Auch Digitalfotos können Photo Porst nicht retten

Es wirkt fast schon wie Ironie: "Millionär und Marxist" ist die Filmbiografie von Hannsheinz Porst betitelt. Inzwischen kämpft der traditionsreiche Foto-Filialist einmal wieder ums Überleben.

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  • Klaus Tscharnke
  • dpa

Es wirkt fast schon wie Ironie: "Millionär und Marxist" ist die Filmbiografie von Hannsheinz Porst betitelt, die die ARD heute um 21.45 Uhr in der Reihe Lebensträume ausstrahlt: "Als Erbe des 'größten Fotohauses der Welt' stampft Porst nach 1948 ein Imperium mit Verkaufsgeschäften, Fotolaboren und Druckereien aus dem Boden. Seine Geschäftsideen holt er sich aus Amerika, seine Produkte aus Asien. Seine politische Heimat findet er als heimliches Mitglied in der SED", heißt es in der ARD-Ankündigung.

Inzwischen aber kämpft der traditionsreiche Foto-Filialist Photo Porst einmal wieder nach einem Insolvenzantrag ums Überleben. Rund 20 Jahre nach dem ersten Konkurs und nach mehreren spektakulären Besitzer-Wechseln ist der Fortbestand des ältesten deutschen Fotohauses erneut in Frage gestellt. Wie das Unternehmen am Montag mitteilte, beantragte der Vorstand beim Amtsgericht Nürnberg die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Photo Porst war 1919 in Nürnberg von Hanns Porst gegründet worden und berichtet in seiner Unternehmensgeschichte davon, man habe bereits 1929 als "der Welt größtes Fotohaus" auftreten können. Seit 1986 ist Photo Porst eine Aktiengesellschaft.

In der Vorstandserklärung vom Montag heißt es, mit dem Gang zum Insolvenz-Gericht wolle man die bundesweit rund 1100 Arbeitsplätze erhalten. Auch sollen die Lieferanten- und Kundenbeziehungen auf diese Weise gesichert werden. Das am Neuen Markt notierte Unternehmen PixelNet mit Sitz im ostdeutschen Wolfen hatte das defizitäre Unternehmen Photo Porst Anfang 2001 zum symbolischen Preis von einer Mark übernommen. Zuvor hatte Photo Porst zur belgischen Spector Photo Group N.V. gehört. Das Unternehmen bezifferte seinen Verlust per Ende Mai auf 15,7 Millionen Euro. Photo Porst-Vorstandsmitglied Walter Kroha wies ergänzend auf die 15,24 Millionen Euro hin, die PixelNet seit vergangenem Jahr in die Tochter investiert habe. "Doch auch diese erheblichen Investitionen haben nicht ausgereicht, um in Kooperation mit den vielen Franchise-Nehmern und Filialen verlustfrei arbeiten zu können", sagte Kroha.

Hinzugekommen seien die Umsatzeinbrüche von bis 25 Prozent in einzelnen Bereichen. Der gesamte Fotohandel leide unter drastischen Umsatzeinbußen, Preisverfall und einer Margen-Erosion. Zu den sinkenden Umsätzen im klassischen Fotogeschäft seien die Einbrüche beim Handy-Absatz gekommen. "Das ist mit Bordmitteln nicht mehr aufzufangen", fügte Kroha hinzu. Auf Grund dieser Entwicklungen habe das Geld für die weitere Restrukturierung von Photo Porst und den Ausbau des digitalen Fotogeschäfts gefehlt.

Die PixelNet-Führung hatte bei der Übernahme vor allem das große Filialnetz von Photo Porst im Auge, von dem sie sich auf dem jungen Markt der elektronischen Fotografie einen Umsatz-Schub erhoffte. Umgekehrt sollte sich Photo Porst mit der PixelNet-Technologie "auf einen Schlag in den Zukunftsmarkt katapultieren". Statt zum Umsatzbringer entwickelte sich der im fränkischen Schwabach ansässige Foto-Filialist aber zu einem größeren wirtschaftlichen Risiko als der frühere PixelNet-Chef Matthias Sawatzky geahnt hatte. Darauf lassen jedenfalls die PixelNet-Zahlen des ersten Quartals schließen. Danach lag der Verlust im ersten Quartal mit 7,3 Millionen Euro mehr als doppelt so hoch wie im Vergleichs-Quartal des Vorjahres. Beobachter machen dafür hauptsächlich die Verluste der Photo Porst verantwortlich.

