Ab Steuerjahr 2021: Steuern sparen bei Hardware und Software im Homeoffice
Für das Steuerjahr 2021 gelten wesentliche neue Steuererleichterungen bei Hard- und Software. Wir erklären, wer davon profitiert und was man beachten muss.
- Martin Weigel
Schon die Regierung unter Kanzlerin Merkel wollte die Digitalisierung der Gesellschaft vorantreiben und die IT-Wirtschaft durch Kaufanreize stützen. Dazu legte der damalige Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD fest, die Abschreibungszeit für Wirtschaftsgüter, darunter Hard- und Software, erheblich zu verkürzen. Kürzlich stellte der neue Finanzminister Lindner weitere Erleichterungen in Aussicht.
Da sich die Vorgängerregierung nicht mehr dazu in der Lage sah, das Vorhaben in Gesetzesform zu gießen, handelte Anfang 2021 die Ministerpräsidentenkonferenz: Die Länderchefs beschlossen am 19. Januar 2021 geänderte Abschreibungsregeln für bestimmte digitale Wirtschaftsgüter als sogenannte "untergesetzliche Regelung".
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlichte daraufhin am 26. Februar 2021 ein Schreiben, in dem es die neuen Regeln festlegte. Dieses einer EU-Verordnung entlehnte Schreiben sollten Sie sich herunterladen, denn es enthält wichtige Definitionen, die man bei der Steuererklärung zur Hand haben sollte.
- Kosten für Hard- und Software können anders als bisher komplett für das Jahr der Anschaffung steuerlich geltend gemacht werden.
- Für welche Art von Geräten dies gilt, legt ein nicht immer eindeutiges Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen fest, das Interpretationsspielraum lässt.
- Bei der Abschreibung von beruflich oder betrieblich genutzter Software gelten besonders deutliche Erleichterungen.
Grundlegende Änderungen
Die Neuregelung bedeutet eine Systemänderung: Bisher legte die Finanzverwaltung in speziellen Abschreibungstabellen fest, welche Nutzungsdauer sie für ein bestimmtes Wirtschaftsgut schätzte und über welchen Zeitraum es daher abzuschreiben war. Nun hat sie eine gesetzesgleiche Regelung in die Welt gesetzt, die deutliche Veränderungen bei der Abschreibung bringt. Die wichtigsten Punkte aus dem BMF-Schreiben (im Weiteren: "Schreiben zur Digital-AfA") lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Die anzusetzende Nutzungsdauer bestimmter Hard- und Software, die nach dem 1. Januar 2021 gekauft wurde, beträgt ein Jahr. Sämtliche Anschaffungskosten können in einer Summe vollständig als Abschreibungsbetrag geltend gemacht werden (Sofortabschreibung).
- Dies gilt auch, wenn der Kauf in der zweiten Jahreshälfte 2021 stattfand – bisher galt eine genaue Aufteilung nach Monaten.
- Die Regelung gilt auch für Unternehmen mit abweichendem Wirtschaftsjahr.
- Restabschreibungsbeträge für Wirtschaftsgüter, die nach dem 1. Januar 2020 angeschafft wurden, können in voller Höhe als Werbungskosten/Betriebsausgaben angesetzt werden.
- Es gibt ein Wahlrecht: Nach der Anschaffung eines neuen Computers, neuer Software oder ähnlicher berufsbezogen genutzter Produkte kann der Käufer entscheiden, ob er die sofortige Abschreibung in Anspruch nehmen will oder – wie bisher – die Abschreibung über einen längeren Zeitraum wählen möchte.
Videos by heise
Für "Normalbürger" ist die Abschreibung steuerlich nur relevant, wenn sie bei ihren Einkünften aus nicht selbstständiger Tätigkeit den Pauschbetrag in Höhe von 1000 Euro überschreitet, den § 9a EStG ohne Nachweise gewährt. Die sofortige vollständige Abschreibung von Hard- und Software ermöglicht es vielen Steuerzahlern nun erstmals, mit ihren geltend zu machenden Werbungskosten die magische 1000-Euro-Grenze zu überschreiten – insbesondere weil die ebenfalls neue Homeoffice-Regelung gilt.
Was absetzbar ist
Bei den Kosten für Hardware darf nur der Anteil angesetzt werden, zu dem PC, Laptop oder sonstige begünstigte Anschaffungen später beruflich genutzt werden. Insbesondere für Unternehmen bedeutet das, dass sie die Frage "Leasing oder Kauf?" neu durchrechnen sollten. Ganz neue Erleichterungen ergeben sich bei der Abschreibung von Software.
