Kontakt-Nachverfolgung: Lob für Luca, Telekom und SAP halten dagegen

Die Länder beraten, ob sie die Luca-App flächendeckend zum Kontakt-Tracing einsetzen wollen. Die Corona-Warn-App könnte entsprechend aufgerüstet werden.

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(Bild: Elizaveta Galitckaia / Shutterstock.com)

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Bund und Länder haben in der ersten Märzwoche vereinbart, dass im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie "die verpflichtende Dokumentation zur Kontaktnachverfolgung auch in elektronischer Form, zum Beispiel über Apps erfolgen kann". Im Licht der Öffentlichkeit steht dabei momentan vor allem die Luca-App des Berliner Startups Nexenio, für das insbesondere Smudo von den Fanta Vier trommelt.

Die Mobilanwendung hat viele Fans. Durch den Lockdown gebeutelte Branchen wie Gastronomie und Kultur erhoffen sich von ihr einen großen Schritt hin zu Öffnungskonzepten. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) kündigte am Sonntag an, dass man die Luca-App als erstes Bundesland flächendeckend, freiwillig und "kostenlos" flächendeckend in allen öffnungswilligen Bereichen einsetzen und so die "Zettelwirtschaft" beenden werde. Lizenzgebühren für die Betreiber zahle die Landesregierung, Menschen ohne Smartphone könnten sich über einen Schlüsselanhänger "im Einzelhandel, Restaurant oder Fitness-Studio" einloggen. Die Lizenz und der Betrieb für ein Jahr sollen zusammen 440.000 Euro kosten, heißt es in dem bereits am Freitag geschlossenen Vertrag.

Die Leiter der Staats- und Senatskanzleien der Länder beraten aktuell mit dem Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun (CDU), über eine mögliche bundeseinheitliche Lösung. Zeit, Ort und Erreichbarkeit der Kontaktperson müssten damit "hinreichend präzise dokumentiert werden und die Daten im Falle eines Infektionsgeschehens unmittelbar dem zuständigen Gesundheitsamt in einer nutzbaren Form zur Verfügung gestellt werden", hatte es vorab geheißen. Denkbar sei aber auch, "ein technisches Gateway für den Zugang zu den Gesundheitsämtern" zu entwickeln und etwa an Sormas anzugliedern.

Eine Initiative von Startups, die eigene Lösungen für digitale Check-ins anbieten, hat sich gegen eine exklusive bundesweite Einführung der Luca-App ausgesprochen. Am Sonntag schalteten sich mit T-Systems (Deutsche Telekom) und SAP auch die Hauptentwickler der auf das Unterbrechen von Infektionsketten ausgerichteten Corona-Warn-App (CWA) ein. Sie bieten laut einer heise online vorliegenden Skizze an, mit einem "Open Standard Gateway" eine "offene Plattform für die digitale Kontaktnachverfolgung" zu bauen.

Ein entsprechendes System sei bereits zu 80 Prozent entwickelt und werde vom saarländischen SAP-Partner Abat+ zusammen mit dem CWA-Konsortium vorangetrieben, heißt es in dem Papier. Betriebskonzepte und Netzwerkdesign inklusive des Übergangs in das gesicherte Bundesnetz seien in Arbeit. Sämtliche einschlägigen existierenden Anwendungen von "Darf ich rein" über "Bin da" bis Luca würden "proaktiv über eine Community eingebunden und in den notwendigen Anpassungsarbeiten unterstützt".

"Die CWA kann ebenfalls kurzfristig für den Rollout der Funktion ertüchtigt werden und dann neben den anderen Apps zum Einsatz kommen", schreiben T-Systems und SAP. Diese sollte die Funktion mit ihrer "massiven Nutzerbasis" von 26 Millionen zusätzlich zu einer voraussichtlich im April kommenden Cluster-Erkennung ebenfalls implementieren, um wirklich "flächig eine strukturierte Öffnung" von Events und Lokationen zu unterstützen. Die Plattform werde in das Open-Source-Programm der CWA aufgenommen und auf GitHub publiziert. Die Gesundheitsämter würden zunächst einfach durch einen portalbasierten Zugriff angebunden. Ein Download der Listen für einen Import in Sormas werde unterstützt, eine tiefere Integration könne erfolgen.

Bisher hatte das Bundesgesundheitsministerium eine Check-in-Option über die Corona-Warn-App abgelehnt, um die Freiwilligkeit des Einsatzes zu bekräftigen. Die geplante Cluster-Option sieht nun vor, dass Nutzer mit einem QR-Code in Örtlichkeiten und bei Veranstaltungen einchecken können. Damit sollen sie Kontakte desselben Events über eine Infektion warnen können, auch wenn diese weiter als zwei Meter von Ihnen entfernt sind und die normale Bluetooth-Messung so nicht greift. Kontaktdaten werden aber nicht ans Gesundheitsamt übermittelt.