Automatische Vertragsverlängerung bei Elitepartner.at und Parship.at illegal

Die Partnervermittlung von ProSiebenSat.1 verstößt mehrfach gegen österreichischen Konsumentenschutz, urteilt das Handelsgericht Wien.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 31 Kommentare lesen
Mehrere Vorhängeschlosser an einem Maschendrahtzaun, eines davon in Herzform

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die automatische Verlängerung von Verträgen für Online-Partnervermittlung unter elitepartner.at und parship.at ist mehrfach rechtswidrig. So urteilt das Handelsgericht Wien (GZ 57 Cg 32/19k, nicht rechtskräftig). Das könnte österreichischen Kunden die Möglichkeit eröffnen, von automatisch verlängerten Verträgen zurückzutreten. Außerdem sagt das Gericht, dass Kunden mit neuen 24-Monats-Verträgen gar nicht so lange gebunden sind.

Das Urteil gegen die Hamburger Betreiberfirma PE Digital GmbH, die zur ProSiebenSat.1-Gruppe gehört, ist am 9. März ergangen. Geklagt hatte der österreichische Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Sozialministeriums. Anlass waren zahlreiche Beschwerden von Konsumenten, deren kostenpflichtige Mitgliedschaften bei Parship und Elitepartner automatisch um zwölf Monate verlängert wurden. Dabei ist dies nicht das erste Urteil in Zusammenhang mit automatischen Vertragsverlängerungen gegen die Partnervermittlung.

Die beiden Webseiten bieten kostenpflichtige Mitgliedschaften für zunächst sechs, zwölf oder 24 Monate an. Laut allgemeinen Geschäftsbedingungen verlängern sich diese Mitgliedschaften automatisch um die "jeweils" vereinbarte Laufzeit, sofern der Kunde nicht zwölf Wochen (!) vorher kündigt. PE Digital meint damit aber nicht sechs, zwölf oder 24 Monate Verlängerung, sondern stets zwölf Monate – und das in aller Regel zu einem höheren Monatspreis.

Das ist so verwirrend, dass die Klausel vom Gericht als ungültig erkannt wurde. Zu allem Überdruss können die online geschlossenen Verträge nicht online gekündigt werden – dazu müssen die Kunden einen Brief oder Fax schicken und ihre Chiffre kennen. Diese Schikane wurde im Prozess aber nicht thematisiert. In Deutschland sammelt der Verbraucherzentrale Bundesverband Betroffene für eine Musterfeststellungs-Klage gegen Parship-Vertragsbedingungen.

Das österreichische Konsumentenschutzgesetz (KSchG) schreibt vor, dass Verbraucher vor automatischen Vertragsverlängerungen gewarnt werden müssen. Diese Bestimmung ist PE Digital offenbar ein Dorn im Auge. Zunächst versuchte die Firma, diese Auflage durch einen Eintrag im Kundenkonto auf der jeweiligen Webseite zu erfüllen. Ein an Kunden verschicktes E-Mail wies zwar auf eine neue Mitteilung hin, erwähnte aber die drohende Vertragsverlängerung nicht. Diese Praxis hat das Oberlandesgericht Wien schon am 25. Februar 2017 (129 R 3/17k) für rechtswidrig erkannt.

Seither verschickt der Partnervermittler E-Mails mit absurd langem Betreff: "Information zu Ihrem aktuellen Profil: Hinweis auf Laufzeit und die automatische Vertragsverlängerung Ihrer Mitgliedschaft". Kaum ein E-Mail-Interface zeigt so lange Betrefftexte vollständig an. "Damit liegt eine irreführende sowie aggressive Geschäftspraktik im Sinne des Paragraph 2 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 des Gesetzes gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) vor", urteilt das Handelsgericht Wien.

Der Text der Nachricht verrät nicht, binnen welcher Frist eine ausdrückliche Erklärung abzugeben ist, um die Vertragsverlängerung abzuwenden. Kunden werden immer noch auf das Online-Konto verwiesen. Überhaupt im Dunkeln lässt ProSiebenSat.1 seine österreichischen Kunden über Ihr Recht auf Rücktritt vom Vertrag nach dem österreichischen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (Paragraph 11 f FAGG). Laut dieser Bestimmungen können Konsumenten von vielen online geschlossenen Verträgen binnen 14 Tagen zurücktreten – und das gilt auch bei Vertragsverlängerungen.

Die Frist beginnt erst dann zu laufen, wenn der Anbieter den Konsumenten über das Recht aufgeklärt und ihm ein Formular zugemittelt hat. Dem müssten Parship.at und Elitepartner.at vor jeder automatischen Vertragsverlängerung nachkommen, was sie aber nicht tun. Damit beginnt die Frist nicht zu laufen und Betroffene können immer zurücktreten.

Parship und Elitepartner schicken die (laut Urteil sowieso unzulänglichen) Warnhinweise erst zwei Wochen vor dem Ende der Kündigungsfrist – zu kurzfristig, sagt das Gericht. Zu lang ist dafür die vorgesehene Verlängerung um gleich zwölf Monate. Das müssen Parship und Elitepartner in Zukunft kürzer geben.

Außerdem inkorrekt ist laut Urteil die Ausgestaltung neuer Verträge mit 24 Monaten Laufzeit. Erstens sei das nach Paragraph 6 Absatz 1 Ziffer 1 KSchG unangemessen lange. Zweitens gewähre Paragraph 15 KSchG bei dieser Art Vertrag ein Rücktrittsrecht nach einem Jahr, und danach halbjährlich (mit zwei Monaten Kündigungsfrist).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Umfrage (Opinary GmbH) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Opinary GmbH) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Die Verträge des Partnervermittlers suggerieren jedoch, dass dieses Rücktrittsrecht nicht zustünde. Daher erklärt das Gericht diese Klauseln sowohl für intransparent laut Paragraph 6 Absatz 3 KSchG, als auch für gröblich benachteiligend gemäß Paragraph 879 Absatz 3 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB).

Die ProSiebenSat.1-Tochter muss nun ihre österreichischen Verträge bis spätestens Juli korrigieren oder Rechtsmittel einlegen. In der Vergangenheit hat PE Digital mit seiner Partnervermittlung Elitepartner ein österreichisches Verbraucherschutz-Urteil ignoriert.

(ds)