Urteil: Mobilfunkanbieter müssen Endgerätefreiheit sicherstellen​

Das Landgericht München hat entschieden, dass Telefónica beim Tarif "O2 Free Unlimited" den Internetzugang nicht auf Smartphones oder Tablets beschränken darf.

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(Bild: lisyl/Shutterstock.com)

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Mobilfunkanbieter dürfen ihren Kunden nicht vorschreiben, dass diese einen Tarif zum Internetzugang nur mit bestimmten Geräten nutzen dürfen. Dies hat das Landgericht München I nach einer Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen Telefónica Deutschland entschieden. Beim Tarif "O2 Free Unlimited" mit unbegrenztem Datenvolumen hatte der Provider die Internetnutzung nur für Endgeräte erlaubt, die eine mobile Nutzung unabhängig von einem kabelgebundenen Stromanschluss ermöglichen – stationäre LTE-Router waren ausdrücklich ausgeschlossen.

Laut dem jetzt vom vzbv veröffentlichten Urteil (Az.: 12 O 6343/20) vom 28. Januar verstößt diese Schranke gegen die EU-Verordnung für ein offenes Internet von 2015, mit der der europäische Gesetzgeber die Netzneutralität festgeschrieben hat. Diese räumt Verbrauchern das Recht ein, über ihren Internetzugangsdienst Endgeräte ihrer Wahl zu verwenden.

Mit der Vorgabe von Telefónica können laut den Richtern zahlreiche Geräte, die sich für den Internetzugang eigneten und üblich seien, nicht genutzt werden. Das sei mit dem Grundgedanken der Endgerätefreiheit nicht zu vereinbaren. Dies gelte "zunächst uneingeschränkt und untersagt vertragliche Abweichungen zu Lasten des Kunden". Die umstrittene Klausel sei unwirksam, weil sie die Verbraucher als Vertragspartner unangemessen benachteilige.

Die Auffassung der Beklagten, die Vertagspflicht bestehe in der Zurverfügungstellung eines Internetzugangs nur für Mobilgeräte, weil es sich um einen darauf zugeschnittenen Tarif handele, teilte das Gericht nicht. Diese Ansicht beruhe auf einer - letztlich willkürlich - vorgenommenen Unterteilung des Angebots von Internetzugangsdiensten in mobile und stationäre "Produktwelten". Es handele sich letztlich aber um einen allgemeinen Vertrag über die Nutzung eines Online-Zugangs.

Die Einbindung auch kabelgebundener Endgeräte über das sogenannte Tethering reicht dem Beschluss zufolge nicht aus, da es sich dabei um eine "mit erheblichem Zusatzaufwand in Form eines weiteren Geräts verbundene Lösung" handle. Die Richter wunderten sich zudem, dass sich die Klausel "in einer Fußnote zu einer Preisliste" findet. Dies erscheine für solche Ausführungen zu der vertraglichen Hauptleistung "zumindest ungewöhnlich".

Telefónica hatte argumentiert, dass eine Einteilung des Angebots in solche unterschiedlichen Portfolios marktüblich sei. Der Unterschied zwischen mobilen und stationären Zugangsofferten richte sich an unterschiedliche Kundenbedürfnisse. Die Tarife, bei denen die beanstandete Klausel eingesetzt werde, seien für eine mobile, ortsunabhängige Nutzung gedacht und würden den Kunden für genau diesen Einsatzzweck mit verschiedenen Preisen angeboten. Die Verordnung zielt laut dem Netzbetreiber auch nur darauf ab, den Kunden nicht die Nutzung eines ganz bestimmten, möglicherweise anbietereigenen Gerätes vorzuschreiben.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da Telefónica gegen die Entscheidung Berufung beim Oberlandesgericht München (Az.: 29 U 747/21) eingelegt hat. Eine Anfrage von heise online zu den Gründen für diesen Schritt und nach einem Kommentar zu der Entscheidung des Landgerichts beantwortete das Unternehmen am Freitag nicht. Wegen ähnlicher Klauseln hat der vzbv auch die Telekom Deutschland, mobilcom-debitel und Vodafone verklagt. Gerichtsentscheidungen liegen in diesen Verfahren noch nicht vor.

(vbr)