Gesetze gegen Hass und zur Passwortherausgabe treten in Kraft

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die zurückgehaltenen Gesetze gegen Rechtsextremismus und zur Bestandsdatenauskunft jetzt unterzeichnet.

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(Bild: Wirestock Images/Shutterstock.com)

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Bundesjustizministerin Christine Lambrecht zeigte sich am Donnerstag erleichtert, dass das Gesetzespaket gegen Hass und Hetze nach einigen Verzögerungen und Auseinandersetzungen nun in veränderter Form doch noch greift. Die Initiative diene "dem Schutz aller Menschen, die im Netz bedroht und beleidigt werden", betonte die SPD-Politikerin. Künftig könnten Polizei und Justiz sehr viel entschiedener gegen menschenverachtende Hetze vorgehen: "Wir erhöhen die Abschreckung und den Ermittlungsdruck deutlich."

Das Paket besteht aus dem "Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität", das am Samstag in weiten Teilen in Kraft tritt, sowie dem ab Freitag geltenden "Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Bestandsdatenauskunft an die Vorgaben aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Mai 2020".

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte sich nach der Ansage der Karlsruher Richter zunächst Anfang Oktober geweigert, das vom Bundestag bereits im Juni beschlossene Anti-Hass Gesetz zu unterzeichnen. Es enthält weitgehende Vorschriften zur Herausgabe von Bestandsdaten inklusive Passwörtern.

Der Bundestag verabschiedete daraufhin Ende Januar die Reform der Bestandsdatenauskunft, um damit auch das Gesetz gegen Hass und Hetze zu "reparieren". Der Bundesrat stimmte dem Entwurf Mitte Februar aufgrund zahlreicher rechtlicher Einwände aber nicht zu, sodass die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss zwischen beiden Gremien anrief.

Dieser verständigte sich vorige Woche auf einen Kompromiss, eine Passwortherausgabe kommt demnach nur noch bei bestimmten, besonders schweren Straftaten in Betracht. Die Vertreter von Bund und Ländern schränkten zudem die Abrufmöglichkeit für Nutzungsdaten wie URLs, Kommunikation auf sozialen Netzwerken und Pseudonymen ein.

Steinmeier unterzeichnete beide Gesetze daraufhin am Dienstag, am heutigen 1. April wurden sie im Bundesgesetzblatt verkündet. Im darin veröffentlichten Anti-Hass-Gesetz ist zwar noch davon die Rede, dass die Kernbestimmungen am 1. Juli greifen sollten. Aus dem Gesetz zur Bestandsdatenauskunft geht aber der frühere Termin des Inkrafttretens am 3. April hervor.

Mit dem Anti-Hass-Gesetz wird das Strafgesetzbuch erweitert und verschärft. Schon das "Billigen" oder Androhen von Straftaten etwa in sozialen Netzwerken gilt wieder als Verbrechen, wenn entsprechende Äußerungen geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. Drohungen mit Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen Sachen von bedeutendem Wert, die sich gegen die Betroffenen oder ihnen nahestehende Personen richten, werden ebenfalls strafbar.

Wer öffentlich im Netz andere beleidigt, dem drohen bis zu zwei Jahre Haft. Den Katalog der rechtswidrigen Inhalte im Netzwerkdurchsetzungsgesetz hat der Gesetzgeber um das "Delikt der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener" ergänzt.

Anbieter von Telemediendiensten wie WhatsApp, Google, Facebook, Tinder & Co. müssen sensible Daten von Verdächtigen wie IP-Adressen und Passwörter künftig an Sicherheitsbehörden herausgeben. Dazu kommt eine Pflicht für Betreiber großer sozialer Netzwerke wie Facebook, TikTok und Twitter, strafrechtlich relevante Inhalte wie Hassbeiträge, Terrorismuspropaganda oder Bedrohungen und Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs nicht mehr nur zu löschen, sondern parallel unaufgefordert –zusammen mit aussagekräftigen Internetkennungen inklusive Portnummern – ans Bundeskriminalamt (BKA) zu melden.

Für diese lange besonders umstrittene Bestimmung gilt eine Übergangsklausel bis zum 1. Februar 2022, damit die Provider und das BKA ihre Prozesse umstellen können. Netzpolitisch aktive Vereine hatten gewarnt, dass dort eine umfassende "Verdachtsdatenbank" in Form eines polizeilichen Zentralregisters entstehe. Die Grünen forderten daher ein entschärftes zweistufiges Verfahren, fanden dafür aber auch im Vermittlungsausschuss keine Mehrheit.

Wegen enthaltener Vorschriften zur Bestandsdatenauskunft hing auch das neue Zollfahndungsdienstgesetz bei Steinmeier fest. Dieses trägt mit den Korrekturen von Bund und Ländern nun ebenfalls die Unterschrift des Bundespräsidenten. Es tritt so am Freitag in Kraft. Die Kompetenzen des Zollkriminalamts und der Zollfahndungsämter etwa bei der – auch präventiven – Überwachung der Telekommunikation sowie des Brief- und Postverkehrs hat der Gesetzgeber hier deutlich ausgeweitet. Verbunden ist damit erstmals auch die Befugnis, Staatstrojaner für die Quellen-TKÜ nutzen zu dürfen.

(mho)