Las Vegas: Elon Musks "Teslas im Tunnel" nehmen langsam Fahrt auf

Mit der Betonung auf "langsam". Die Eröffnung rückt näher, doch bleibt offen, ob "Loop" die versprochene Kapazität liefert – der erste Eindruck ernüchtert.

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Station des "Loop" unter dem LVCC.

(Bild: LVCVA/Twitter)

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Die Fremdenverkehrsbehörde von Las Vegas hat örtlichen Medienvertretern einen ersten Einblick in das Tunneltransportsystem zwischen den alten und neuen Hallen des Messegeländes gegeben. In den von Elon Musks "The Boring Company" gebauten Tunnelröhren sollen in Zukunft autonome Teslas die Messebesucher in Höchstgeschwindigkeit vom alten Teil des Las Vegas Convention Centers (LVCC) zur neuen "West Hall" jenseits der Paradise Road bringen. Die Gegenwart ist weniger aufregend.

"Im Moment sind es im Prinzip nur Teslas in einem Tunnel", hatte Musk noch während der Bauarbeiten im vergangenen Herbst getwittert – wohl auch, um die hohen Erwartungen zu dämpfen. Mit "bis zu" 250 km/h sollten die Teslas autonom durch den Tunnel rasen und dabei "bis zu" 4400 Passagier pro Stunde transportieren. Doch "Teslas im Tunnel" trifft es eigentlich ganz gut: Ein Fahrer ist immer dabei – auf den geraden Strecken beschleunigen die handelsüblichen Limousinen kurz auf stolze 35 Meilen pro Stunde. Das sind 55 km/h.

Viele Fragen bleiben weiter offen, weil auch die US-Kollegen nur mal gucken durften. Die Las Vegas Convention and Visitors Authority (LVCVA) als Betreiber des Messegeländes und des "LVCC Loop" spricht davon, dass das System zunächst mit elf normalen Teslas betrieben werde. Später soll die Flotte dann auf 35 bis 60 Fahrzeuge anwachsen, sagte LVCVA-Chef Steve Hill dem Las Vegas Review-Journal. Irgendwann sollen auch mal kleine "People Mover" für bis zu 16 Passagiere zum Einsatz kommen. Nur wer die baut, weiß noch niemand.

Um auf die 4400 Passagiere pro Stunde zu kommen, müssten durch jeden der zwei Tunnel etwa 37 Passagiere pro Minute gefahren werden. Mit normalen Tesla-Limousinen. Mit Fahrer. Drei Passagiere mit Messegepäck werden auch Zeit beim Ein- und Aussteigen verplempern, zudem gibt es feuerschutzrechtliche Beschränkungen der Passagierzahlen auf den Plattformen. Von tausenden Passagieren, die mit Höchstgeschwindigkeit durch "Wurmlöcher" reisen (so hat Musk seine Tunnelidee mal illustriert), ist die Realität also noch weit entfernt.

Aber es ist ein Anfang: zumindest die Tunnel sind fertig und so schön bunt. Eigentlich sollte der "LVCC Loop" zur CES 2021 eröffnet werden. Doch daraus wurde nichts: Wegen der weltweiten Coronavirus-Pandemie fanden in Las Vegas lange keine Großveranstaltungen statt. Die erste Bewährungsprobe für das "LVCC Loop" genannte Transportsystem steht noch aus: Im Juni soll mit der "World of Concrete" der Messebetrieb wieder aufgenommen werden – unter strikten Auflagen und mit begrenzter Besucherzahl.

Im November 2019 waren die ersten Bagger und die große Bohrmaschine der Boring Company am LVCC angerückt. Drei Monate später war die erste Röhre fertig gebohrt, Mitte Mai 2020 dann auch die zweite. Die Strecke von etwa 1,3 Kilometern führt vom Osteingang der "South Hall" unter der Haupthalle sowie der angrenzenden Paradise Road entlang und endet an einer oberirdischen Station westlich der neuen Halle. Kernstück der Anlage ist der unterirdische "Bahnhof" vor der Haupthalle. Kostenpunkt: rund 50 Millionen US-Dollar.

Der Tunnel verbindet das alte mit dem neuen Messegelände. Unten die geplante Strecke zum Hotel Encore.

(Bild: Clark County)

Der LVCC Loop ist der "Proof of Concept" für Musks Vision einer unterirdischen Tunnelstrecke, die durch ganz Las Vegas führt und die Innenstadt mit dem "Strip" und dem Flughafen im Süden verbindet. Die Planungen für diesen "Las Vegas Loop" gehen voran, dabei sollen die Hotelketten selbst für ihre "Bahnhöfe" sorgen. "Wynn" und "Encore" sowie das neue "Resorts World" im Norden des Strips wollen zudem auch ans Convention Center angebunden werden.

Ob Musk in Vegas der große Wurf gelingt, wird auch von den Erfahrungen mit dem LVCC Loop auf dem Messegelände abhängen. Aber Vegas ist eben Vegas: Hier denkt und baut man gerne groß. Doch die Ernüchterung, die sich nach den ersten Testfahrten einstellt, ist eine gute Nachricht für die Monorail, die die Strip-Hotels mit dem LVCC verbindet. Die alte Bombardier-Hochbahn hat zwar nichts von dem schillernden Glitzer, den Elon Musk verspricht, aber sie funktioniert: Die neun Züge mit Platz für je 220 Passagiere verkehren zu Stoßzeiten alle paar Minuten. Mit bis zu 80 km/h. Autonom.

(vbr)