Hoffnung für das Milliardenprojekt Chipfabrik an der Oder

Allen Unkenrufen zum Trotz wächst die Hoffnung auf das "Wunder an der Oder" -- die vorletzte Hürde für die Chipfabrik in Brandenburg ist genommen.

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  • Sophia-Caroline Kosel
  • dpa

Allen Unkenrufen zum Trotz wächst die Hoffnung auf das "Wunder an der Oder". Die vorletzte Hürde für den Milliardenbau der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ist genommen: Die Brüsseler Wettbewerbshüter haben die staatliche Förderung für das Hightech-Projekt im äußersten Osten Deutschlands genehmigt. Während sich die Kräne auf der brandenburgischen Baustelle weiter drehen, muss nun noch das Fremdkapital -- die Hälfte der gesamten Investitionssumme von 1,5 Milliarden Euro -- beschafft werden. Gelingt auch dies, dann können in reichlich einem Jahr die leistungsfähigen Silizium-Germanium-Kohlenstoff-Chips produziert werden.

Sollte die Produktion Anfang 2004 starten, könnten Politiker und Arbeitsmarktexperten aufatmen; und für Arbeitssuchende im strukturschwachen Ost-Brandenburg gibt es nach dem Scheitern vieler Vorzeigeunternehmen endlich ein wenig Hoffnung. Denn mit der Fabrik werden bis zu 2000 Stellen geschaffen. Frankfurt wäre auch wieder, was es schon zu DDR-Zeiten war: Hochburg der Mikroelektronik. 1959 fing die goldene Zeit für die Oderstadt an, als auf der grünen Wiese das Halbleiterwerk zum größten Mikroelektronik-Produzenten der DDR heranwuchs. Mehr als 8000 Mitarbeiter verdienten 1989 dort ihr Geld.

Die Marktwirtschaft überlebte der Betrieb nicht. Ein Teil der Experten kam im Institut für Halbleiterphysik (IHP) unter, ein Vorzeigeprojekt der Region. Mit der Entwicklung des SiGe:C-Verfahrens gemeinsam mit Motorola hat das Team die Grundlage für die neue Fabrik gelegt. Das IHP ist neben dem weltgrößten Chiphersteller Intel, dem Emirat Dubai und der Jenoptik AG an dem Projekt beteiligt.

Während sich potenzielle Mitarbeiter der "Traumfabrik" in Spezialkursen auf den neuen Job vorbereiten, geriet jedoch die Finanzierung zur unendlichen Geschichte. Sie sollte eigentlich bis Ende 2001 stehen. Doch die Flaute auf dem Halbleitermarkt und die Terroranschläge vom 11. September 2001 verzögerten die Verhandlungen. Danach kamen immer wieder Meldungen auf, das Vorhaben an der Oder sei gescheitert. Skeptiker sehen bei der Milliardeninvestition eine enorme Förderlast auf das Land zurollen. Landeshilfen für Großprojekte der Vergangenheit schlagen schon jetzt mit Millionen-Risiken zu Buche.

Für die Menschen im Osten Brandenburgs ist das geplante hochmoderne Chipwerk ein Strohhalm in wirtschaftlich schlechten Zeiten. Im Osten Brandenburgs ist fast jeder Fünfte arbeitslos. Das Chipwerk soll etwa 1300 Stellen bieten. Weitere 700 Arbeitsplätze könnten laut Schätzungen im Umfeld entstehen. Nach Berechnungen des Chipfabrik-Betreibers Communicant würde die Arbeitslosigkeit in der Region um rund vier Prozentpunkte sinken.

Nach dem grünen Licht aus Brüssel für mehr als 370 Millionen Euro aus staatlichen Töpfen muss nun Fremdkapital für das Projekt gesucht werden. Ein Bankenkonsortium soll für die fehlenden 768 Millionen Euro sorgen, die mit einer bereits zugesagten Bund-Länder-Bürgschaft gesichert werden. "Dieses Projekt ist schon durch eine ganze Reihe von Härtetests gegangen", sagte Brandenburgs Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU), zur Grundsteinlegung für das Werk im August. Der Initiator des Großvorhabens vergleicht die Investition mit einem 400-Meter-Hürden-Lauf und meinte: "Wir sind auf den letzten 100 Metern." (Sophia-Caroline Kosel, dpa) / (jk)