Auch im laufenden Jahr sind Unternehmen und Arbeitnehmer wirtschaftlich stark von der Pandemie betroffen. Dem will Finanzminister Lindner mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz Rechnung tragen. Im Anfang Februar erschienen Referentenentwurf für das neue Gesetz steht beispielsweise, dass Arbeitnehmer auch für das Jahr 2022 die Homeoffice-Pauschale von 5 Euro pro Tag für Heimarbeit ohne Arbeitszimmer geltend machen können – wie im Vorjahr für maximal 120 Tage, also auf 600 Euro pro Jahr beschränkt.
Eine Corona-Ausnahme für Unternehmer will der Minister ebenfalls verlängern: Für Wirtschaftsgüter, die 2022 angeschafft werden, gewähren die Finanzbehörden die degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der zuvor geltenden linearen AfA, maximal also 25 Prozent der Anschaffungskosten beziehungsweise des Restbuchwerts pro Jahr. Die degressive Abschreibung war 2020 mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz wieder eingeführt worden.
Geringwertige Wirtschaftsgüter
Bisher konnte man lediglich solche Hard- und Software, die nicht mehr als 800 Euro netto gekostet hat – bei einem Umsatzsteuersatz von 19 Prozent also 952 Euro brutto – im Jahr der Anschaffung vollständig absetzen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG); Software mit Anschaffungskosten unter dieser Grenze heißt steuerlich "Trivialsoftware". Die Regelung des Schreibens zur Digital-AfA bringt nun in solchen Fällen einen Vorteil, in denen die Brutto-Anschaffungskosten höher als 952 Euro sind.
Was man bei einem Kauf von Hard- und Software für die Abschreibung zusammenfassen kann, lässt sich nur von Fall zu Fall entscheiden. So ist beim Kauf von Software zu unterscheiden, ob sie ein selbstständiges oder unselbstständiges, sogenanntes "immaterielles" Wirtschaftsgut darstellt (BFH-Urteil). Ist eine Software als selbstständiges Wirtschaftsgut zu behandeln, wird sie unabhängig von der Hardware abgeschrieben und bei Buchführungspflichtigen bilanziert. Falls eine Software dagegen lediglich Teil eines anderen Wirtschaftsguts ist, erfolgt eine einheitliche Abschreibung und Bilanzierung.
Wird Hardware als "Geringwertiges Wirtschaftsgut" (GWG) abgeschrieben, kann die sofortige Abschreibung in voller Höhe unabhängig von den Regelungen des Schreibens zur Digital-AfA erfolgen. Buchführungspflichtige müssen dann allerdings darauf achten, dass diese Wirtschaftsgüter – wie bisher – in ein Verzeichnis gemäß § 6 Abs. 2 EStG aufzunehmen sind, falls diese Angaben nicht aus der Buchführung ersichtlich sind. Umgekehrt entfällt die Aufzeichnungspflicht, falls die Abschreibung auf der Grundlage des Schreibens zur Digital-AfA erfolgt.
Grauzonen
Was als Hardware der kurzen Abschreibungsdauer unterliegt, wird in Anlehnung an die EU-VO 617/2013 vom 26. Juli 2013 ("Ökodesign-Verordnung") im Schreiben zur Digital-AfA näher definiert. Dabei ist jedoch zu beachten, dass man nicht sämtliche Gerätegruppen der EU-Verordnung in das BMF-Schreiben übernommen hat. Für Hardware, die im Schreiben zur Digital-AfA nicht aufgeführt ist, kann die neue, kurze Abschreibungsdauer nicht in Anspruch genommen werden.
Die Trennung zwischen geförderter und nicht geförderter Hardware ist mitunter unklar. So lässt das Schreiben offen, welche Server von der Regelung erfasst werden. Es führt bei der geförderten Hardware neben "Workstations" und "mobilen Workstations" nur "Small-Scale-Server" auf. Unklar ist beispielsweise, ob auch Server in Rechenzentren gefördert werden. Eine Negativliste mit nicht geförderten Gerätekategorien würde Klarheit schaffen. Bisher weigert sich das Finanzministerium allerdings, eine solche Liste aufzustellen.
