Neue Hinweise auf Pegasus-Spyware in Zusammenhang mit Journalistenmord

Arabische Sicherheitsbeamte sollen Spyware der NSO Group auf Handys der Frau des Journalisten Jamal Khashoggi installiert haben - Monate vor dessen Ermordung.

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Jemand tippt im Halbfinstern auf einem Handy, das er über einem aufgeklappten Laptop hält.

(Bild: Shutterstock / Motortion Films)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer
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Dienste der Vereinigten Arabischen Emirate haben im April 2018 Spyware auf dem Handy von Hanan Elatr installiert. Darauf lässt eine neue forensische Analyse des Citizen Lab der Universität Toronto schließen. Elatr war die Ehefrau des wenige Monate später ermordeten Journalisten und Regimekritikers Jamal Khashoggi.

Sicherheitsbeamte hatten der Frau ihre Handys bei der Einreise am Flughafen Dubai abgenommen. Dort soll eine unbekannte Person auf einem der Android-Geräte den Chrome-Browser geöffnet und eine Website angesteuert haben, um die Pegasus-Spyware der NSO Group zu installieren. Daraufhin habe der Browser 27 Statusmeldungen an den Webserver geschickt. Die Installation habe nur wenige Minuten gedauert.

Allerdings konnte nicht nachgewiesen werden, dass tatsächlich Spyware installiert wurde. Da der Nutzer des Handys den Vorgang nur einmal durchgeführt hat, darf man wohl von einer erfolgreichen Installation ausgehen. Ansonsten hätte es sicher mehrere Versuche gegeben. Die Handys wurden der Frau einige Tage später zurückgegeben, wie die Washington Post berichtet.

Die NSO Group weist die Vorwürfe zurück, dass ihre Spyware Khashoggi oder dessen Umfeld im Visier hatte. Die Analyse des Citizen Lab steht dem entgegen. Das Sicherheitslabor hatte die Website bereits im Jahr zuvor entdeckt und als eine Quelle der Pegasus-Spyware identifiziert. Demnach sei diese Internetadresse primär für Ziele der Vereinigten Arabischen Emirate genutzt worden.

Die Telefonnummern sowohl von Khashoggis Ehefrau als auch dessen türkischer Verlobten Hatice Cengiz stehen auf einer Liste von mehr als 50.000 Kontakten, die offenbar von NSO-Kunden als potenzielle Ausspähziele ausgewählt wurden. Da zu dieser Liste auch mehr als 180 Journalisten gehören, führt dies zu neuen Überwachungsvorwürfen gegen den israelischen Software-Anbieter NSO.

Die NSO Group hat auch dies vehement zurückgewiesen und spricht von "falschen Vorwürfen und irreführenden Behauptungen". Das israelische Unternehmen bekräftigt, seine Technik stehe "in keiner Weise mit dem abscheulichen Mord an Jamal Khashoggi in Verbindung". Die NSO Group lizenziert ihre Software nach eigenen Angaben lediglich an Regierungsorganisationen.

Trotzdem hat Apple die NSO Group kürzlich verklagt, um den Spyware-Anbieter gerichtlich zu zwingen, seine Software von iPhones fernzuhalten. Die israelische Regierung hat darauf reagiert und die Länderliste für den Export israelischer IT drastisch reduziert. Der Export weit entwickelter Technik ist nur noch in 37 statt zuvor 102 Länder erlaubt.

Jamal Khashoggi wurde am 2. Oktober 2018 im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet. Saudi-Arabien stritt das zunächst ab, doch konnte der türkische Geheimdienst Beweise liefern, weil er das Konsulat abgehört hatte. In der Folge wurde der stellvertretende Chef eines saudi-arabischen Geheimdienstes entlassen. Acht Personen wurden in der Monarchie zu Haftstrafen verurteilt. Die deutsche Regierung verfügte einen Stopp der Waffenlieferungen an Saudi-Arabien.

(fds)