Der IT-Branche steht ein weiteres schwieriges Jahr bevor

Das beispiellose Wachstum der Computerindustrie ist im Jahr 2001 nicht nur gestoppt worden: Die Branche musste erstmals schrumpfende Umsätze hinnehmen.

vorlesen Druckansicht 90 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christoph Dernbach
  • dpa

Das beispiellose Wachstum der Computerindustrie ist im Jahr 2001 nicht nur gestoppt worden: Die Branche musste erstmals schrumpfende Umsätze hinnehmen. Und auch im kommenden Jahr sehen die Aussichten nicht rosig aus. Erst für die zweite Jahreshälfte 2002 kann die IT-Industrie auf eine Trendwende hoffen, lautet die fast einhellige Meinung verschiedener Branchenexperten und Industrieführer auf der größten Computermesse in den USA, der Comdex in Las Vegas.

Besonders der Markt für Personal Computer wurde von der schwachen Konjunktur hart getroffen, meint Crawford DelPrete, renommierter Analyst des Marktforschungsunternehmens IDC. In diesem Jahr werde der Umsatz mit PCs um rund zehn Prozent zurückgehen, 2002 werde der Markt um weitere 7,5 Prozent schrumpfen. Die Schwäche des PC-Marktes sei schon vor den Anschlägen in New York und Washington sichtbar gewesen. "Der 11. September hat aber alles verschärft."

Noch schlechter sieht die Situation auf dem Halbleitermarkt aus. Dort kämpfen die Firmen nicht nur mit Absatzrückgängen, sondern gleichzeitig auch mit einem dramatischen Preisverfall für Speicherchips, Mikroprozessoren und andere Halbleiter. Für das laufende Jahr rechnet DelPrete mit einem Umsatzeinbruch um 35 Prozent, 2002 werde der Markt um weitere zehn Prozent schrumpfen. Was den Industrieführern Kopfschmerzen bereitet, bedeutet für den Verbraucher eigentlich eine gute Nachricht. Noch nie zuvor konnte man so viel Rechenleistung und Speicherplatz für so wenig Geld einkaufen wie in diesen Wochen.

Nahezu ausgetrocknet ist auch der Markt der Risiko-Kapitalgeber, die Ende der 90er-Jahre die Internetwirtschaft mit gewaltigen Finanzspritzen aufgebläht hatten. Dabei fehlt es nicht an Geld. "45 Milliarden US-Dollar warten darauf, vernünftig investiert zu werden", sagt Mark Gorenberg vom kalifornischen Venture-Capital-Unternehmen Hummer Winblad. Zurzeit seien die meisten Kapitalgeber damit beschäftigt, ihre existierenden Investments in die jungen Firmen der Computer- und Softwareindustrie zu ordnen. Irgendwann werde es aber auch wieder neue Investitionen geben. "In den vergangenen zwei Jahren wurden mehr Informationen erzeugt als in der gesamten Menschheitsgeschichte zuvor. Das kann man nur durch aufwendige IT-Projekte in den Griff bekommen."

Die schwierige Marktsituation ist auch an der Comdex-Messe in Las Vegas nicht spurlos vorüber gegangen. Die Unterhaltungsmetropole in der Wüste Nevadas zog in diesem Herbst nicht 200 000 IT-Experten an wie im vergangenen Jahr, sondern nur 120 000 bis 150 000. Manche Firmen haben als Sparmaßnahme solche Messebesuche gestrichen. Manche Comdex-Stammgäste, die nach Las Vegas hätten fliegen können, wollten vor dem Hintergrund der Terrorschläge in diesen Tagen kein Flugzeug besteigen.

Bill Gates, der fast schon traditionell die Comdex mit einer Ansprache eröffnete, versuchte in seiner Rede, den verunsicherten Messebesuchern mit einem pathetischen historischen Vergleich Optimismus zu vermitteln. Der britische Premier Winston Churchill habe 1942, mitten im Zweiten Weltkrieg, gesagt: "Das ist nicht das Ende. Das ist noch nicht einmal der Anfang vom Ende. Es ist aber wahrscheinlich das Ende vom Anfang." (Christoph Dernbach, dpa) / (jk)