Händler-Roulette: Checkliste zur Shop-Auswahl beim Onlinekauf

Sicher oder günstig, das sind die Extrempole beim Onlineshopping. Beides birgt Risiken; wir zeigen, wie Sie online einkaufen, ohne hereinzufallen.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Georg Schnurer
Inhaltsverzeichnis

Mein Kumpel Axel geht beim Online-Einkauf auf Nummer sicher: Er ist Prime-Mitglied bei Amazon und kauft dort alles. Gefällt ihm ein Produkt mal nicht, kann er es problemlos zurückschicken. Angst vor Betrügern oder mangelhafter Ware braucht er nicht zu haben. Andere Onlineshops bieten die Waren allerdings oft günstiger an.

Paul ist ein ganz anderer Shopping-Typ: Er sucht stets das günstigste Angebot. Mit Google und Preisvergleichsportalen durchforstet er das Internet und entscheidet sich für den günstigsten Shop. So kauft er immer wieder bei anderen Händlern ein und spart – wenn alles gut geht – eine Menge Geld.

Allerdings hat die wilde Schnäppchenjagd auch ihre Schattenseiten, denn Betrüger haben längst erkannt, dass Online-Shopper im Jagdfieber leichte Opfer sind. So wundert es kaum, dass Paul auch viel Zeit und Energie in Reklamationen und andere Streitereien mit den stets wechselnden Lieferanten investiert.

Zwischen den Shopping-Verhalten von Axel und Paul gibt es einen goldenen Mittelweg. Die wichtigste Grundregel lautet dabei: Wenn ein Angebot zu gut ist, um echt zu sein, ist es das in der Regel auch nicht. Bietet ein Shop ein Produkt sehr viel günstiger als die Konkurrenz an, kann irgendetwas nicht stimmen.

Was da nicht stimmt, ist allerdings auch für erfahrene Onlinekäufer nicht immer leicht zu erkennen. Die Zeiten, als man Fakes schon an den Schreibfehlern in den Produktbeschreibungen, fehlendem Impressum oder ungültiger Handelsregisternummer erkennen konnte, sind längst vorbei. Die Betrüger kopieren inzwischen komplette Angebote und Webseiten seriöser Anbieter, nebst Impressum, Gütesiegeln und so weiter. Schon länger aktive Fake-Shops entlarven Sie dennoch recht zuverlässig mit einer Google-Suche nach dem Shopnamen nebst den Stichwörtern "Betrug" und "Fake". Da die Betrüger aber immer wieder neue Fake-Shops aus dem Hut zaubern, ist das kein zuverlässiges Mittel.

Damit der Schnäppchenjäger nicht zu viel Zeit für Recherchen aufwendet, erhöhen die Anbieter gezielt den Druck auf den Käufer: Mal ist plötzlich nur noch ein Produkt zum Superpreis auf Lager, mal läuft der Zähler für die verfügbaren Schnäppchen langsam ab oder das Angebot gilt nur für einen engen Zeitraum. Beliebt sind hier auch zeitlich begrenzte Eröffnungs- oder Einführungsangebote.

Von solchen – leider auch bei so manchem seriösen Shop üblichen – Drängeleien sollten Sie sich nicht unter Druck setzen lassen. Suchen Sie vor dem Kauf gründlich und in Ruhe nach Fallen. Erster Warnhinweis ist der eingangs genannte zu günstige Preis. Bietet der Shop ausschließlich "Vorkasse" als Bezahlmethode an, ist Alarmstufe Rot. Wer hier vorab bezahlt, ist sein Geld los. Tückisch ist auch PayPal als Zahlmethode bei eBay. Sie sollten für Onlinekäufe keinesfalls die sogenannten "Zahlungen an Freunde" verwenden. Diese PayPal-Variante bietet nämlich keinerlei Käuferschutz.

Ganz raffinierte Betrüger bieten auf den ersten Blick neben Vorkasse weitere Bezahlmethoden an. Versucht man dann, etwa Kauf auf Rechnung, Lastschrift oder Kreditkartenzahlung zu wählen, lässt sich diese Optionen nicht aktivieren. In solchen Fällen sollten Sie den Kauf abbrechen.

Bei auffällig günstigen Angeboten sollten Sie prüfen, ob Sie wirklich Neuware erwerben. Mancher Händler versucht, Widerrufsware oder reklamierte Produkte weiterzuverkaufen, ohne deutlich darauf hinzuweisen, dass es sich hier um gebrauchte Ware handelt. Irgendwo steht dann zwar, dass es "neuwertige" Produkte sind, aber neuwertig ist halt nicht neu!

Beliebt sind auch Angebote mit leicht abgewandelten Produktbezeichnungen. Oft verbergen sich hinter kleinen Abweichungen in der Typenbezeichnung abgespeckte oder nur eingeschränkt nutzbare Produkte. Hier schützt ein Vergleich mit der Produktbeschreibung auf der Herstellerwebseite vor ärgerlichen Reinfällen.

Ein besonders lukratives Umfeld für Betrüger sind Shopping-Angebote in sozialen Netzwerken. Da viele Nutzer hier mehr Vertrauen in vermeintlich neutrale Empfehlungen von "Freunden" haben, werden solche Plattformen gern mit vermeintlichen Schnäppchenangeboten geflutet.

Mal verweisen diese Angebote auf Fake-Shops, mal bieten die Bauernfänger dort minderwertige Waren mit allzu verlockenden Beschreibungen und geschönten Fotos an. Kommt nach dem Kauf tatsächlich etwas an, entpuppt sich die Ware häufig als Billigprodukt von minderwertiger Qualität. Eine Reklamation ist oft nicht möglich, weil der Anbieter plötzlich im EU-Ausland sitzt oder als Vermittler auftritt. Mitunter ist der Verkäufer nach dem Kauf auch einfach nicht mehr zu erreichen.

