Studie: Zahl der E-Autos soll sich weltweit bis 2030 verdreißigfachen

150 Millionen E-Fahrzeuge sollen in zehn Jahren global auf den Straßen unterwegs sein statt 4,8 Millionen 2019, schätzen Forscher. Das Ladeproblem sei lösbar.

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BMW

(Bild: BMW)

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Die Bedeutung der Elektromobilität wird global deutlich steigen. Diese Entwicklung beschreibt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik, Informationstechnik e.V. (VDE) in seiner jetzt veröffentlichten Studie "Logistik, Energie und Mobilität 2030" (PDF). 2019 betrug die Zahl der Elektroautos inklusive Plug-in-Hybriden und Brennstoffzellenfahrzeugen demnach weltweit 4,79 Millionen. Die Experten schätzen: Bis zum Jahr 2030 wird sich diese Zahl bis auf 150 Millionen verdreißigfachen.

"Batterien sind für den Einsatz in den Bereichen Mobilität und Logistik bereits hinreichend gut entwickelt", heißt es in der Analyse des VDE, die im Rahmen des Programms "IKT für Elektromobilität" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) entstanden ist. Weitere Optimierungen im Bereich der Herstellungs- und Materialkosten seien durch optimierte und automatisierte Produktionsabläufe sowie durch neue Materialinnovationen zu erwarten, die oft auch eine Energiesteigerung mit sich brächten.

Derzeit wird für den Antrieb von batterieelektrischen Fahrzeugen auf die Lithium-Ionen-Technologie gesetzt, bei der den Wissenschaftlern zufolge asiatische Hersteller einen Wissensvorsprung vor deutschen haben. Durch die Kombination von neuen Anodenmaterialien wie etwa Lithium-Metall mit Festkörperelektrolyt lasse sich die Energiedichte einer Batteriezelle steigern. In der Praxis müssten dafür aber noch die Produktionsverfahren für die Umsetzung definiert werden. Der Einsatz im Anwendungsfeld der E-Mobilität werde nicht vor 2030 erwartet.

Brennstoffzellen stellen nach Ansicht der Verfasser vor allem für den Schwerlast- und Fernverkehr binnen zehn Jahren eine flexible und technisch ausgereifte Antriebsenergie dar. Die Durchdringung des Marktes mit Wasserstofffahrzeugen erfolge voraussichtlich erst zwischen 2030 und 2050.

Auch in einer Dekade werden laut der Studie noch Fahrzeuge mit fossilen Energieträgern wie Benzin oder Diesel betrieben, denn weitere alternative Kraftstoffe stünden bis dahin noch nicht ausreichend zur Verfügung, um Verbrennerfahrzeuge zu ersetzen. Aktuell würden zu über 90 Prozent aus Mineralöl gewonnene Brennstoffe eingesetzt. Biokraftstoffe und Strom spielten nur eine geringfügige Rolle. Ein "Weiter so" stehe im Hinblick auf die Emission von Treibhausgasen gesamtgesellschaftlich aber nicht zur Debatte.

Der Energiemarkt wird in Zukunft heterogener, prognostizieren die Forscher. Um die kontinuierliche Aufnahme und den Ausbau regenerativer Energien in den Strommix zu gewährleisten, müssten die Netzentgelte und die EEG-Umlage stetig weiterentwickelt werden. Die Stabilität der Netze sei auch bei fluktuierender Einspeisung zu gewährleisten. Andererseits sollte das Abregeln in Zeiten hohen Energieertrages durch flexible Speicherlösungen wie stationäre Speicherbatterien oder die Umwandlung in Wasserstoff vermieden werden. Ein grundlegender Transformationsprozess in diese Richtung müsse bis 2030 erfolgt sein. Eine weitere EEG-Reform sei nötig, um vor allem die Potenziale von Solaranlagen auszuschöpfen.

Auf die veränderten Rahmenbedingungen hin müsse auch die Infrastruktur ausgerichtet werden, geht aus der Untersuchung hervor. Ladetechnologien und -infrastrukturen sollten sowohl für batteriebetriebene Autos als auch für Brennstoffzellenfahrzeuge ausgebaut werden. Für das Stromnetz stelle die stetige Zunahme der E-Mobilität eine "anspruchsvolle, aber bewältigbare Herausforderung" dar. Die hierzulande angestrebten zehn Millionen E-Fahrzeuge benötigten 2030 eine Ladeleistung von 10 GW, was bei einer Gesamtlast von rund 80 GW im Übertragungsnetz einen Anteil von 12,5 Prozent betrage. Realistische Abschätzungen der Auswirkungen ladender Fahrzeuge auf das Stromnetz seien nötig.

Vollautonome Fahrzeuge werden in zehn Jahren allenfalls "als Einzelfalllösungen" eingesetzt, tippen die Autoren. So könnten für die Personenbeförderung bis dahin vermehrt teil- bis hochautomatiserte und vollautonome Kleinbusse genutzt werden. Hier seien vor allem Lösungen im Sinne von Zubringer- und Verteilverkehren durch eine intelligente Vernetzung mit bestehenden Verkehrsangeboten vielversprechend. Technisch müssten Robo-Autos dafür an den fließenden Verkehr angepasst werden: "Insbesondere im Hinblick auf Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit der Fahrzeuge sind hohe technische Hürden zu nehmen". Ferner sei noch eine regulatorische Freigabe durch den Gesetzgeber erforderlich.

Die Verkehrsleistung wird in der nächsten Dekade stetig zunehmen, ist in dem Bericht zu lesen. Die wichtigsten Straßen- und Schienenwege würden verstärkt überbelegt. Da kein unbegrenzter Ausbau möglich sei, müsse die Auslastung bestehender Netze optimiert werden: "Andernfalls wird das Transportvolumen aufgrund von Staus auf Autobahnen, stehender Güterzüge und festsitzender Binnenschiffe nicht mehr wachsen können".

Die Anzahl und Gestalt von Logistikakteuren und Mobilitätsdienstleistern wird vielfältiger, nehmen die Forscher an. Angebote würden maßgeblich von der Digitalisierung getrieben, was eine bessere Abstimmung von Angebot und Nachfrage des Personenverkehrs ermögliche. Angesichts der zu erwartenden Bevölkerungszunahme insbesondere in den Metropolregionen müssten hier innovative Lösungen gefunden werden.

Anhand von zwei Szenarien mit einem "Fliegenroboter" (Flybot) und einer "Litfaß-Logistik" mit "Mikro-Depots" als weiterer Packstationen zum Abholen beschreiben die Wissenschaftler zwei alternative Zustellkonzepte, bei denen autonome beziehungsweise automatisierte Systeme genutzt werden.

Mit "Paket-Concierge" und "Last Mile Market" umreißen die Autoren zudem zwei plattformbasierte Konzepte für den Transport über die letzte Meile. Beim ersten steht die Reduzierung der Einzelzustellungen im Zentrum, mit dem zweiten sollen vorhandene Zustellkapazitäten im Markt besser ausgelastet werden. "DBee-Logistik" richtet sich auf den Transport von Brief- und Paketsendungen über weite Strecken. Die Schiene soll dabei mithilfe autonomer Containerlösungen wieder stärker zum Zug kommen.

(tig)