Bundesverfassungsgericht weist Beschwerde gegen Bestandsdatenauskunft ab

Die Karlsruher Richter haben eine Klage aus der Piratenpartei nicht angenommen, in der es etwa um den Abruf von Passwörtern in Schleswig-Holstein ging.

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(Bild: asharkyu/Shutterstock.com)

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Juristische Niederlage für den Aktivisten Patrick Breyer und fünf seiner früheren Fraktionskollegen von der Piratenpartei in Schleswig-Holsteins: Das Bundesverfassungsgericht hat ihre Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, die sich gegen Vorschriften des Bundes und des schleswig-holsteinischen Landesrechts zur manuellen Auskunft über Bestands- und Nutzungsdaten bei Telekommunikations- und Telemediendiensteanbieter richtete.

Die Polizei und das Landesamt für Verfassungsschutz in Schleswig-Holstein dürfen seit einer 2013 erfolgten Novelle ausdrücklich auch auf Bestandsdaten wie E-Mail-Adressen und Anschriften sowie Passwörter von Nutzern sozialer Netzwerke wie Facebook, Twitter oder YouTube zugreifen. Die Sicherheitsbehörden benötigen dafür eine richterliche Genehmigung. Betroffene müssen sie nachträglich über entsprechende Maßnahmen benachrichtigen.

Breyer, der mittlerweile EU-Abgeordneter ist, und seinen Mitstreitern ging dieser Passus zu weit. Sie griffen in ihrer Beschwerde zugleich Paragraf 15 und einen zugehörigen Verweis auf Paragraf 14 Telemediengesetz (TMG) des Bundes an. Damit werden Diensteanbieter von Telemedien zur Erteilung einer Nutzungsdatenauskunft für bestimmte, vorwiegend behördliche Zwecke berechtigt. Ermöglicht wird aber auch eine Abfrage von Bestandsdaten, "soweit dies zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum erforderlich ist".

Die in Frage gestellten Vorschriften des Landes Schleswig-Holstein zum Abruf von Bestandsdaten bei Telekommunikationsanbietern durch Polizei und Verfassungsschutzbehörde genügen laut dem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss der Karlsruher Richter vom 19. April (Az.: 1 BvR 1732/14) aber vollständig den Maßgaben aus den einschlägigen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts von 2012 und 2020. Entsprechende Vorschriften seien verhältnismäßig, wenn sie im präventiven Bereich "an das Bestehen einer konkreten Gefahr geknüpft sind" und für geheimdienstliche Zwecke vorsähen, "dass die Auskunft im Einzelfall zur Aufklärung einer beobachtungsbedürftigen Aktion oder Gruppierung geboten sein muss".

Regeln zur Bestandsdatenauskunft bei Telekommunikationsdienstleistern anhand dynamischer IP-Adressen müssten aufgrund ihres gesteigerten Eingriffsgewichts zumindest dem Schutz von Rechtsgütern von hervorgehobenem Gewicht dienen, führt die 3. Kammer des Ersten Senats weiter aus. Ferner sei eine Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen nötig. Auch hier gehe bei den schleswig-holsteinischen Vorschriften aber alles mit rechten Dingen zu.

Unzulässig sei der Teil der Beschwerde, der sich auf Auskunftsersuchen bei Telemediendiensteanbietern beziehe, heißt es. Die Kläger hätten nur das Online-Angebot eines Magazins als genutzten Dienst benannt und nicht näher dargelegt, dass sie damit mit einiger Wahrscheinlichkeit von einschlägigen Maßnahmen betroffen sein könnten. Die Beschwerde gegen die TMG-Paragrafen und eine entsprechende Passage des Landesverfassungsschutzgesetzes sei zudem zu spät erhoben worden, die entsprechende Einspruchsfrist schon abgelaufen.

Die am 2. April in Kraft getretene bundesrechtliche Neufassung der Bestands- und Nutzungsdatenauskunft zur Anpassung der entsprechenden Gesetze an die jüngsten Vorgaben aus Karlsruhe prüften die Richter nicht. Sie waren nicht Gegenstand des Verfahrens.

(mho)