Privacy Shield 2.0: EU und USA einig bei neuem Abkommen zum Datenaustausch

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und US-Präsident Joe Biden haben eine "grundsätzliche Einigung" über den transatlantischen Datenverkehr erzielt.

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US-Präsident Joe Biden und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

US-Präsident Joe Biden und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach ihrem Treffen am Freitag in Brüssel.

(Bild: EU-Kommission/Christophe Licoppe)

Lesezeit: 3 Min.

Zwischen der EU und den USA sollen personenbezogene Daten wieder einfacher fließen können. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) hat nach einem Gipfelgespräch mit US-Präsident Biden einen neuen Ansatz zum Datenaustausch angekündigt. Sie freue sich sehr, "dass wir eine grundsätzliche Einigung über einen neuen Rahmen für den transatlantischen Datenverkehr erzielt haben", erklärte von der Leyen nach dem Treffen mit ihrem US-Kollegen.

Ein neues Abkommen werde "vorhersehbare und vertrauenswürdige" Datenflüsse ermöglichen, bei denen die Privatsphäre und die Bürgerrechte geschützt werden, versicherte von der Leyen. Biden zeigte sich "stolz" über den "weiteren großen Durchbruch" beim Datenverkehr. Details nannten die Spitzenpolitiker nicht.

Auch ein Entwurf für eine neue rechtliche Rahmenvereinbarung existiert bisher offenbar nicht. Die Anforderungen an ein weiteres "Datenschutzschild" sind hoch: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im Sommer 2020 mit dem "Schrems II"-Urteil den transatlantischen Privacy Shield und damit eine der wichtigsten Grundlagen für den Transfer von Kundendaten in die USA für ungültig erklärt.

Die Luxemburger Richter stellten dabei erneut fest, dass US-Gesetze wie FISA oder der Cloud Act eine Massenüberwachung durch Sicherheitsbehörden ermöglichen und der Datenschutzstandard in den Vereinigten Staaten daher nicht dem in der EU entspricht. 2015 hatte der österreichische Aktivist Max Schrems vor dem EuGH auch bereits das Vorgängerabkommen "Safe Harbor" zu Fall gebracht. Ein dritter Anlauf dürfte daher ohne grundsätzliche US-Reformen wohl kaum ausreichen, um einen angemessenen Datenschutz für EU-Bürger zu gewährleisten.

Schrems sieht die Ankündigung von der Leyens skeptisch: "Wir hatten bereits 2015 ein rein politisches Abkommen, das keinerlei Rechtsgrundlage hatte", betont der Jurist. "Wie es derzeit aussieht, könnten wir das gleiche Spiel jetzt ein drittes Mal spielen." Bei dem Deal handle es sich offenbar um einen symbolischen Schritt, der "keinen Rückhalt der Experten in Brüssel hat, da sich die USA nicht bewegt haben".

Nach Informationen der von Schrems gegründeten Datenschutzorganisation Noyb planen die USA "keine Änderungen ihrer Überwachungsgesetze, sondern lediglich Zusicherungen der Exekutive" über einschlägige Anordnungen. Diese hätten "keine externe Wirkung und können nicht eingeklagt werden". Eine echte Lösung wie ein "No-Spy-Abkommen" mit "Basisgarantien unter gleichgesinnten Demokratien" sei hier bisher nicht ersichtlich. Kunden und Unternehmen drohten so "weitere Jahre der Rechtsunsicherheit".

Zuletzt hatte Beobachtern zufolge eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA die Schwierigkeiten für ein Privacy Shield 2.0 noch vergrößert. Die Richter des Supreme Court geben der US-Regierung damit mehr Spielraum bei der Berufung auf "Staatsgeheimnisse" in Spionagefällen. US-Bürgern und Europäern dürfte es so gleichermaßen schwerer fallen, eine geheime Überwachung durch Sicherheitsbehörden in den USA vor dortigen Gerichten anzufechten.

Eine neue Vereinbarung bedarf letztlich einer Exekutiventscheidung der EU-Kommission, die zunächst vom Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) geprüft werden müsste. Dieser Prozess kann erst nach Vorliegen eines Entwurfs für einen solchen Rechtsakt gestartet werden. Ein tatsächlicher "Angemessenheitsbeschluss" der Brüsseler Regierungsinstitution dürfte daher noch mindestens ein paar Monate brauchen. Bis dahin können sich Unternehmen nicht auf die reine Ankündigung berufen, um rechtskonform Daten in die USA zu übermitteln.

(vbr)