Etappensieg für die USA im Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange

Für das laufende Berufungsverfahren erlaubt der Richter, dass die USA auch das in der Vorinstanz entscheidende Gesundheitsgutachten hinterfragen dürfen.

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Demonstranten fordern die Freilassung von Julian Assange.

(Bild: I. Salci / Shutterstock.com)

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Der Wikileaks-Gründer Julian Assange hat im Prozess um seine Auslieferung am Mittwoch eine Teilniederlage hinnehmen müssen. In dem Berufungsverfahren soll nun erneut geklärt werden, ob die psychische Verfassung von Assange einer Inhaftierung in den USA entgegensteht. Der Vorsitzende Richter des Londoner High Courts erlaubt den US-Vertretern, das in der Vorinstanz entscheidende Gesundheitsgutachten anzugreifen und weitet das Verfahren entsprechend aus. Die Hauptverhandlung soll am 27. und 28. Oktober stattfinden.

Nachdem die Vorinstanz eine Auslieferung unter Verweis auf den Gesundheitszustand des Wikileaks-Gründers und die Haftbedingungen in den USA abgelehnt hatte, waren die Prozessvertreter der US-Regierung in Berufung gegangen. Die US-Justiz will Assange in den Vereinigten Staaten wegen Spionagevorwürfen den Prozess machen. Ihm drohen dort bei einer Verurteilung bis zu 175 Jahre Haft.

Die US-Seite zieht die Unabhängigkeit eines Experten bei der Beurteilung von Assanges Gesundheitszustand in Zweifel. Er habe die Beziehung des Australiers mit der Anwältin Stella Moris während dessen Zeit in der ecuadorianischen Botschaft und die beiden Kinder des Paares in einem ersten Gutachten verschwiegen und so seine Glaubwürdigkeit verspielt, so die US-Argumentation. Auch die Einschätzung der Richterin in erster Instanz, dass sich der 50-Jährige im Gefängnis in den Vereinigten Staaten das Leben nehmen könnte, müsse nochmals überprüft werden.

Beide Punkte sollen nun entgegen einer früheren Entscheidung Teil des Berufungsverfahrens sein. Auch soll die US-Justiz die Gelegenheit erhalten, Garantien dafür zu präsentieren, dass Assange nicht übermäßig harten Haftbedingungen ausgesetzt wird, und auch formale Fragen sollen eine Rolle spielen. Für den 50-jährigen Australier ist dies ein Rückschlag.

Moris zeigte sich nach der Entscheidung schwer enttäuscht. Sie kämpfte mit den Tränen, als sie vor dem Gerichtsgebäude vor die Presse trat. Seit Jahren würden sie alle mit Todesdrohungen terrorisiert. "Was hier heute nicht diskutiert wurde, ist, warum ich um meine Sicherheit, die Sicherheit unserer Kinder und Julians Leben fürchte", sagte Moris. Die Londoner Vertreterin der Organisation Reporter ohne Grenzen, Rebecca Vincent, rief die USA auf, die Vorwürfe fallen zu lassen.

Der Wikileaks-Gründer sitzt inzwischen bereits seit mehr als zwei Jahren im Gefängnis. Zuvor hatte er sich beinahe sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London dem Zugriff der Behörden entzogen. Ihre Beziehung hatten Assange und Moris aus Sorge um die Sicherheit der Familie lange geheim gehalten. Moris hatte der dpa im Juni erzählt, Assange notfalls im Gefängnis heiraten zu wollen, sollte sich das juristische Hin und Her um die Auslieferung weiter fortsetzen. Das dürfte nun etwas wahrscheinlicher geworden sein.

(mack)