Energiekrisen erzwingen Kryptomining-Verbot im Kosovo und Iran

Stromabschaltungen treffen Unternehmen wie Haushalte. Gleichzeitig geht viel Strom für sinnlose Berechnungen drauf. Das ist vorübergehend illegal.

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Maschendrahtzaun, dahinter große Container und Lüftungsanlagen

Teil einer Anlage für Bitcoin-Mining in Drumheller, Alberta, Kanada. Diese Anlage hat eine Kapazität von 42 MW.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Der Iran und der Kosovo verbieten vorübergehend das Schürfen von Kryptowährungen, um den Stromverbrauch zu senken. Das soll Stromnetz und Kraftwerke entlasten, was weniger Stromabschaltungen erforderlich macht. Im Iran gilt das Verbot seit 28. Dezember, im Kosovo wurde es drei Tage später verlautbart.

Beide Länder leiden unter Stromknappheit. Im Iran gilt das Verbot bis 6. März. Es soll das Stromnetz um jedenfalls jene 209 MW entlasten, die auf legale Kryptowährungsschürfer entfallen. Die Regierung schätzt, dass illegale Schürfer weitere 600 MW in Anspruch nehmen. Nach diesen Einrichtungen und ihren Betreibern wird gefahndet. Gleichzeitig reguliert der Iran den Stromverbrauch in Büros und schaltet in manchen Gebieten Straßenbeleuchtung ab.

Der Kosovo hat einen 60-tägigen Energie-Notstand ausgerufen. Der Stromnetzbetreiber des Landes hat kurz vor Weihnachten von der "weltweit schlimmsten Stromkrise" gesprochen. Die alten Kohlekraftwerke produzieren wenig. Die Kosten für den Stromimport sind binnen einem Jahr auf das Siebenfache explodiert. Gleichzeitig weigern sich viele im Kosovo lebenden Serben, ihre Stromrechnungen zu bezahlen.

Das führt zu Stromabschaltungen: Jeder Abnehmer im Kosovo muss zwei Stunden pro Tag ohne Strom auskommen. Um die Notlage zu lindern, hat ein Expertenrat der Regierung empfohlen, das Erzeugen von Kryptowährungen zu untersagen. Die Regierung setzt das um und führt gleichzeitig eine Meldepflicht für Schürfanlagen ein.

Außerdem schießt sie dem staatlichen Kohlewerk 4,8 Millionen Euro zu, dem staatlichen Telecom-Betreiber 10 Millionen Euro. Kohle ist die mit Abstand wichtigste Stromquelle des Landes, und die hohen Energiekosten schlagen sich auch bei Telecom-Netzen nieder. Die Subventionen sollen den Weiterbetrieb kritischer Infrastruktur sicherstellen.

Das Schürfen der meisten Kryptowährungen ist ein Wettrennen, das denjenigen belohnt, der sehr aufwendige Berechnungen als Erster durchgeführt hat (Proof of Work). Anders als etwa verteilte Berechnungen für Proteinfaltungen für die Arzneiforschung, führen die Krypto-Berechnungen selbst zu keinem Erkenntnisgewinn.

Der Stromverbrauch ist enorm: Alleine Bitcoin hat 2021 mehr als 300 TWh Strom gezogen, schätzt die Universität Cambridge. Dazu kommt noch der Energiebedarf anderer Kryptowährungen. Zum Vergleich: Alle Wasserkraftwerke Deutschlands zusammen haben 2020 etwa 18 TWh Strom ins Netz gespeist.

Die größte Kryptowährungs-Quelle der Welt war lange Zeit die Volksrepublik China. Seit Mitte 2021 gilt dort jedoch ein ausdrückliches Verbot. Chinas Schürfanlagen wurden stillgelegt und teilweise in andere Länder mit niedrigen Strompreisen verkauft.

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Die Liste der Länder, die Schürfen und/oder Einsatz von Kryptowährungen verbieten, wird immer länger. Die juristische Abteilung der US-Kongressbibliothek hat 2018 acht Staaten mit ausdrücklichen Kryprowährungsverboten und 15 mit impliziten Verboten gefunden. Bei einer erneuten Rundschau im November 2021 waren es mit neun Staaten mit absoluten Verboten zwar nur einer mehr, aber immerhin 42 Länder untersagten es zu dem Zeitpunkt implizit.

Hinzu kommen Gebiete, die das Schürfen durch Aufschläge auf Energiepreise und/oder beschränkte Stromzuteilung beschränken oder bewusst unwirtschaftlich machen. Beispielsweise hält der kanadische Netzbetreiber Hydro-Québec maximal 300 MW Leistung für alle professionellen Schürfer in der Provinz Québec bereit. Keine neue Anlage darf mehr als 50 kW installierte Kapazität haben. Der Strompreis für die Anlagen lag zuletzt bei umgerechnet 11 Eurocent pro kWh. Das ist ein erheblicher Mehrpreis: Haushalte und Bauernhöfe zahlen in der französischsprachigen Provinz Kanadas nur gut 4 Eurocent pro kWh.

Anders ist die Situation unter anderem in der kanadischen Provinz Alberta, wo Gaskraftwerksbetreiber noch mit Billigtarifen Bitcoin-Schürfer locken – bis es zu heiß wird. Zusätzlich locken stillgelegte Gasquellen Spekulanten an, die sich dort den Strom für ihre Rechenanlagen selbst herstellen wollen. Das ist nur mit Genehmigung gestattet. Letztes Jahr mussten heimlich errichtete Bitcoin-Anlagen schließen.

(ds)