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Was war. Was wird. Von Steuern, seltsamen Frühstücken und anderen Dankbarkeiten

Ha, endlich im Homeoffice! Ach, das ist nicht immer ein Anlass zur Freude? So was aber auch. Hal Faber widmet sich diversen seltsamen Ereignissen rundherum.

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Es ist nicht einfach. Es ist nicht einfach. Es ist nicht einfach. Es ist nicht einfach. Manches Mal platzt schier der Kopf, weil der Eindruck entsteht, die Menschheit habe angesichts selten dämlicher Mitglieder den Untergang verdient.

(Bild: PHOTOCREO Michal Bednarek/Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

*** "Marmelade! I like marmelade!" - zwar gibt's hierzulande keine Ausgangssperre, was "Lockdown" eigentlich bedeutet, und nein, an einem Mund-Nasen-Schutz stirbt man nicht, an SARS-CoV-2 allzu oft schon. Oder an den Auswirkungen der Infektion auf schon geschädigte oder kranke Organe. Aber man sitzt nun doch ganz schön oft zu Hause, nach dem Homeoffice gehts in den Home-Feierabend. Und das Sekt-Frühstück sowie der sonntägliche Brunch fallen auch aus, egal, ob in der Hipster-Zentrale Berlin-Mitte oder bei den eher nüchternen Einwohnern der schönsten Stadt der Welt in der norddeutschen Tiefebene. Da muss man sich halt mal mit eher psychedelischer Marmelade begnügen, soll ja früher auch geturnt haben.

Überlebensgroß.

*** Womit wir mitten im Thema wären. Nein, nicht was am besten turnt oder woran man stirbt. Obschon sich die kleine Wochenschau eher den Ereignissen rund um die Informationstechnologie widmet, die es nicht in den wunderbar schnurrenden Newsticker geschafft haben. Diesmal ist das anders, denn die meistdiskutierte Frage der Woche, ob das Arbeiten im Homeoffice mit einer Steuer belegt werden soll, verdient nähere Betrachtung. Nach dem Problembären haben wir nun einen Problembanker, der sich daran machen möchte, die "Bohemians in Paradise" zur Kasse zu bitten. Die angeblich so wieder hergestellte gerechte Umverteilung hat Spott und ordentlich Kritik geerntet. Auch der Hinweis fehlte nicht, dass die Deutsche Bank als Kreditgeber von Donald Trump sich lieber um reale als erfundenen Probleme kümmern sollte. Gelehrte Hinweise gingen zurück bis zur Nilschlammsteuer der alten Ägypter oder der Urinsteuer der Römer, die von denen zu bezahlen war, die das Ammoniak verarbeiteten. Wehmütige Naturen dachten an die Fenstersteuer im Homeoffice, die dazu führen könnte, dass wir uns im "Lockdown Light" auch noch einmauern, um die Steuer zu umgehen. Und was ist eigentlich aus der SMS-Steuer geworden, die Irland und Italien einführen wollten? Was uns wiederum zu einer Steuer bringt, die man für Zoom-. Jitsi- oder Teams-Konferenzen erheben könnte. Von der ganzen Irrsinnsdebatte um die Sonnenlichtsteuerpläne eines Sigmar Gabriel wollen wir lieber schweigen. Unterdessen können wir lesen, dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil bei seinem geplanten Recht auf Homeoffice zurückrudern möchte. Ach, darf er das? Und muss man nicht beim Rudern auf dem Home Trainer im Homeoffice Steuern zahlen?

*** Nun kennen Staaten noch andere Einnahmen als die aus der Besteuerung von Perücken, Bärten oder Luxuswagen. Man denke nur an den Immobilienkauf auf Zypern, mit dem sich Nicht-Europäer auf Zypern en passant einen europäischen Pass kaufen können, der das Reisen und Verweilen in unserer vielfältigen Kulturlandschaft bequemer macht. Ein Argument, das offenbar auch einen Eric Emerson Schmidt überzeugte, bis vor Kurzem noch Chairman von Alphabet, der Schirmgesellschaft aller Google-Firmen. Schmidt, der schon den US-Präsidenten Obama beraten hat, sitzt nun als zypriotischer Amerikaner im Team von Joe Biden, dem nächsten US-Präsidenten. Dafür wird er wohl seinen Posten aufgeben müssen, den Bundesstaat New York bei der Bewältigung der Corona-Pandemie zu helfen. Erinnert sei an seinen Satz, dass wir alle etwas dankbarer sein sollten, was die Unterstützung durch Big Tech in diesen harten Zeiten anbelangt, nicht nur bei den zusätzlichen Steuern für die Arbeit im Homeoffice, sondern für die Arbeit im Homeoffice.

*** Auch Joe Biden arbeitet mit seinem Transition Team im Homeoffice. Donald Trump verwehrt ihm den Zugang zu den Finanzmitteln, den täglichen Berichten der Geheimdienste, des Gesundheitsministeriums. The Donald soll damit beschäftigt sein, ein "Trump TV" zu planen, in dem er die Zeit bis zur Wahl 2024 mit einer Art konföderierten Exilregierung golfspielend überbrücken kann. Daneben gibt es viel zu tun: Belastende Dokumente müssen gelöscht werden, die übliche Präsidentenbibliothek muss eingerichtet werden. Erste, sehr gelungene Entwürfe gibt es schon, auch das Archiv ist bereits angelegt und wird laufend erweitert. Inmitten all dieser Arbeiten hat der Landschaftsgärtnerei-Fan Rudy Giuliani die Hege und Pflege der Klagen übernommen, die in einigen wenigen US-Bundesstaaten noch anhängig sind, nachdem die beiden großen Anwaltskanzleien von der Bildfläche verschwunden sind. So bereitet man sich auf den Thanksgiving Day vor.