Peripheriegeräte und Software
Während das Schreiben zur Digital-AfA die verschiedenen Arten geförderter Rechner detailliert aufführt, nennt es Peripheriegeräte lediglich beispielhaft. Klar ist: Eingabegeräte wie Tastatur, Maus, Grafiktablett, Scanner, Mikrofon und Headset sowie externe Speicher (Festplatte, DVD-Laufwerk, Flash-Speicher, USB-Stick) und Ausgabegeräte (Beamer, Lautsprecher, Monitore, Drucker) können ebenfalls sofort abgeschrieben werden.
Die wohl größte Freude dürfte bei der neuen Abschreibung von beruflich oder betrieblich genutzter Software herrschen. Unter Software wird jegliche Betriebs- und Anwendersoftware zur Dateneingabe und -verarbeitung verstanden. Die steuerliche Regelung zur Sofortabschreibung bezieht sich nicht nur auf Standardanwendungen, sondern auch auf individuell abgestimmte Anwendungen wie ERP-Software oder Warenwirtschaftssysteme, deren Kosten in die Millionen gehen können. Steuerberater jubeln, da mit der neuen Verwaltungsregelung eine Vielzahl steuerlicher Abgrenzungsfragen bei der Bilanzierung und Abschreibung solcher Systeme wegfallen. Wirtschaftsprüfer weisen jedoch darauf hin, dass das Schreiben zur Digital-AfA nur steuerliche Wirkung entfaltet – die Handelsbilanz ist mit jeweils eigenen Werten aufzustellen.
Es wird grün
Der steuerliche Vorteil soll nur für Neuanschaffungen gewährt werden, die der Maxime der Energiesparsamkeit genügen. Daher wird für die im Schreiben zur Digital-AfA aufgeführte Computerhardware nur dann die kurze Abschreibungszeit gewährt, wenn "gemäß Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 617/2013 zur Durchführung der Richtlinie 2009/125/EG eine ‚Kennzeichnungspflicht des Herstellers‘ besteht, wonach die Produktart nach Art. 2 der EU-Verordnung in den technischen Unterlagen anzugeben ist".
Was diese Formulierung für den Einzelnen bedeutet, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beurteilen. Denn die EU-Verordnung, von der hier die Rede ist, regelt für elektronische Gerätschaften wie Computer, wie die Richtlinie 2009/125/EG konkret umzusetzen ist. Es geht darum, sicherzustellen, dass die Anforderungen an die umweltgerechte Gestaltung ("Ökodesign") energieverbrauchsrelevanter EDV-Produkte erfüllt sind.
Problematisch könnte es werden, wenn der neue Computer in einem Computerladen oder vom Käufer selbst aus Einzelkomponenten zusammengebaut wurde. Möglicherweise genügt es jedoch, die – jeweils vom Hersteller zertifizierten – Bauteile aufzulisten, um auch einen individuell zusammengestellten Rechner im ersten Jahr komplett abschreiben zu können. Das BMF hat auf Nachfragen dazu die Antwort verweigert. Daher kann es bei einem Selbstbau-PC gewiss nicht schaden, die verwendeten Einzelteile aufzulisten und gegebenenfalls Ökodesign-Angaben der Hersteller zu zitieren.
Offene Fragen
Die Abschreibung von Hard- und Software wird durch die neuen Regeln völlig umgestaltet. Viele Steuerzahler können sich über Vereinfachungen freuen und möglicherweise erstmals ihre beruflichen IT-Kosten steuermindernd beim Finanzamt anmelden. Allerdings bleiben bisher noch eine ganze Reihe von Fragen offen. Das Problem besteht darin, dass die Finanzverwaltung zu Zweifelsfragen erst dann eine Position beziehen wird, wenn die Veranlagungen stattfinden. Wir wünschten uns mehr Bürger- und Unternehmensfreundlichkeit vom BMF.
Besonders für bilanzierende Unternehmen gibt es noch viel zu klären. So dürfte der Wechsel auf die verkürzte Abschreibungszeit nicht möglich sein, falls in der Vergangenheit die Pool-Abschreibung nach § 6 Abs. 2a EStG gewählt wurde. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzbehörden zu dieser Frage positionieren werden. Es empfiehlt sich für Unternehmen, ein eigenes Aufwandskonto für die Abschreibung auf der Grundlage des neuen BMF-Schreibens zu bilden. So lässt sich eine Abgrenzung gegenüber GWG- und Abschreibungskonten herbeiführen.
Gewerbesteuerpflichtige Unternehmer sollten mit ihrem Steuerberater die Frage diskutieren, ob durch das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 26.2.2021 (Az. BFH III R 38/17) eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung bei einer Anschaffung und sofortigen Abschreibung von Software erfolgen muss (BFH-Urteil).
(dwi)