PixelNet bemühte sich nach dem Ausscheiden von Vorstandschef Sawatzky und dessen Finanzvorstand Arno Waschkau wieder um ein handlungsfähiges Management. Beide hatten das Unternehmen Mitte Juni verlassen. Zum neuen Vorstandschef hat der ebenfalls umbesetzte Aufsichtsrat inzwischen Gerhard Köhler berufen, der bis Jahresende 2001 das Finanzressort geleitet hatte.

Eine wechselvolle Geschichte

Höhen und Tiefen sind der Stammbelegschaft der Photo Porst AG nicht fremd. Viele Mitarbeiter und Geschäftspartner des heute in Schwabach ansässigen Unternehmens haben mit der wechselvollen Geschichte des fränkischen Foto-Filialisten zu leben gelernt. Dabei sah es bis in die 70er Jahre so aus, als könnte nichts den unternehmerischen Erfolg des damals größten deutschen Fotohauses bremsen.

Den Grundstein hierzu hatte einst der Nürnberger Magistratsschreiber Hanns Porst gelegt. Mit einem Startkapital von 600 Goldmark machte der damals 23-Jährige sein Hobby zum Beruf und eröffnete das "Photo-Haus Porst" in der Nürnberger Innenstadt. Das Versandgeschäft ließ das Unternehmen rasch wachsen. 1939 setzte es mit 450 Mitarbeitern zehn Millionen Reichsmark um. Selbst nach dem Zweiten Weltkrieg kam die Firma rasch wieder auf die Beine. Mit der aus den Trümmern seines Stammhauses geretteten Kundenkartei konnte Hanns Porst schnell wieder an seinen Vorkriegs-Erfolg anknüpfen.

Eine neue Ära brachte 1960 die Übergabe des Unternehmens an den Sohn des Firmengründers, Hannsheinz Porst. Dieser machte aus dem traditionellen Foto-Versandhändler einen Fotofilialisten. Dabei setzte Hannsheinz als einer der ersten auf das so genannte Franchise-System: Er ließ selbstständige Einzelhandelskaufleute von Porst eingerichtete Läden betreiben und sicherte ihnen Gebietsschutz zu. Doch bald schon sorgte der junge Chef für Skandale. Nach einer Affäre wegen Steuerhinterziehung geriet Porst Junior wegen seiner Kontakte zum DDR-Geheimdienst in Spionage-Verdacht. Er wurde schließlich wegen "verräterischer Beziehungen" zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Der mit den Etiketten des Sozialromantikers behaftete Jungunternehmer versuchte schließlich seine Vorstellung auch im eigenen Betrieb durchzusetzen. 1972 führte er ein Mitarbeitermodell mit Gewinnbeteiligung der Beschäftigten ein. Das Modell scheiterte nach zehn Jahren und stürzte das Unternehmen in eine schwere Krise. Nach dem Konkurs wurde die Firma 1981 vom schweizerischen Elektronik- und Fotohandelskonzern Interdiscount übernommen.

Das Unternehmen blühte noch einmal auf und brachte es -- seit 1986 als AG -- 1992 auf einen Umsatz von knapp einer Milliarde Mark. Als jedoch erneut Verluste aufliefen, stand der nächste Besitzerwechsel an: Die belgische Foto-Gruppe Spector Photo Group N.V. bekam Ende 1996 bei Photo Porst das Sagen, bevor es die Verluste leid hatte und das Unternehmen Anfang 2001 für eine Mark an den ostdeutschen Spezialisten für elektronische Fotografie, Pixelnet, in Wolfen verkaufte. Photo Porst hatte nach eigenen Angaben im Jahr 2001 einen Umsatz von 220 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Verlust lag bei 5,4 Millionen Euro. Neben 200 eigenen Filialen arbeitet das Fotohaus mit 400 Franchise-Partnern zusammen. Mit Film- und Bildstellen verfügt es über insgesamt 1800 Vertriebsstellen. Der Marktanteil am Fotohandel in Deutschland liegt den Angaben zufolge bei zehn Prozent. (Klaus Tscharnke, dpa) / (jk)