Statt Dampfturbine: Wärmekraftmaschine ohne bewegliche Teile

Wollen wir das Stromnetz dekarbonisieren, müssen klassische Kraftwerke ersetzt werden. Technik aus der Solarenergie könnte helfen.

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(Bild: MIT)

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Nicht erst seit dem Krieg in der Ukraine und der durch ihn ausgelösten Öl- und Gaskrise ist klar: Die Menschheit muss weg von den fossilen Energieträgern. Doch große Teile der Infrastruktur in der westlichen Welt bauen nach wie vor genau auf diesen auf. Kraftwerke und Chemiebetriebe lassen sich nicht einfach "mal eben" von Gas- auf Wasserstoff-Befeuerung umstellen, was die Dekarbonisierung der Industrie zu einem zähen Geschäft macht – egal wie groß der Druck von außen auch sein mag.

Ein Forscherteam am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge hat nun zusammen mit Kollegen des US-Nationallabors für erneuerbare Energie (NREL) einen neuartigen Antrieb entwickelt, der mit fossilen Energieträgern befeuerte Dampfturbinen ersetzen könnte – und dabei einen Wirkungsgrad von über 40 Prozent erzielt.

Diese Wärmekraftmaschine basiert auf Technik, die eigentlich aus der Solarindustrie stammt. Ähnlich wie dort mittels photovoltaischer Zellen Sonnenstrahlen in elektrischen Strom verwandelt werden, setzen die sogenannten thermophotovoltaischen Zellen, kurz TPVs, auf starke Hitze zur Energieerzeugung. Das System kommt vollständig ohne bewegliche Teile aus, was es wartungsarm machen soll. Die TPV kann Strom aus einer Wärmequelle machen, die zwischen 1.900 und 2.400 Grad Celsius heiß ist – die Hochenergiephotonen, die die Wärmequelle abgibt, treiben den Prozess.

Die von den MIT-Forschern entwickelten TPVs könnten Teil eines neuartigen Netzes aus Energiespeichersystemen werden. Genau solche wären aktuell notwendig, um die Erneuerbaren endlich so effizient nutzen zu können, wie das gebraucht wird. Bislang setzten Energieerzeuger und Politik auf Erdgas als "Brückentechnologie", was praktisch bedeutete, dass der unsaubere Energieträger immer dann zum Einsatz kommen sollte, wenn Solar- und Windkraft nicht ausreichend produzieren.

Ein TPV-gestützes Speichersystem könnte ins Stromnetz integriert werden. Es würde aktuell verpuffenden Energie aus Sonnenkraft in stark isolierte Wärmespeicher aus Graphit umleiten. Sobald Strom benötigt wird, etwa an dunklen Tagen, würden die TPVs aus der Hitze wieder Strom machen und ihn ins Netz leiten.

Derzeit arbeitet das Team vom MIT mit den NREL-Kollegen an einer größeren Prototypanlage – im kleinen Maßstab konnte sich die Technik bereits beweisen. Alle Teile für Großtechnik seien verfügbar. Thermische Batterien seien so zu einem "durchführbaren Konzept" umsetzbar, meint Asegun Henry, Professor am Institut für Maschinenbau. "Das ist ein absolut kritischer Schritt auf dem Weg hin zur Ausbreitung erneuerbarer Energie und für ein vollständig dekarbonisiertes Stromnetz."

(bsc)