Glasfaserquote gestiegen: "Es geht voran" beim Breitbandausbau

Telekom-Wettbewerber sehen mit einem Plus von 1,1 Millionen Glasfaseranschlüssen 2019 und dem Corona-bedingten Datenhunger den Knoten geplatzt.

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Glasfaserquote gestiegen: "Es geht voran" beim Breitbandausbau

(Bild: ThomBal / Shutterstock.com)

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Die Zahl der Glasfaseranschlüsse bis in die Gebäude und Wohnungen ist in Deutschland von 5 Millionen 2018 auf 6,1 Millionen im vorigen Jahr gestiegen. Zugleich ging der Anteil dieser FTTB/H-Verbindungen im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Haushalte und Unternehmen von 11,2 auf 13,5 Prozent nach oben. Dies geht aus der Analyse zur Lage des Telekommunikationsmarkts 2020 hervor, den der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) am Dienstag zusammen mit dem Wirtschaftswissenschaftler Jens Böcker vorgestellt hat.

Den größten Teil dieser schnellen Internetanschlüsse realisierten demnach mit 4,9 Millionen die sogenannten alternativen Netzbetreiber. 2018 gingen auf das Konto der Wettbewerber der Deutschen Telekom 4,1 Millionen. Die Quote von rund 70 Prozent Glasfaserausbau bei den Breko-Mitgliedern und anderen Konkurrenten des einstigen Platzhirschen bleibt somit in etwa gleich.

(Bild: Breko Marktanalyse 2020)

Die Menge der nur von den rund 200 Breko-Mitgliedern mit Glasfaser prinzipiell versorgten Haushalte ist um etwa 30 Prozent auf 3,6 Millionen gewachsen, die der tatsächlich aktivierten Anschlüsse um 25 Prozent auf 1,5 Millionen. Die Aktivierungsquote lag so bei 42 Prozent und damit knapp über dem EU-Durchschnitt. Insgesamt verlegten die alternativen Netzbetreiber im vorigen Jahr fast 560.000 Kilometer Glasfasertrassen. Nach politischen Korrekturen stehen hier inzwischen laut Böcker "alle Ampeln auf Grün".

Die Dynamik soll sich laut dem Marktbericht in den kommenden Jahren verstärken: Für 2023 prognostizieren die Autoren in Summe 22 Millionen Glasfaseranschlüsse. Anteilsmäßig soll die Telekom dabei aber etwas aufholen und 8 Millionen der FTTB/H-Verbindungen realisieren, während die anderen Betreiber auf 14,1 Millionen kommen. Die gesamten Investitionen in die digitale Infrastruktur sind 2019 auf 9,6 Milliarden Euro gestiegen. Hier dominieren ebenfalls die Wettbewerber: Mit 5,2 Milliarden (54,1 Prozent) finanzieren sie über die Hälfte des Ausbaus.

Für Breko-Präsident Norbert Westfal lautet die zentrale Botschaft der Zahlen daher: "Es geht voran." Deutschland sei beim Glasfaserausbau "endlich auf der Überholspur", habe sich europaweit vorkämpfen können und belege nun "den fünften Platz der am schnellsten wachsenden Glasfasermärkte".

Die Zahl flotter Anschlüsse mit mehr als 100 MBit/s stieg generell um 2,4 Millionen: 2019 lag jeder vierte Anschluss in dieser Bandbreitenkategorie, während es 2018 erst 20 Prozent waren. Das mit Abstand größte Wachstum entfiel mit 33 Prozent auf FTTB/H-Anschlüsse, dicht gefolgt von VDSL mit 28 Prozent. Erwartungsgemäß sank die Zahl der Kunden mit dem langsameren ADSL, und zwar um 15 Prozent. Die Bandbreiten-Nachfrage soll generell deutlich weiter nach oben gehen: Für 2025 erwarten die Autoren im Download bei Geschäftskunden knapp 1,2 GBit/s, bei Privatkunden etwa 500 MBit/s. Auch die Upload-Geschwindigkeiten würden parallel wichtiger.

Stationäre Anschlüsse spielen der Studie zufolge nach wie vor die entscheidende Rolle für den Datentransport in Deutschland: Das Verhältnis des übertragenen Datenvolumens bleibt stabil bei einem Verhältnis von etwa 132 Gigabyte im Festnetz gegenüber 1,6 Gigabyte beziehungsweise etwa einem Prozent beim Mobilfunk. Verstärkt entdeckten Festnetzanbieter aber die Anbindung von Mobilfunkstandorten als neues Geschäftsmodell, was sich mit dem engmaschigeren 5G-Netz noch deutlich stärker ausprägen werde.

Geld vom Staat ist für den Glasfaserausbau durch die Wettbewerber nicht sehr entscheidend, 75 Prozent aller Projekte erfolgen eigenwirtschaftlich. Die Zahl staatlich geförderter Anschlüsse ist aber um fünf Prozentpunkte gewachsen. Die alternativen Betreiber sollen insgesamt mit 2,6 Milliarden Euro 60 Prozent der vergebenen Zuschüsse aus dem Bundesförderprogramm Breitbandausbau erhalten. Damit könnten sie der Prognose zufolge 51 Prozent der vergebenen Zuwendungsbescheide umsetzen. Bis Juli seien aber erst 0,5 Milliarden Euro an die Netzbetreiber für abgeschlossene Projekte abgeflossen. Zudem sei 2019 noch einmal ein "sprunghafter Anstieg beim Doppelausbau" etwa mit Vectoring festzustellen gewesen.

Die Coronavirus-Pandemie hat nach einer ersten Breko-Einschätzung einen starken zusätzlich Einfluss auf die Nachfrage nach schnellem Internet: 49 Prozent der Bestandskunden fragten in den Lockdown-Monaten nach einem Tarif-Upgrade mit höherer Bandbreite. Auch bei 43 Prozent der Neuklientel stellten die Netzbetreiber einen Bedarf an höherwertigen Anschlussprodukten fest. Zuverlässigkeit und Stabilität sowie Download- und Upload-Bandbreite seien für Privat- und Geschäftskunden in der aktuellen Situation zu "besonders wichtigen Merkmalen des gebuchten Internetvertrags" geworden.

"Telekommunikation muss funktionieren, sowohl für private Haushalte als auch für Unternehmen", betonte der Studienleiter Böcker. "Wir haben ein explodierendes Datenwachstum" mit einem Plus von 30 Prozent pro Jahr. Als verlässliche Anschlusstechnologie könne da nur Glasfaser mithalten. Der Experte zeigte sich zuversichtlich, dass "wir flächendeckende Glasfaserversorgung bekommen". Mittelfristig würden VDSL und Kabel reichen, langfristig nicht. Auch die großen Defizite im ländlichen Bereich würden angepackt.

Die Zukunft gehöre "Fiber to the Homeoffice", ist sich Breko-Geschäftsführer Stephan Albers sicher. "Corona hat eindrücklich gezeigt: Wir müssen zukunftssichere Glasfasernetze bauen." Die anstehende grundlegende Reform des Telekommunikationsgesetzes sollte die Weichen eindeutig in diese Richtung stellen, die Politik müsse hier "Digitalcourage" zeigen. Aufgrund des zu langen Festhaltens am Kupferkabel sei noch viel zu tun, eine Förderung mit der Gießkanne unnötig. Es gebe bereits einen Tiefbau-Engpass, aber eine Online-Börse helfe, diesen zu beseitigen. (vbr)