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Die Landesmedienanstalten und der Jugendschutz im Internet

Gynäkologinnen im TV-Nachmittagsprogramm sollen zwar auch überprüft werden -- das eigentliche Problem der Jugendmedienschutzkommission ist aber das Internet.

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Von
  • Monika Ermert

Gynäkologinnen im Nachmittagsprogramm sollen zwar auch überprüft werden -- das eigentliche Problem der Jugendmedienschutzkommission (KJM), die im Frühjahr kommenden Jahres ihre Arbeit aufnehmen wird, sieht Wolf-Dieter Ring, Präsident der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien aber doch ganz klar im Internet. "Wenn man sich anschaut, was im Fernsehen läuft und was im Internet läuft", meinte Ring bei einer Diskussion zum neuen Jugendmedienschutzstaatsvertrag auf den Münchner Medientagen, werde klar, wie viel Arbeit auf die Jugendmedienschützer zukomme. Der neue Staatsvertrag, unter den inzwischen die Ministerpräsidenten der Länder ihre Unterschriften gesetzt haben, unterwirft alle elektronischen Medien einem einheitlichen, strengeren Jugendschutz.

Ihre privaten Fernsehveranstalter kennen die Landesmedienanstalten. Für die Umsetzung des "konvergenten" Jugendmedienschutzes setzt man auf eine Kooperation mit den Sendern, beziehungsweise deren Jugendschutzbeauftragten und Selbstregulierungseinrichtungen. "Große Teile der Internetbranche", erklärte Ring, wehrten sich aber bislang strikt gegen jede Art von anerkannter Selbstregulierung. Mit der Überwachung der Netze durch Jugendschützer kommt "eine ganz andere Dimension" auf die Medienanstalten zu. Auch der Streit, "den Herr Büssow jetzt führt, ist dann bei uns angelangt", sagte Ring.

Ring bezieht sich damit auf die Diskussion um die Rechtmäßigkeit von Sperrverfügungen gegen Access-Provider der Bezirksregierung Düsseldorf. Die Juristen der Landesmedienanstalten seien durchaus prozesserfahren. Keineswegs wolle er die Internetwirtschaft aber von vornherein verschrecken, sagte Ring gegenüber heise online. Allerdings wollte er eine Verantwortlichkeit der Access-Provider nach dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag überhaupt nicht von vornherein ausschließen. Kommende Woche treffen sich die Landesmedienanstalten laut Ring eigens zu einer Diskussion über die Frage, wie man sich auf die für die Medienwächter völlig neuen Netzfragen vorbereitet. Immerhin gehen sechs der zwölf Sitze der KJM an die Landesmedienanstalten, die dann auch für den Vollzug der Entscheidungen sorgen werden. Ring forderte dringend die Besetzung der übrigen sechs Sitze und ein Statut für jugendschutz.net, von dem sich die Medienanstalten viel Unterstützung erhoffen.

Trotz der "Konvergenz in der Medienregulierung" hatte es mit der "Konvergenz der Diskussionsrunden" auf den Medientagen aber noch nicht geklappt. Die Jugendmedienschutzdiskussion am Mittwoch wurde ausschließlich unter Vertretern des klassischen Rundfunks geführt. Eine Vertreterin der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften erklärte die gewachsenen Aufgaben ihrer Behörde. Statt den bislang antragsberechtigten rund 800 Jugendämtern könnten künftig "eine Million Institutionen [im Rahmen der freiwilligen Selbstregulierung, d. Red.] berechtigt sein, bei uns anzurufen", betonte Elke Monssen-Engberding, Vorsitzende der BPjS in Bonn. Auch mit Internetangeboten werden sich die Prüfer künftig vermehrt beschäftigen.

Joachim von Gottberg, Geschäftsführer der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF), erinnerte daran, dass es nicht ganz einfach sei, zu sagen, was jugendgefährdend ist und was nicht. Mit dem neuen Staatsvertrag steht die FSF vor dem Problem, dass sie sowohl den privaten TV-Sendern als auch den Jugendschützern der KJM rechenschaftspflichtig ist. Vertreter der Internetwirtschaft oder deren Selbstregulierungsorganisationen, die eben diese Konstruktion sehr kritisch beurteilen, waren nicht auf das Medientage-Podium geladen. Die Diskussion, wie viel Sinn die Belangung von Access-Providern macht und ob sie vom Jugendmedienschutzsstaatsvertrag überhaupt gedeckt ist, findet vielmehr erst heute eigens als kleine Sonderveranstaltung der Medientage im Tagungsteil Internet statt, als Neuauflage der Düsseldorfer Diskussion zwischen dem Regierungspräsidenten Jürgen Büssow und ICANN-Direktor Andy Müller-Maguhn. Wo es schon mit der Konvergenz der Diskutanten ziemlich hapert, darf man auf die konvergente Medienregulierung gespannt sein. (Monika Ermert) / (jk)