servern kopiert und mitgenommen haben.

Dafür setzte es eine Anklage wegen des Verbrechens des Geheimnisdiebstahls gegen den Ex-Waymo-Manager. 33 Anklagepunkte bedeuteten in Summe eine Strafdrohung von 330 Jahren. Im März handelte der Mann einen Deal mit der Staatsanwaltschaft aus. Der Ex-Googler bekannte sich des Geheimnisdiebstahls in einem Anklagepunkt schuldig, dafür wurden die übrigen 32 Punkte fallen gelassen.

Für diesen einen Punkt wurde er nun zu 18 Monaten Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte um die Hälfte längeren Freiheitsentzug gefordert, die Verteidigung auf ein Jahr Hausarrest und fünf Wochen gemeinnützige Arbeit plädiert. Ins Gefängnis muss der Amerikaner vorerst nicht: Das Gericht hat den Haftantritt wegen des in Haftanstalten grassierenden Coronavirus ausgesetzt.

Levandowski hat nicht nur Geschäftsgeheimnisse mitgehen lassen, sondern auch Waymo-Mitarbeiter abgeworben. Damit hat er gegen seinen Arbeitsvertrag mit Google/Waymo verstoßen, wofür er von einem Schiedsgericht zu einer Entschädigung von 179 Millionen Dollar verurteilt wurde. Dieses Geld möchte sich Levandowski von Uber holen.

Offenbar gibt es einen Vertrag zwischen Levandowski und Uber, wonach Uber für solche Ansprüche einsteht. Uber zahlte zwar zunächst Levandowskis Anwälte in derm Schiedsgerichtsverfahren mit Waymo, will aber Levandowskis Forderung zur Zahlung der Entschädigung selbst nicht nachkommen.

Zusätzlich fordert Levandowski mehr als vier Milliarden US-Dollar von Uber. Das geht aus seiner im Juli eingereichten Klage hervor. Er argumentiert darin, beim Verkauf seiner Firma Otto an Uber sei vereinbart worden, dass er entweder einen Teil der zukünftigen Einnahmen Ubers mit selbstfahrenden Lkw (heute: Uber Freight) oder eine Exklusivlizenz für Ubers Selbstfahrtechnik erhalte. Uber tritt auch dieser Forderung nicht näher.

Der Stein ist ursprünglich durch das Versehen eines LIDAR-Lieferanten ins Rollen gekommen. Laut Waymo hat der Lieferant im Dezember 2016 bei einer E-Mail-Nachricht an Uber irrtümlich einen Waymo-Mitarbeiter mit auf die Empfängerliste gesetzt. Angehängt war die technische Zeichnung einer LIDAR-Platine, die Waymos selbst entwickelter LIDAR-Platine frappant ähneln soll.

Daraufhin beschuldigte die Alphabet-Tochter Waymo ihren Konkkurrenten Uber des Geheimnisdiebstahls sowie der Patentverletzung und des Unlauteren Wettbewerbs. Beendet wurde dieser Streit zwischen Waymo und Uber über angeblich gestohlene Technik für autonome Autos im Februar 2018 durch einen Vergleich: Alphabet erhielt 0,34% der Uber-Aktien. Zum damaligen Börsenwert entsprach das etwa 245 Millionen US-Dollar.

Das Strafverfahren gegen Levandowski heißt USA v. Anthony Scott Levandowski und wird am Bundesbezirksgericht für Nordkalifornien unter dem Az. 19-cr-0377 geführt.

(ds)