Plasma-TVs: Tolle Technik in der Sackgasse​

1996 wurden die ersten Flach-TVs auf Plasma-Basis in Deutschland vorgestellt. Kenner schätzten die Bildqualität – durchsetzen konnten sie sich trotzdem nicht.

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Schöner fernsehen: Philips' Flach-TV-Erstling bestach mehr mit äußeren Werten. Nicht im Bild: die wuchtige Kiste mit Empfangsteil und AV-Anschlüssen.

(Bild: Philips)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Karl-Gerhard Haas
Inhaltsverzeichnis

Flach und größer als Bildröhren-TVs: Im Herbst 1996 präsentierten Philips und sein damaliges Tochterunternehmen Grundig ihre ersten Flachfernseher, ab Januar 1997 konnte man sie tatsächlich kaufen. Als Bildschirm kam ein Fujitsu-Plasma-Panel mit 1,06 Metern (42 Zoll) Diagonale und Wide-VGA-Auflösung (852 x 480 Bildpunkte) zum Einsatz. Wer flach fernsehen wollte, musste betucht sein: Beide Unternehmen wollten je 30.000 D-Mark für ihre Technikdemonstration.

Die Daten verraten es: Der Bildschirm konnte nicht einmal die damals in Europa gängigen SD-TV-Signale mit 576 sichtbaren Zeilen vollständig darstellen. Auch sonst war die Qualität des platten Erstlings bescheiden: Das Bild rauschte sichtbar, Kontrast und Helligkeit waren so lala. Selbst Laien sahen auf den ersten Blick: Eine Konkurrenz für die damals dominierenden Bildröhren waren die Flach-TVs nicht – sie waren eben nur groß und flach.

Dennoch läuteten diesen TVs und die in ihnen verwendete Bildschirmtechnologie das Flachschirm-Zeitalter auf der ganzen Welt ein. Philips und Grundig waren nicht allein: In anderen Teilen der Welt verbauten andere Hersteller das Fujitsu-Panel oder konkurrierende Produkte. Zu den Plasma-Hochzeiten fertigten neben anderen Hitachi, LG, Mitsubishi, NEC und Samsung diesen Bildschirmtyp; technisch führend waren Pioneer und Panasonic. Die ließen sich mit ihren Plasmaschirmen ein Jahr länger Zeit, dominierten dieses Marktsegment dann aber. Der Panasonic TC-42 PD 1 E erschien zur Funkausstellung 1997 – er bot zwar ebenfalls nur Wide-VGA-Auflösung, aber schon ein deutlich besseres Bild als die damalige Konkurrenz. Mit einem Preis von 32.000 DM war allerdings auch er unverschämt teuer.

Aber über mehrere Generationen entstand aus den bescheidenen Anfängen eine immer besser werdende Displaytechnik, die lange Zeit den konkurrierenden Bildschirmen auf Flüssigkristallbasis (LCD) überlegen war. Warum also ist dieser Bildschirmtyp vor acht Jahren verschwunden?

Technik im Rückspiegel

(Bild: 

LIAL/Shutterstock.com

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Früher selbstverständlich, mittlerweile längst vergessen: heise online blickt zurück auf ehemalige Alltagstechnik und erklärt, warum wir sie heute nicht mehr nutzen.

Die Plasma-Geschichte reicht ähnlich weit zurück wie die von LCDs. Technisch sind die Bildschirme Verwandte der Leuchtstoffröhren. In den Pixeln der Plasmas wird Edelgas durch einen Funken gezündet, was UV-Licht erzeugt. Dieses trifft auf eine Phosphorschicht, die das sichtbare Bild generiert. Die ersten Plasma-Bildschirme waren 1964 Teil des Großrechners Plato IV; das in ihnen verwendete Neon definierte die orange Färbung der Leuchtschicht.

Phosphor? Spannung? Das klingt doch sehr ähnlich wie das Prinzip der Bildröhre – in ihr befeuert ein Elektronenstrahl die Leuchtschicht und produziert so das TV-Bild. Einen fundamentalen Unterschied gibt es aber: Die Helligkeit der Bildröhre wird durch die Spannung des Elektronenstrahls bestimmt – soll ein Bildpunkt heller strahlen, gibt man mehr Spannung auf die Leuchtschicht. Ein Plasma-Pixel hingegen kennt nur Ein und Aus – über die (Zünd-)Spannung lässt sich seine Helligkeit nicht regeln.

Glücklicherweise ist das menschliche Auge träge. Man kann ihm nicht nur Bewegungen vorgaukeln, sondern auch Helligkeitsstufen. Schaltet man die Pixel per Pulsbreitenmodulation (PWM) unterschiedlich oft ein und aus, lässt sich die gerade geforderte Helligkeit darstellen. So kamen auch die abenteuerlichen Frequenzangaben für Plasma-TVs zustande. Bei Bildröhren zeitigte die Verdoppelung der Bildwiederholfrequenz von 50 auf 100 Hertz (Hz) ein ruhigeres Bild. Die Plasma-Panel zeigten effektiv zwar nur 50 Hz. Weil sie dies aber in zwölf Schritten taten, um die unterschiedlichen Helligkeitsstufen darzustellen, warben die Hersteller mit "600 Hz".

Trotz der PWM-Technik schafften es die Plasma-Panel nicht, alle Schattierungen des TV-Bildes zu reproduzieren – dies gelang erst durch künstlich eingestreutes Rauschen ("Dithering"). Anfangs waren die Algorithmen für die Displaysteuerung recht grobschlächtig; entsprechend deutlich machte sich das Rauschen störend bemerkbar. Viele frühe Plasma-Displays zeigten bei bestimmten Bildhelligkeiten darüber hinaus eine Art Solarisationseffekt.

In dieser Flach-TV-Steinzeit waren Flüssigkristallschirme (LCD) in Plasma-Größe schlicht nicht verfügbar. Und die, die es gab, hatten ebenfalls massive Kinderkrankheiten. Die Panel waren für TV-Bilder zu träge; entsprechend verschmiert wirkten Bewegungen; Solarisationseffekte konnte man auf ihnen ebenfalls überdeutlich sehen.

Kontinuierlicher Fortschritt: Fürs Modelljahr 2010 seiner Plasma-TVs versprach Panasonic besseren Kontrast und niedrigeren Stromverbrauch.

(Bild: Panasonic)

An Plasma-Bildschirmen konnte man die Probleme der ersten Generation am schnellsten beseitigen. Zudem haben sie prinzipielle Vorteile: Als aktives Display ist ihr Bild unabhängig vom Blickwinkel. LCDs hingegen sind Lichtventile, die das Leuchten einer Lichtquelle kontrollieren. Dadurch ändert sich der Bildeindruck in Abhängigkeit vom Betrachtungswinkel. Auch eine weitere Schwäche von LCDs hängt mit ihrem Prinzip zusammen: Sie sperren das Licht ihrer Hintergrundbeleuchtung nie vollständig; dunkle Bildpartien erscheinen daher eher trüb-grau. Die Plasma-Schirme hingegen konnten recht bald fast perfektes Schwarz – "fast" deswegen, weil sie ohne eine gewisse Grundspannung und damit -helligkeit nicht funktionieren; an manchen Modellen machte sich zudem das Dithering in dunklen Partien bemerkbar.