EU-Parlament fordert Recht auf Reparatur und grüne Industriestrategie

Die EU-Abgeordneten wollen der Obsoleszenz etwa von Smartphones entgegenwirken, setzen sich für sichere Software und KI sowie eine CO2-arme Industrie ein.

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(Bild: PK Studio/Shutterstock.com)

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Mit großen Mehrheiten hat das EU-Parlament am Mittwoch einige Initiativen auf den Weg gebracht, mit dem die Nachhaltigkeit und die Sicherheit von Produkten gestärkt werden sollen. Der Verbraucherschutz soll besser werden, die Industrie insgesamt mehr Treibhausgase einsparen und klimaneutral werden. Als Treiber sollen Energieeffizienz, erneuerbare Energien und der Einstieg in die Kreislaufwirtschaft zum Einsatz kommen.

Teil des Pakets ist eine Entschließung für einen umweltverträglichen Binnenmarkt für Unternehmen und Verbraucher. Die Abgeordneten rufen damit die EU-Kommission auf, zeitnah ein "Recht auf Reparatur" mit Anleitungen und Ersatzteilen einzuführen und ihren Ankündigungen rasch Taten folgen zu lassen.

Das Parlament will auch der geplanten Obsoleszenz entgegenwirken. So sollen Praktiken eingeschränkt werden, die die Lebensdauer eines Produkts absichtlich verkürzen und zu vorzeitigem Verschleiß führen. Die Parlamentarier wollen erreichen, dass Sicherheitsupdates für bestimmte digitale Geräte während der gesamten geplanten Lebensdauer geliefert werden müssen. Es dürfe in diesem Zeitraum auch nicht zu unerwarteten Leistungsverlusten kommen.

Weiter fordern die Abgeordneten die Kommission auf, eine Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen nach ihrer Haltbarkeit in Betracht zu ziehen. Nötig seien etwa Möglichkeiten, die Umweltkosten ermessen zu können, sowie klare Informationen über die geschätzte Lebensdauer eines Produkts. So soll der Markt für Gebrauchtwaren und nachhaltigere Herstellungspraktiken gefördert werden.

Um Elektroschrott zu reduzieren, drängt die Parlamentarier erneut auf ein einheitliches System für Ladegeräte. Eigentlich bestehen schon seit Jahren EU-Vorgaben, wonach Hersteller von Mobiltelefonen, Tablets und anderer das Funkspektrum nutzender Geräte ihren Kunden einen universellen Ladestecker liefern müssen. Konzerne wie der iPhone-Hersteller Apple befolgen diese nicht wasserdicht formulierten Auflagen bislang aber nur teilweise.

Für Produkte, die den Anspruch erheben, umweltfreundlich zu sein, soll es klare Richtlinien geben. Es gehe darum, "Greenwashing" zu vermeiden. Ein Zertifizierungsprogramm für ein neues Umweltzeichen könne hier helfen, einheitliche Kriterien zu befolgen und Behauptungen leichter zu überprüfen.

In einer weiteren, fast einstimmig verabschiedeten Resolution zur Produktsicherheit im Binnenmarkt nehmen die Abgeordneten vor allem Online-Marktplätze in den Blick, auf denen Produkte gehandelt werden, die gefährliche Chemikalien oder unsichere Software enthalten sowie andere Sicherheitsrisiken bergen.

In der Entschließung geht es auch um die Sicherheit von Künstlicher Intelligenz (KI). Die Kommission soll demnach wirksame Kontrollmechanismen für Hochrisikoprodukte mit eingebetteter KI einführen. Richtlinien für den Gebrauch von Maschinen oder zur Produkthaftung müssten an die zunehmende Digitalisierung angepasst werden.

"Wir benötigen einheitliche, hohe Sicherheitsstandards, um das Vertrauen der Bürger in neuartige Technologien zu erhöhen und den europäischen Binnenmarkt zu stärken", betonte Berichterstatterin Marion Walsmann (CDU). Die Kommission sollte die allgemeine Produktsicherheitsrichtlinie rasch überarbeiten. Bei beiden Entschließungen folgte das Plenum Empfehlungen aus dem Binnenmarkt-Ausschuss.

In einem Bericht spricht sich das Parlament ferner dafür aus, dass die Kommission ihre Industriestrategie stärker auf den Green Deal und die Einsparung von Treibhausgasen ausrichtet. Es macht sich für einen raschen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen stark. Investitionen der Wirtschaft sollen kompatibel mit den Klimazielen sein. In einer ersten Phase sollen aber Arbeitsplätze gerettet und die Produktion auf eine "neue Normalität" nach der Corona-Krise ausgerichtet werden.

(vbr)