IT-Branche sieht sich durch Urheberrechtsabgabe existenziell bedroht

Der vom Bundesjustizministerium eingeleitete Vermittlungsprozess im Streit mit den Verwertungsgesellschaften hat sich festgefahren.

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Im andauernden Streit um das Zahlen von Urheberrechtsabgaben für PCs und andere elektronische Geräte wie CD-Brenner sieht die Computerindustrie keinen Raum zum Einlenken mehr. "Die Verwertungsgesellschaften hatten zuletzt eine Pauschale von 59 Mark pro PC angeraten", erklärt Karola Bode, Leiterin der Abteilung Verbraucherprodukte bei Compaq. "Damit wären wir nicht mehr wettbewerbsfähig im Markt." Schließlich stehe die gesamte Branche unter einem enormen Kostendruck und "wir reden da von drei bis vier Prozent Mehrkosten". Im Jahr 2001 habe Compaq rund 800.000 Computer hierzulande verkauft, sodass sich die Abgaben auf 46 Millionen Mark summieren würden. Wenn der Hersteller diese Summe tatsächlich rückwirkend bezahlen müsste, wie es die Vertreter der Urheber fordern, "würde uns das killen".

Für Compaq stellt sich noch vor einer Entscheidung mit Hilfe des als Vermittlungsinstanz agierenden Bundesjustizministeriums nun die Frage, ob der Vertrieb aus dem Ausland nicht viel sinnvoller sei. Damit würden "dramatische Themen" angeschnitten wie der Wegfall von Arbeitsplätzen und Steuerausfälle, sagte die Compaq-Managerin auf der Berliner Konferenz zum Digital Rights Management. Auch der Chef von Hewlett-Packard Deutschland, Hans-Jochen Lückefett, betrachtet die Einführung neuer Abgaben für IT-Geräte als "hinderlich", weil die Branche ja auch in anderen Bereichen wie der im Raum stehenden Rundfunkgebühr für PCs als Cash-Cow herhalten solle.

Ferdinand Melichar, Chef der Verwertungsgesellschaft Wort, kann die erneut heraufbeschworene Aufregung dagegen nicht verstehen: "Wir haben bereits für fünf Jahre auf Vergütungen von PCs nach § 54a des Urheberrechtgesetzes verzichtet." Das Moratorium sei bereits 1999 ausgelaufen, sodass die Gerätehersteller ausreichend Zeit zur Anpassung ihrer Geschäftsmodelle gehabt hätten. Nun würde seit anderthalb Jahren verhandelt, obwohl "vernünftige Lösungen auf dem Tisch liegen." Über ein generelles "Auslaufen" von pauschalen Vergütungsabgaben, für die sich die Medienwirtschaft vehement einsetzt, will Melichar keinesfalls reden. Auch falls individuelle Abrechnungsformen von urheberrechtlich geschütztem Content in Zukunft die bisherigen, über das Recht auf die Privatkopie zugelassenen Nutzungsformen ergänzen würden, sei allenfalls über die Höhe der Abgabe zu diskutieren.

Elmar Hucko, Abteilungsleiter für Wirtschaftsrecht im Bundesjustizministerium, sieht als Mediator seine Hände gebunden. Seine Ergänzung der Zehn Gebote lautet aber: "Du sollst nicht privat kopieren ohne Kompensation". Die Verwertungsgesellschaften seien daher durchaus im Recht, gerade wenn man bedenke, dass sich etwa mit CD-Brennern "Kopien der S-Klasse" erstellen ließen. Doch trotz solcher "unkeuschen" Geräte sei die Zahlungsbereitschaft in der Industrie nach wie vor gering. "Es wäre für beide Seiten nicht klug, sich hier nicht zu einigen", ermahnte Hucko die beiden Parteien. Aber man könne einen solchen Streit auch nicht gesetzlich angehen. (Stefan Krempl)/ (jk)