Desinformation und Hass: Reporter ohne Grenzen reicht Klage gegen Facebook ein

Reporter ohne Grenzen hat in Frankreich eine Klage gegen Facebook eingereicht. Das Unternehmen verspreche einen geschützten Raum, den es nicht sicherstelle.

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(Bild: dolphfyn/Shutterstock.com)

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Reporter ohne Grenzen (ROG) hat in Paris eine Klage gegen Facebook eingereicht, weil der US-Konzern im Umgang mit Hassrede und Desinformationen betrügerische Geschäftspraktiken einsetze. Die Nichtregierungsorganisation wirft dem sozialen Netzwerk vor, auf der Plattform könnten sich Falschinformationen zur Corona-Pandemie und Drohungen gegen Medienschaffende ungehindert verbreiten.

Das widerspreche der rechtsverbindlichen Zusage, ein "sicheres" digitales Umfeld zu bieten, lautet der Vorwurf. Die Klage basiert demnach auf dem besonders scharfen französischen Verbraucherschutzstrafrecht, könnte aber auch anderswo Konsequenzen haben.

Wie die Organisation ausführt, gelte eine Geschäftspraxis unter den relevanten Rechtsvorschriften als betrügerisch, "wenn sie auf falschen Behauptungen, Aussagen oder Darstellungen beruht oder geeignet ist irrezuführen", insbesondere im Hinblick auf "die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung" oder "den Umfang der Versprechen des Werbenden". Wenn Facebook zusichere, ein "sicheres Umfeld" bereitzustellen und die Verbreitung von Desinformationen "erheblich [zu] reduzieren" stimme das nicht und sei sogar betrügerisch, will Reporter ohne Grenzen auf verschiedenen Wegen darunter auch anhand von zwei konkreten Fällen vor Gericht nachweisen.

So zitiert die Organisation Studien, in denen Facebook unter anderem als "Drehscheibe für Impfstoff-Verschwörungstheorien" im französischsprachigen Raum bezeichnet wird. Einer anderen Analyse zufolge hätten Facebook-Einträge mit Verlinkungen auf betrügerische Inhalte in den USA allein im vierten Quartal 2020 etwa 1,2 Milliarden Interaktionen erhalten. Das seien fast ein Viertel aller Interaktionen mit Links zu US-Seiten auf Facebook. Die UNESCO wiederum habe Facebook als "die am wenigsten sichere" Social-Media-Plattform bezeichnet. Darüber hinaus dokumentiert ROG Hassbotschaften und Drohungen gegen Journalisten und Journalistinnen in zwei speziellen Fällen auf Facebook.

Die Klage sei auch deshalb bei der Pariser Staatsanwaltschaft eingereicht worden, weil das französische Recht hierfür besonders günstig sei, gesteht ROG ein. Im Erfolgsfall könnte das Vorgehen aber Konsequenzen über das Land hinaus haben, denn die Nutzungsbedingungen von Facebook seien weltweit identisch. Deshalb werde auch bereits erwogen, in anderen Staaten ähnliche Klagen einzureichen. Facebooks Umgang mit Hate Speech und Desinformationen steht schon seit Längerem in der Kritik, zuletzt waren vor allem in den USA die Rufe nach mehr Regulierung immer lauter geworden.

(mho)