Geoengineering könnte Erfolge im Kampf gegen Malaria zunichte machen

Im Kampf gegen die Klimaerwärmung wird auch vorgeschlagen, die globalen Temperaturen künstlich zu senken. Das könnte die Ausbreitung von Malaria befördern.

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Die Anopheles-Mücke könnte sich dank Geoengineering wieder weiter verbreiten.

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Geoengineering als Maßnahme gegen die Klimaerwärmung könnte dramatische Folgen für den Kampf gegen Malaria haben. Im ungünstigsten Fall wäre zu befürchten, dass Maßnahmen zur vorübergehenden Absenkung der globalen Temperaturen dafür sorgen, dass im Jahr 2070 eine Milliarde mehr Menschen durch die Infektionskrankheit gefährdet werden, als aktuellen Szenarien zufolge. Das hat ein Team von Forschern und Forscherinnen mithilfe von verschiedenen Modellen herausgefunden und dabei erstmals mögliche Folgen von Geoengineering für Infektionskrankheiten ermittelt. Für Debatten über Eingriffe in die Kreisläufe der Erde sei ihre Studie bedeutsam, weil sie zeige, dass erhoffte positive Folgen nicht gleichmäßig verteilt sein würden.

Wie das Team um Colin Carlson vom Georgetown University Medical Center nun erläutert, haben sie mehrere Szenarien verglichen. Dabei ging es zum einen um zwei verschiedene Modelle zur weiter erwarteten Klimaerwärmung, eine besonders dramatische und eine mittlere. Beiden Szenarien haben sie dann jeweils gegenübergestellt, welche Unterschiede eine künstliche Stabilisierung des weltweiten Klimas auf dem Niveau von 2020 durch Geoengineering für die Verbreitung von Malaria bedeuten würde. Das sich erwärmende Klima würde die unterschiedlichsten katastrophalen Folgen für so ziemlich alle Regionen der Erde haben. Das bedeutet auch, dass es an einigen aktuell von Malaria betroffenen Regionen zu heiß für die Mücken wird, die die Krankheit verbreiten.

Zwar werde immer deutlicher, dass die Erwärmung des globalen Klimas zu einem möglichen Wiederaufleben bestimmter Krankheitserreger beitragen könnte, schreibt das Forschungsteam. Aber keine dieser Infektionskrankheiten habe auch nur annähernd so schlimme Folgen für die Menschheit wie Malaria, mit über 200 Millionen Infektionen und 400.000 Toten in jedem Jahr. Verschiedene Maßnahmen hätten dafür gesorgt, dass deren bedrohlichster Erreger in den vergangenen 20 Jahren stark zurückgedrängt worden sei. Eine Ausrottung innerhalb einer Generation sei möglich – auch wenn die Coronapandemie Fortschritte teils zunichtegemacht hätte.

Beim Kampf gegen Malaria hilft auch die Klimaerwärmung, geht aus der Zusammenfassung des Teams hervor. Denn für Anopheles-Mücken wird es in einigen Regionen schlicht zu warm – dafür eventuell in anderen Regionen genau warm genug. Andererseits könnte deren Gesundheitssystem unter Umständen mit den Folgen besser umgehen. Die Erde mit künstlichen Mitteln abzukühlen, könnte als letzte Option zwar Todesopfer des Klimawandels verhindern, aber Fortschritte im Kampf gegen Malaria zunichtemachen, warnt das Team. So dürfte Geoengineering das Malaria-Risiko etwa in Indien verringern, solche Fortschritte würden aber durch eine Verschlechterung der Situation in Südostasien zunichtegemacht. Unter solchen Voraussetzungen eine globale Einigung über die Umsetzung von Geoengineering zu erhalten, scheint schwer vorstellbar.

Als Geoengineering werden verschiedene globale Maßnahmen bezeichnet, mit denen die weltweiten Temperaturen so weit gedrückt oder stabilisiert werden könnten, dass die Klimaerwärmung nicht weiter aus dem Ruder läuft. Beim sogenannten "Sonnenstrahlungsmanagement" (SRM), das nun auch das Forschungsteam untersucht hat, geht es um Überlegungen, die globalen Temperaturen durch die Eingabe von Partikeln in die Stratosphäre abzusenken, die dann mehr Sonnenstrahlen ins All zurückwerfen. Dazu wird bereits ein Test vorbereitet. Alle dafür nötige Technik existiert schon und mit solch einer Maßnahme könnten die globalen Temperaturen stabil gehalten oder gar gesenkt werden, auch wenn der CO₂-Ausstoß nicht rapide abnimmt. Darauf, dass das unvorhergesehene Konsequenzen haben könnte, wird immer wieder hingewiesen. Die Studie zu den möglichen Folgen für den Kampf gegen Malaria ist jetzt im Wissenschaftsmagazin Nature Communications erschienen.

(mho)