Zukunft der Arbeit: "Vieles deutet auf eine konfliktreiche Zeit hin"

Digitalisierung, Globalisierung, demografischer Wandel: Wie wirkt sich das auf die Zukunft der Arbeit aus? In Summe negativ, sagt Soziologin Sabine Pfeiffer.

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Zukunft der Arbeit: "Vieles deutet auf eine konfliktreiche Zeit hin"

(Bild: Halfpoint/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
Inhaltsverzeichnis

Der Wohlstand in Deutschland ist hoch wie nie, allerdings verteilt er sich immer ungleichmäßiger. Nie gab es mehr Beschäftigung, aber auch nie mehr schlecht bezahlte Jobs. Menschen und Roboter konkurrieren um Arbeit und dem Arbeitsmarkt in Deutschland scheint der Nachwuchs auszugehen. Auf dem internationalen Parkett wird mit Strafzöllen und zunehmend mit Sanktionen Wirtschafts- und Weltpolitik gemacht.

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"Der Umgang zwischen den Volkswirtschaften wird rauer, die Methoden rabiater", sagt die Soziologin Sabine Pfeiffer. Sie ist Professorin an der Universität Erlangen-Nürnberg mit dem Forschungsschwerpunkt Technik, Arbeit, Gesellschaft. Pfeiffer prognostiziert eine konfliktreiche Zukunft, mitausgelöst durch die ökologische Katastrophe, die Ressourcen wie Wasser zum wichtigsten Gut machen.

Immer weniger Arbeitskräften stehen immer mehr Robotern gegenüber. Was wird zuerst knapp: die Arbeit, weil sie intelligente Maschinen machen oder die Arbeitskräfte, weil es am Nachwuchs mangelt?

Es mangelt schon an jungen Menschen, schlimmer aber ist, wie wir mit den wenigen umgehen: Seit Jahren verlieren wir pro Jahr um die 200.000 Schüler, die keine Ausbildung beginnen oder es als ungelernte nicht in den Arbeitsmarkt schaffen. Solange uns dafür keine Lösungen einfallen, müssen wir nicht über die Konkurrenz von Robotern jammern. Am anderen Ende der Altersskala haben es arbeitslose Ingenieure über 50 schwer, eine Stelle zu finden, trotz beklagtem Fachkräftemangel in diesem Segment. Anstatt ständig über fehlendes Personal zu klagen, sollten die Unternehmen mal in Ecken schauen, die sie bislang meiden.

Und was ist mit den Konkurrenten, den Robotern?

Wie viel Arbeit die uns scheinbar wegnehmen, darauf wird zu häufig eine einseitige und methodisch unseriöse Antwort gegeben. Man muss auch sehen, was Automatisierung und Digitalisierung an neuen Stellen schafft.

Mensch und Maschine werden also weiterhin um Arbeitsplätze konkurrieren?

Ja, zweifelsfrei. Das liegt in der Logik unseres Wirtschaftssystems, dass Maschinen überall dort eingesetzt werden, wo sie Menschen ersetzen können. Wir sehen aber auch in unserer schon stark automatisierten Arbeitslandschaft, dass bereits Grenzen der Automatisierung erreicht wurden. In der Fertigung von Autos ist mit noch mehr Technik nicht mehr so viel Mensch zu ersetzen. Digitalisierung bedeutet dort, Prozesse besser steuern zu können. Automatisierung heißt nicht zwangsläufig Rationalisierung von Arbeit.

Die Menschen müssen also keine Angst haben, dass Maschinen ihnen die Arbeit wegnehmen?

Arbeit wird verlagert und Tätigkeiten ersetzt. Das passiert immer schon, damit muss man also immer rechnen. Und wenn ein Algorithmus eine Tätigkeit ersetzen kann, wird man ihn einsetzen. Das muss aber nicht den ganzen Arbeitsplatz kosten. Wir tun immer so, als wäre das ein Spiel zwischen Mensch und Maschine, tatsächlich ist es eines zwischen Unternehmen und Beschäftigten, Technikgestaltung und Organisation der Arbeit. Wieviel Arbeitslosigkeit dabei produziert wird, entscheidet sich am Ende auf dem Markt: Kriegt man das Mehr an Produkten auch verkauft?

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB, die Forschungseinrichtung der Bundesagentur für Arbeit, geht in Zukunft von Vollbeschäftigung und niedriger Arbeitslosigkeit aus. Wie ist Ihre Meinung?

Richtig ist: Vor Corona hatten wir so viel Beschäftigung wie nie, allerdings weniger gute Beschäftigung als früher. Insoweit ist die Prognose teils nachvollziehbar. Allerdings kann auch das IAB nicht das Weltmarktgeschehen vorhersagen. Die Corona-Maßnahmen haben in manchen Branchen verheerende Effekte erzeugt. Wie lange und wie intensiv die nachwirken, wird sich zeigen.