*** Thanksgiving ist in den USA ein Tag, den man mit der Familie verbringt und dabei einen Vogel verspeist. Auf Facebook und Twitter kursierte daher eine Art familiärer Dienstanweisung des künftigen US-Präsidenten Joe Biden, die dieser als Vizepräsident im November 2014 an alle Mitglieder seines Stabes verschickte. Die tageszeitung vergrößerte "Joes Memo" ins Riesige und druckte es als "Zeichen der Hoffnung" auf einer Zeitungsseite ab, wie oben zu sehen ist. Man hat Verpflichtung gegenüber der Familie, ob diese schwarz, weiß, divers, jüdisch oder säkular lebt, man hat Verpflichtungen auch im Fall von Krankheit oder Tod. Ob in der Pandemie mehr als 10 Familienmitglieder zusammenkommen können, ob damit die Zahl der Corona-Fälle in den USA erneut deutlich steigen wird, ist dann die nächste Frage. Dementsprechend länger ist das Memo ausgefallen, dass Wissenschaftler an Joe Biden geschickt haben. Es zeigt vor allem, wie hilf- und kopflos die Regierung Trump selbst jetzt noch agiert – wenn sie überhaupt agiert. Die meisten Mitarbeiter sind mit Thanksgiving-Reiseplänen beschäftigt oder verschanzen sich im Weißen Haus.

*** Was sind eigentlich die "rot-rot-grün-gelb verschanzten Datenschützer", die von einem erzürnten Kommentator der Frankfurter Allgemeinen dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Bundesregierung seit Jahren in der Terrorbekämpfung nicht vorankommt? Mindestens ein bisschen Rot ist ja in der Regierung, davor war etwas Gelb dabei. Und immer, immer ist die Regierung daran gescheitert, "zeitgemäße Fahndungsmethoden" nutzen zu können. Was zeitgemäß ist, wird nicht beim Namen genannt, doch deutlich wird, dass damit der unbegrenzte Datenaustausch der Nachrichtendienste gemeint ist, gern mit zusätzlichen Komponenten wie der Online-Durchsuchung mit Hilfe eines Staatstrojaners. "Noch mehr Überwachung wagen", das ist die europäische Devise, wenn der "rechtmäßige Zugang zu verschlüsselten Daten" für Strafverfolger und Justizbehörden erhalten bleiben muss. Nennen wir es den "schwarzen Kanal", den die Hardliner in den Innenministerien gegen diese rotrotgrüngelb verfärbten Datenschützer öffnen wollen. Von Grundrechten sind dann nur noch Spurenelemente vorhanden. Dazu passt bestens ein Innenminister, der bei "Baltic Shooter" eine Waffe kauft und das lange Zeit nicht zugeben wollte und das Privatleben als Privatleben über alles stellte. Das ist schwarzer Datenschutz.

Mit dem zu versteuernden Arbeiten im Homeoffice begann dieser Rückblick, mit dem gesteuerten Verhör im Homeoffice soll er enden: Am kommenden Donnerstag beginnen in Berlin im Bundestag die Verhandlungen des Untersuchungsausschusses im Fall Wirecard. Zwei Top-Manager der Firma und ihr Chef Markus Braun sollen verhört werden, doch soll eine immense Gefahr eines Angriffes durch Dritte drohen, wie berichtet wird. Weil der geflüchtete Wirecard-Manager Jan Marsalek sehr gute Nachrichtendienst-Kontakte zu mehreren dieser Dienste hatte, soll man auf ein Verhör vor Ort verzichten und dieses lieber online durchführen. Da können die nicht so netten Dienste wenig ausrichten, während bei einer Befragung vor Ort höchste Gefahr für alle im Anzug ist. Es brauche eine "Mords-Logistik", diese Gefahr abzuwehren. Alle drei Haftanstalten, in denen die Kronzeugen sicher aufbewahrt werden, bieten Videokonferenzen an. Überdies soll es ein erhöhtes Ansteckungsrisiko in Berliner Gefängnissen geben, in denen die Kronzeugen übernachten müssen – mindestens so hoch wie an Berliner Schulen, die bekanntlich weiterhin geöffnet bleiben.

Die Zukunft war auch schon mal zukünftiger.

(Bild: Andy.LIU / shutterstock.com)

So, wie Wirecard als Zukunft des Fintech bejubelt wurde, so wurden in der Vergangenheit heutige Alltagstechnologien wie Videokonferenzen und Flugtaxis behandelt. Zu solchen Themen öffnet am Mittwoch das Museum für Kommunikation eine kleine Ausstellung mit lustigen Bildern vergangener Visionen. Natürlich ist das Museum geschlossen und so sind die Technikvisionen zwischen Fiktion und Realität nur virtuell mit einem sogenannten Expotizer begehbar. Das muss ja nicht hinderlich sein, wenn es um die heile Vergangenheit, um Unterwasserstädte, Jetpacks und Rohrpostsysteme geht. So kann man lernen, dass wir mit dem Hyperloop auch schon einmal weiter waren, wie wiederum zahlreiche Kommentare der kenntnisreichen Leserschaft zeigen. Aber hach, es war einfach Awesome, so Awesome.

(jk)