Kommentar: Forschung zum Solar-Geoengineering muss weitergehen

Es ist der falsche Zeitpunkt, die Idee der Sonnenlicht-Reflektierung zur Bekämpfung des Klimawandels aufzugeben, meint Holly Jean Buck.

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Ruhe, Sonne Sommer

(Bild: PeterDargatz, Public Domain (Creative Commons CC0))

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Holly Jean Buck
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Nur 100 von 26.000 Geowissenschaftlern wollten im vergangenen Dezember bei der Tagung der "American Geophysical Union" (AGU) in New Orleans über die stagnierende Forschung zum Solar-Geoengineering sprechen. Das ist die Idee, einen Teil des einfallenden Sonnenlichts zu reflektieren, um den sich erwärmenden Planeten zu kühlen. Die Forschung zu diesem Thema ist bisher sehr dürftig und seit einigen Jahren mehr oder weniger festgefahren.


Holly Jean Buck ist Assistenzprofessorin für Umwelt und Nachhaltigkeit an der University at Buffalo und Autorin von "Ending Fossil Fuels: Why Net Zero Is Not Enough".


Bei der AGU-Tagung hielten Forscherinnen vor fast leeren Konferenzräumen Zoom-Vorträge darüber. Wissenschaftler des National Center for Atmospheric Research (NCAR) aus Boulder im Bundesstaat Colorado zoomten sich ein, um aktualisierte Modellierungsszenarien vorzustellen. Dieselbe Frau, die ich vor fünf Jahren auf einer AGU-Tagung getroffen hatte, wartete nun bei der AGU-Postersitzung darauf, jemandem von ihrer Idee zu erzählen, wie man das arktische Eis mit reflektierenden, hohlen Mikrokugeln aus Glas schützen könnte.

Mitte Januar haben allerdings mehr als 60 führende Wissenschaftler ein "Internationales Abkommen über die Nichtnutzung von Solar-Geoengineering" vorgeschlagen. Das klingt im ersten Moment gut. Wir sollten tatsächlich ein Moratorium für Solar-Geoengineering haben, allerdings eines, das seine Nutzung regelt. Denn das Konzept ist in der Tat unausgereift und theoretisch und die Wissenschaft ist nicht in der Lage zu verstehen, was die Reflektion des Sonnenlichts für die Ökosysteme, das Klima oder die menschlichen Systeme bedeuten würde. Die Idee ist nicht einmal neu. Führende Forscher haben ein solches Moratorium bereits vor fast zehn Jahren im Fachjournal "Science" vorgeschlagen. Wir sollten auch ein Verbot der Patentierung von Technologien haben, wie es in diesem Nichtnutzungs-Abkommen vorgeschlagen wird.

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Doch insgesamt könnte Solar-Geoengineering erhebliche Vorteile haben. Es könnte potenziell den globalen Temperaturanstieg erheblich abmildern und möglicherweise schwerwiegende sekundäre Auswirkungen wie geringere Ernteerträge und eine größere Häufigkeit und Intensität von Wirbelstürmen und Taifunen ausgleichen. Wir wissen zwar nicht alles darüber, was es bewirken würde. Aber aus humanitärer Sicht spricht vieles dafür, mehr zu erfahren, selbst wenn sich später herausstellt, dass die Nachteile die Vorteile überwiegen.

Das Problem mit dem Nichtnutzungs-Vorschlag ist nämlich, dass er nicht angemessen zwischen Forschung und Entwicklung oder Einsatz unterscheidet. Es ist ein kaum verhüllter, oder vielleicht auch gar nicht verhüllter, Versuch, die Forschung zu diesem Thema zu unterdrücken. Die Autoren hatten bereits letztes Jahr einen Brief an das Fachjournal "Nature" geschrieben, in dem sie sich gegen einen Leitartikel mit dem Titel "Give research on solar geoengineering a chance" wandten. Ihr Standpunkt: "Wir fordern unsere Regierungen und Förderorganisationen auf, die Normalisierung der Forschung über planetare Solar-Geoengineering-Technologien zu stoppen."

Die Nichtnutzungsvereinbarung vom Dezember 2021 fordert eine Verpflichtung zum Verbot von Experimenten im Freien und ein Verbot für nationale Finanzierungsstellen, die Entwicklung von Solar-Geoengineering-Technologien zu unterstützen. Das soll sowohl in den USA als auch bei internationalen Institutionen so sein. Darüber hinaus sollen die Länder "die künftige Institutionalisierung des planetaren Solar-Geoengineerings als politische Option in den einschlägigen internationalen Institutionen, einschließlich der Bewertungen des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen, ablehnen". Wir wären also nicht in der Lage zu erfahren, wie das führende Gremium internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Wissenschaft einschätzt.

Was also ist hier das eigentliche Ziel? Es geht ihnen nicht darum, Wissen aufzubauen, sondern darum, die Forschung ungenießbar zu machen. Die Autoren skizzieren eine Vision, in der philanthropische Stiftungen ihre Unterstützung für den Nutzungsverzicht deutlich machen und öffentlich erklären, dass sie die Entwicklung von Solar-Geoengineering-Technologien nicht finanzieren werden. Universitäten, Wissenschaftsverbände, zivilgesellschaftliche Organisationen, Parlamente und andere würden das internationale Nichtnutzungsabkommen ebenfalls öffentlich unterstützen.

Das Ergebnis: "All dies würde solche Technologien für jede ernsthafte Forschungsgruppe zunehmend unattraktiv machen, in sie zu investieren, auch in Ländern, die das internationale Nichtnutzungsabkommen nicht sofort unterzeichnen würden." Mit anderen Worten: Es geht darum, einen so starken sozialen Druck zu erzeugen, dass keine seriöse Forschungsgruppe aus Angst vor Kritik Zeit in Solar-Geoengineering investieren möchte. Philanthropien und Regierungsstellen würden aus demselben Grund zögern, solche Forschung zu finanzieren.