Autonome Minibusse in Hessen unterwegs – weitere Tests geplant

An mehreren Orten testet der Rhein-Main-Verkehrsverbund autonom fahrende Minibusse, um Fahrgäste zu befördern. Der regelmäßige Einsatz ist in Sichtweite.

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Von
  • Isabell Scheuplein
  • dpa

Zehntausende von Fahrgästen, verschiedene Einsatzorte: Seit zwei Jahren werden in Hessen autonome Minibusse auf ihr Potenzial für den öffentlichen Nahverkehr untersucht. Bei Testfahrten unter dem Dach des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) seien bisher mehr als 30.000 Fahrgäste mitgefahren, sagt Sprecherin Vanessa Rehermann. Die Ergebnisse der Strecken in Frankfurt am Main, Wiesbaden, Bad Soden-Salmünster und am Kloster Eberbach seien sehr vielversprechend. Auch bei den Fahrgästen kämen die Fahrzeuge gut an.

Den Anfang machte im September 2019 ein Test am damals für Autos gesperrten Frankfurter Mainufer. Der Minibus "Easy" absolvierte dort eine Strecke von 700 Metern. An Bord war noch ein Operator genannter Mitarbeiter, um im Notfall einschreiten zu können. Dies war auch bei einem Test im Februar 2020 auf dem Gelände der Wiesbadener Helios-Kliniken der Fall. Gleiches gilt für den noch laufenden Test in Baden Soden-Salmünster (Main-Kinzig-Kreis), wo der Minibus seit Mai erstmals im Straßenverkehr unterwegs ist – mit maximal elf Kilometern pro Stunde.

Am Kloster Eberbach soll das autonome Fahren im Freizeitverkehr erprobt werden. Dort absolviert ein Shuttle eine 750 Meter lange Strecke. Insgesamt sehen nach Befragungen 90 Prozent der Test-Fahrgäste autonome Fahrzeuge als positive Entwicklung an – 94 Prozent würden auch ohne Operator mitfahren, wie der RMV mitteilte.

Dies wird auf einem Gelände der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) untersucht. Eingegriffen werden kann noch via Fernsteuerung. Der Fokus liege vor allem darauf, welche weiteren Anforderungen die Shuttles erfüllen müssen, damit ein Betrieb ohne Operator auch abseits geschlossener Gelände möglich sei, erklärt Rehermann. Auch hier können Interessierte an ausgewählten Wochenenden mitfahren.

Das Fahren ohne Operator ist einer der Punkte, die der RMV im kommenden Jahr weiter testen will. Wo genau, steht noch nicht fest. Inhaltlich werde es künftig darum gehen, wie sich mehrere Shuttles aus einer Leitstelle überwachen lassen und sie als On-Demand-Angebot einsetzbar sind – als Fahrzeug auf Abruf. "Zwingend nötig dafür ist, dass die nächste Shuttle-Generation schneller fahren kann", sagte Rehermann. Zwischenfälle habe es bisher nicht gegeben, die Minibusse hätten sich zunächst eher als zu vorsichtig erwiesen und etwa wegen Blättern gebremst.

Das bestätigt die Mobilitätsexpertin Petra Schäfer von der Frankfurt University of Applied Sciences, die an der wissenschaftlichen Begleitung der Projekte beteiligt ist. Das Potenzial von autonomem Fahren als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr ist nach Einschätzung der Professorin groß. Das gelte etwa für Strecken im ländlichen Raum, wo sich große Busse nicht mehr lohnten: "Hier könnten kleinere Busse unterwegs sein, die, weil sie autonom fahren, einen ganz anderen Takt anbieten können", sagte Schäfer. Oder für den Zubringerverkehr beispielsweise zu großen Gewerbegebieten. Hier könne ein autonomer Shuttle-Service die Verbindung zur nächsten Haltestelle sicherstellen.

Lange warten müsse man darauf nicht mehr, schätzt die Expertin: "Die Tests sind schon sehr ausgereift und die Fahrzeuge sind auch sehr ausgereift." Sie gehe davon aus, dass das Angebot in vier bis fünf Jahren in die Praxis umgesetzt werde. Es sei klar zu sehen, dass die Fahrzeuge nicht gefährlich seien.

(mho)