Perlen auf das Eis
Die Diskussion um Geo-Engineering hört nicht auf. Jetzt will ein US-Unternehmen Glasperlen in der Arktis ausbringen.
Wie sehr sauberere Luft zur globalen Erwärmung beiträgt, hat ein Forscherteam aus den USA und China analysiert. Denn China hat seine Schwefeldioxid-Emissionen zwischen 2006 und 2017 um 70 Prozent reduziert - vor allem durch die Modernisierung von Kraftwerken und die verpflichtende Installation von Filtern. Das wird jedoch - im Verlauf des Jahrhunderts - zu einem globalen Temperaturanstieg von 0,1 Grad führen, haben die Forscher durch den Vergleich von Klimasimulationen errechnet.
Kleiner Trost: Die Chinesen sind nicht die ersten, denen dieses Kunststück gelungen ist. Bereits 2016 veröffentlichten Forscher der Universität Stockholm eine Studie, in der sie berechnet hatten, dass die schärferen Emissionsschutzgesetze, die 1980 in den USA erlassen wurden, zu einer durchschnittlichen Erwärmung an der Ostküste um 0,35 Grad Celsius beigetragen. Und die Verschärfung der europäischen Abgasbestimmungen für Diesel haben nach Abschätzungen der Forscher zu einer Erwärmung der Arktis um 0,5 Grad beigetragen.
Diese Zahlen dürften die Befürworter des Geoengineering freuen. Denn sie argumentieren schon länger, dass die gezielte Injektion von kleinsten Partikeln - zum Beispiel aus Schwefeldioxid - in die Schichten der oberen Atmosphäre die Erde abschatten, so dass der Klimawandel gebremst werden könnte. Ziemlich vielen Wissenschaftlern stehen angesichts solcher Gedankenspiele zwar die Haare zu Berge, weil es dabei zu unkontrollierbaren Störungen des Klimasystems kommen könnte. Je offensichtlicher aber die Politik angesichts des Klimawandels versagt, umso mehr Stimmen werden laut, Geoengineering sozusagen als letzen Ausweg, als technische Notbremse zu betrachten, deren Verwendung alternativlos ist.
Der jüngste Plan aus dieser Ecke mutet eher künstlerisch an: Das Arctic Ice Project möchte kleine Glaskügelchen in der Arktis verstreuen, die die Reflexionsfähigkeit der Eis-Oberfläche erhöhen. Kein Scherz! Erste kleine Feldversuche hätten ergeben, dass das im Prinzip funktioniert. Die Produktion und das Ausbringen der Kügelchen dürfte nach sehr grobe Schätzungen allerdings irgendwas zwischen einer und fünf Milliarden Euro kosten - mal abgesehen von den möglichen Folgen für das Ökosystem. Vielleicht ist das chinesische Beispiel in diesem Zusammenhang ja ganz lehrreich: In komplexen Systemen reicht es oft nicht, in einfachen Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen zu denken.
(wst)