„Bezahlung per PayPal als Freund“ – ein klarer Hinweis auf eine Falle. Hier sind es gefälschte Apple-Lautsprecher.

Auch im vermeintlich sicheren Hafen von Amazon tummeln sich Betrüger. Um die Schutzmechanismen von Amazon zu umgehen, versuchen diese, den Käufer zur Zahlung außerhalb des Amazon-Zahlungssystems zu drängen. Lassen Sie sich nicht darauf ein und melden Sie solche Angebote möglichst sofort bei Amazon. Die Plattform entfernt unseriöse Offerten in der Regel recht schnell und sperrt die Händler. Leider dauert es meist nur wenige Tage, bis ähnliche Angebote wieder auf der Plattform auftauchen. Hase und Igel lassen grüßen.

Die am häufigsten anzutreffende Betrugsmasche bei eBay sind Produktfälschungen. Zwar bietet eBay ähnlich wie Amazon ein Käuferschutzsystem, doch das greift nur, wenn die Bezahlung über eBay abgewickelt wird. Deshalb drängeln betrügerische Verkäufer auch hier mitunter zur direkten Zahlung per Vorkasse oder per PayPal-Freundschaftsüberweisung. In beiden Fällen gibt es keinen Käuferschutz, also Finger weg!

Doch auch wer die vermeintlich sichere Zahlung über das Bezahlsystem von eBay wählt, kann nach Erhalt mangelhafter oder gefälschter Ware noch im Regen stehen. Der eBay-Käuferschutz setzt nämlich voraus, dass die Ware nachweislich an den Händler zurückgesendet wurde. Sitzt der etwa in China, können die Rücksendekosten schnell die von eBay zu erwartende Erstattung auffressen. Hier haben manche Händler vor allem aus China ein perfides System entwickelt, um zu verschleiern, wo der tatsächliche Firmensitz ist. Da wird mit "Versand aus Deutschland" und "Artikelstandort: Hamburg" geworben und nur wer sich bis zum eBay-Impressum des Händlers durchklickt, erfährt, dass er im Begriff ist, mit einem Händler aus dem EU-Ausland Geschäfte zu machen. EU-Käuferschutzregeln gelten dann nicht und Sie sind bei Problemen auf die Kulanz des Händlers und der Plattform angewiesen.

Shopping-Regeln

Wer die folgenden Regeln beachtet, kann günstig, aber dennoch sicher einkaufen:

  • Fake-Shops erkennen und meiden: Ist ein Angebot unverschämt billig und bietet der Händler ausschließlich Vorkasse an, müssen die Alarmglocken laut schrillen.
  • Gebrauchtware und kastrierte Produkte erkennen: Nur wer die Produktbeschreibung sorgfältig studiert, schützt sich vor ärgerlichen Reinfällen.
  • Sichere Bezahlvariante wählen: Sie sollten nur in Ausnahmefällen per Vorkasse zahlen. Diesen Vertrauensvorschuss haben nur Händler verdient, die Sie bereits genutzt und als zuverlässig eingestuft haben.
  • Immer die Gesamtkosten beachten: Versteckte Kosten, etwa für den Versand oder die Zahlungsabwicklung, können aus einem Schnäppchen schon mal einen teuren Reinfall machen.
  • Lieferzeiten prüfen: Gibt der Händler keine klaren Lieferzeiten an oder hält er sich hier mit schwammigen Formulierungen bedeckt? "Lieferung üblicherweise in 1–2 Tagen" ist keine feste Zusage! Nachfragen vor dem Kauf schützt hier vor Überraschungen.
  • Vorsicht bei Angeboten auf Social Media: Verkäufer sind keine Freunde! Prüfen Sie Angebote genau und vergleichen Sie die Preise. Nur weil da jemand "Schnäppchen" brüllt, muss das noch lange kein attraktives Angebot sein.

Gerade Elektronikkomponenten oder ähnlichen Bastelbedarf bekommt man über Plattformen wie Aliexpress inzwischen recht komfortabel. Da die Plattform mittlerweile beim Versand nach Deutschland eine Verzollung gemäß den neuen EU-Regeln vornimmt, sind Sie weitestgehend vor Überraschungen in Form von unerwarteten Abgaben verschont. Alipay arbeitet bei Käufen aus Deutschland neuerdings mit Klarna zusammen. Damit können Kunden aus Deutschland nicht nur per Kreditkarte zahlen, sondern auch auf Rechnung einkaufen. Nach Erhalt der Ware können sie diese so in Ruhe prüfen und dann die Zahlung via Klarna veranlassen.

Ganz frei von Fallstricken ist der Kauf bei Aliexpress damit freilich nicht: Viele Händler bieten dort zwar auf den ersten Blick sehr günstige Produkte an, doch oft kommen teils recht hohe Versandkosten hinzu. Anders als etwa bei Amazon oder eBay summieren sich die Versandkosten aber bei Aliexpress, selbst wenn Sie mehrere Produkte beim gleichen Händler ordern. Hier gilt es also, stets den Gesamtpreis – also Warenpreis plus Versandkosten – im Auge zu behalten.

Diesen Gesamtpreis vergleichen Sie dann am besten mit dem, was Sie in deutschen Shops für das gleiche oder ein ähnliches Produkt bezahlen müssten. Ist der Unterschied nicht signifikant, lohnt der Kauf in China kaum, denn bis Sie die Ware letztlich in Händen halten, vergehen schon mal mehrere Wochen oder gar Monate. Zudem ist eine Reklamation hier komplizierter, vor allem wenn die Gerätschaften erst nach einiger Zeit Fehler aufweisen.

(gs)