Burda-Chef: Facebook & Co. sind Massenmedien ohne Regulierung

Paul-Bernhard Kallen ist dafür, dass es eine Art Bundesnetzagentur für den digitalen Raum gibt, die sozialen Medien auf die Finger schaut.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 17 Kommentare lesen

Ein Ausschnitt aus Burdas-Markenwelt.

(Bild: burda.de / heise online)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

"Facebook ist ein Medienunternehmen – und deshalb für alle Inhalte haftbar." Diesen Standpunkt vertritt Burda-Vorstandsvorsitzender Paul-Bernhard Kallen in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Der Betreiber des sozialen Netzwerks selektiere Inhalte, gewichte Nachrichten und mache sie unterschiedlichen Nutzern zugänglich. Es sei das erste Mal in der Geschichte, dass Massenmedien ohne Regulierung eingeführt wurden.

Der Sturm auf das Kapitol solle allen zu denken geben, meint Kallen. "Die sozialen Medien können Massen mobilisieren, von den sozialen Medien kann eine große Gefahr ausgehen." Vor diesem Hintergrund fordert er eine strikte Regulierung von Facebook, Twitter, Youtube oder Google, denn bisher sei nicht geklärt, wer die Haftung für Inhalte wie die von Donald Trump veröffentlichten trägt.

"Wenn man der Meinung ist, dass Twitter ein Medienunternehmen ist, dann muss die Plattform die Verantwortung" übernehmen; dann wäre es in Ordnung, dass Twitter Trump gesperrt hat, erläutert Kallen. Wenn Twitter aber nur als Plattform gesehen werde, wäre für die Einhaltung der Gesetze der Staat zuständig. "Wir brauchen eine Institution wie die Bundesnetzagentur für den digitalen Raum", fordert Kallen angelehnt an die Behörde, die nach der Aufhebung des staatlichen Monopols für die Telekommunikation eingerichtet wurde.

Facebook will ab Mai dieses Jahres auch in Deutschland kuratierte und personalisierte News von Medien anbieten. Dafür kooperiert das soziale Netzwerk mit zahlreichen Verlagen, unter anderem Die Zeit, Der Spiegel und Gruner+Jahr. Auch Heise Medien wird dabei sein, nicht aber Burda.

Der Chef des Verlags sieht noch unbeantwortete Fragen aus den Verhandlungen mit Facebook. Kallen meint, Quellen dürften nicht verschleiert werden, die Inhalte müssten für alle verfügbar sein und nicht nur selektiv zugänglich gemacht werden. Eine gute Lösung wäre für Kallen, dass Facebook die Verantwortung für die Inhalte wieder auf die Verleger überträgt, "also die Inhalte werden eindeutig auf die Nachrichtenseiten verlinkt und so klargemacht, wer dahintersteht".

Kallen verweist auf den Konflikt zwischen Facebook und der australischen Regierung über das dortige Mediengesetz. Es hatte unter anderem vorgesehen, dass Facebook mit allen Nachrichtenerstellern, die mehr als 150.000 australische Dollar im Jahr umsetzen, Verträge schließen muss. Nachdem Facebook journalistische Nachrichten aus seinem Angebot in Australien entfernte, gab die dortige Regierung nach.

Kallen meint, die großen US-amerikanischen Internetkonzerne seien inzwischen so groß und mächtig wie Staaten, Regierungen wie die in Australien verhandelten mit Facebook nicht auf Augenhöhe, das ergebe Druck, dem Australien nun nachgegeben habe. Das Ergebnis, dass Facebook mit einzelnen Verlagen verhandeln darf, sei weit von dem Gedanken eines allgemeinen Leistungsschutzrechts entfernt.

Ähnliche Pläne, wie sie ursprünglich in Australien verfolgt worden seien, gebe es zu Kallens Bedauern in Deutschland nicht; bis zur Bundestagswahl im Herbst werde es sie wohl auch nicht geben. Er setze aber seine Hoffnung auf die "Kraft von Europa".

Neben Facebook hat Burda zurzeit auch einen Disput mit Google auszutragen, das mit dem Bundesgesundheitsministerium in Gesundheitsthemen kooperiert. Bei 160 Gesundheitsthemen bevorzugt Google die Informationen aus dem Portal des Ministeriums gesund.bund.de. Dagegen ist netdoktor.de aus Kallens Haus vor Gericht gegangen.

Lesen Sie zum Thema auch die Missing Links

Gesundheitsminister Jens Spahn verstoße mit dem Google-Angebot gegen Artikel 5 im Grundgesetz, in dem es auch um die Staatsferne der Presse gehe. Spahn habe sich mit dem größten Monopolisten eingelassen, "das ist starker Tobak". Das Landgericht München hat Burda im Februar vorerst Recht gegeben und die Kooperation zwischen Regierung und Google untersagt.

Hurbert Burda Medien, wie das Medienhaus mit vollem Namen heißt, hat seinen Sitz in Offenburg. Neben den Illustrierten Bunte, Focus und Chip sowie netdoktor.de gehören zu dem Konzern auch das soziale Netzwerk Xing und der Elektronik-Einzelhändler Cyberport.

(anw)