Wie das "elektrische Knie" bei Arthrose helfen könnte

US-Forscher haben ein Implantat entwickelt, das Schmerzen bei der degenerativen Gelenkerkrankung dort bekämpfen soll, wo sie entstehen.

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(Bild: Photo by Miri Mina on Unsplash)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Ben Schwan

Menschen, die an einer Arthrose im Bereich des Knies leiden, kämpfen oft mit Schmerzen, die sich nur medikamentös behandeln lassen. Ein neuartiges Implantat, an dem Forscher an der University of Connecticut (UConn) arbeiten, soll das betroffene Knorpelgewebe mit elektrischem Strom behandeln und so nicht nur schmerzlindernd wirken, sondern zu einer Gewebeerneuerung führen können. An Versuchstieren – Kaninchen – wurde das Verfahren bereits erfolgreich getestet. Es ist deutlich simpler als andere Ansätze wie etwa die Arbeit mit Stammzellen, die zu Knorpelgewebe ausgebildet werden sollen.

Arthrose ist eine Alterserkrankung, kann aber auch in jüngeren Jahren entstehen – etwa durch eine zu hohe Belastung bei Übergewicht oder zu viel Sport. Es handelt sich nach wie vor um eine nur schwer zu behandelnde degenerative Gelenkerkrankung, bei der es auch zu Entzündungsreaktionen kommen kann.

Das Team um den Bioingenieur Thanh Nguyen vom Department of Mechanical Engineering der UConn suchte nach einem technischen Ansatz – und fand ihn in der piezoelektrischen Stimulierung des Knorpels. Spannenderweise braucht das Verfahren keine Batterien: Der geringe notwendige Strom wird über die mechanischen Kräfte bei der Fortbewegung der Versuchstiere erzeugt. Das System basiert auf einer biologisch abbaubaren Membran aus PLLA (poly-L lactic acid), die einen halben Millimeter dick ist und Elektrizität erzeugt, wenn sie komprimiert oder gestreckt wird.

Der am Knorpel angelegte Strom regte die Heilung eines vorher beschädigten Kniegewebes an. Die Membranen dienen dabei als Gerüst für den nachwachsenden Knorpel. Zu Beginn des Versuchs hatten die Kaninchen Löcher im Knieknorpel, wie man sie auch von einem beschädigten menschlichen Arthrose-Knie kennt. Diese Bereiche wurden mit der Membran abgedeckt.

Nach einem Monat der Ruhe begann ein Trainingsprogramm für die Tiere: 20 Minuten pro Tag mussten sie auf ein Laufband, um ihre Gliedmaßen zu bewegen und damit die Stromimpulse zu erzeugen. Dadurch erhöhte sich nach einigen Wochen der Anteil am Knorpelgewebe wieder. In einer Kontrollgruppe mit einem ähnlichen Material, das keinen Strom erzeugte, ergab sich ein deutlich schlechteres Gewebebild unter dem Mikroskop.

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Ob sich Nguyens Idee auch beim Menschen umsetzen lässt, ist noch unklar. Angedacht ist aber, dass das Material so gewählt wird, dass es sich nach ungefähr acht Wochen einfach wieder von selbst auflöst – dann aber in einem hoffentlich zumindest teilweise reparierten Knie. "Die Ergebnisse sind faszinierend, aber wir müssen sie zunächst an größeren Tieren testen", sagt der Bioingenieur – also solchen, die eher mit Größe und Gewicht des Menschen übereinstimmen. Zudem soll die Technik auch an älteren Lebewesen erprobt werden, denn noch ist unklar, ob sie bei diesen genauso gut funktioniert. Denn das ist zumeist die Hauptzielgruppe für eine Behandlung.

(jle)