Lobbyregister geht an den Start: rasche Nachschärfung geplant

Dass unklar ist, wer von den tausenden Lobbyisten in Berlin wie auf welche Gesetzesvorhaben Einfluss nimmt, soll sich mit einem Lobbyregister ändern.

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(Bild: Motortion Films / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Ulrich Steinkohl
  • dpa
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Nach jahrelangen kontroversen Diskussionen geht am kommenden Samstag das neue Lobbyregister für mehr Transparenz im politischen Entscheidungsprozess an den Start. Es soll allerdings schon bald nachgeschärft werden. SPD und Grüne im Bundestag verwiesen am Donnerstag auf entsprechende Vereinbarungen im Koalitionsvertrag.

"Mit dem parlamentarischen Verfahren sollten wir möglichst bald beginnen", sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann gegenüber dpa. Man wolle dies "gemeinsam zeitnah auf den Weg bringen", ergänzte der Vizevorsitzende der SPD-Fraktion, Dirk Wiese. Auch die Organisation Transparency International mahnte Nachbesserungen an.

Das öffentlich einsehbare Lobbyregister soll sichtbar machen, wer Einfluss auf politische Entscheidungen und die Gesetzgebung nimmt. Professionelle Interessenvertreter sind nun verpflichtet, sich dort bis spätestens 1. März einzutragen. Sie müssen Angaben unter anderem über ihre Auftraggeber und zum personellen und finanziellen Aufwand ihrer Lobbytätigkeit bei Bundestag und Bundesregierung machen. Zu erläutern sind auch der Interessenbereich und die Tätigkeit. Treffen in Ministerien sollen bis zur Ebene von Unterabteilungsleitern erfasst werden.

Lobbyisten werden zudem verpflichtet, sich an einen Verhaltenskodex zu halten. So soll ihre Tätigkeit "auf der Basis von Offenheit, Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität" erfolgen. Informationen dürfen niemals auf unlautere Art und Weise – insbesondere durch finanzielle Anreize – beschafft werden. Unzulässig sind auch Vereinbarungen, durch die eine Vergütung oder deren Höhe vom Erfolg der Interessenvertretung abhängig gemacht wird. Lobbyisten, die sich nicht an die Regeln halten, droht ein Bußgeld von bis zu 50.000 Euro.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Ich bin stolz auf den Startschuss. Künftig kann jeder im Lobbyregister nachlesen, welche Interessenvertreter in welchen Politikfeldern unterwegs sind, wer ihre Auftraggeber sind und wie viel Geld dafür ausgegeben wird." Auch Bas meinte, ein Nachschärfen der Regeln könnte nötig werden.

Nachbesserungen fordert die Organisation Transparency International vehement ein. Sie verlangt insbesondere die Einführung eines "legislativen Fußabdrucks", also einen Hinweis in allen neuen Gesetzen, welche Interessenvertreter darauf Einfluss genommen haben. Zwar habe die Ampel-Koalition vereinbart, diesen nachträglich einzuführen, sagte der Vorsitzende von Transparency Deutschland, Hartmut Bäumer. "Aber da kommt es darauf an, wie es aussieht. Das werden wir uns genau angucken." "Völlig unverständlich" seien die Ausnahmen für Kirchen, Gewerkschaften und Kommunalverbände.

Für eine Fehlkonstruktion hält es Transparency, dass das Register dem jeweiligen Bundestagspräsidenten oder der -präsidentin unterstellt ist. "Es muss eine neutrale Instanz geben wie beim Datenschutzbeauftragten, die nicht weisungsabhängig ist", sagte Bäumer. Dort solle das Register geführt und die Einhaltung der Regeln kontrolliert werden. "Es muss eine Institution sein, die auch ein bisschen Biss hat."

Grünen-Fraktionschefin Haßelmann sagte: "Es ist gut, dass wir ab dem 1. Januar ein gesetzliches Lobbyregister haben." Die große Koalition habe auf hohen Druck der Öffentlichkeit und der Opposition hin erste Schritte für mehr Transparenz gemacht, die jedoch nicht weit genug gingen. "Jetzt haben Grüne, SPD und FDP vereinbart, das Lobbyregister nachzuschärfen und so für mehr Transparenz zu sorgen."

Neben der Einführung des "Fußabdrucks" sei geplant, den Kreis der registrierten Interessensvertreterinnen und -vertreter zu erweitern und die Schwelle für anzugebende Kontakte in den Ministerien bis auf die Referentenebene zu senken.

Das Lobbyregister wird digital beim Bundestag geführt. Dort rechnet man mit einer Größenordnung von 6000 bis 8000 Interessenvertretern, die sich anmelden werden. Zum Vergleich: Die bisherige öffentliche Liste der beim Bundestag registrierten Verbände, die mit dem neuen Register obsolet wird, enthält gerade einmal 2238 Einträge.

(jk)